"Es geht nicht um dummes Gerede am Wirtshaustisch"

Brandstetter ortet auch öffentliche Sensibilisierung.
Für den Justizminister belegt das Plus an Verhetzungsverfahren, dass das schärfere Gesetz wirkt.

"Es gibt einen echten Narrensaum in Österreich." So reagiert Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer auf die hasserfüllten Kommentare auf der Facebook-Seite seines Parteifreunds Heinz-Christian Strache.

Wie berichtet, hatte Strache am Samstag einen Artikel und ein Video der Krone gepostet. Es ging um einen offenbar psychisch kranken und suizidgefährdeten Asylwerber aus Syrien, der sich in Wien vor eine Straßenbahn legte.Es folgte eine Verbalgewaltorgie von Strache-Gefolgsleuten im Netz.

"Ich verurteile das", sagt Hofer – und verweist darauf, dass Hasspostings auch immer wieder gegen ihn gerichtet seien. Dass verbale Ausritte in Straches Forum stundenlang nicht gelöscht worden sind, erklärt er, wie die FPÖ, so: Es sei "ein Stück Arbeit", eine Seite mit 423.000 Followern "zu betreuen".

Folgen für Hetzer

Wie kann man dem Treiben im Netz Einhalt gebieten? Möglich sind Anzeigen; die Staatsanwaltschaft kann aber auch von sich aus aktiv werden. Das wurde sie in der Causa Strache. Sie prüft, ob Verhetzung vorliegt. Mit der Strafrechtsreform, die seit Anfang des Jahres gilt, wurde dieser Tatbestand klarer definiert. Nicht nur die Aufforderung zur Gewalt ist seither strafbar, sondern auch das "Aufstacheln zum Hass".

Jemandem, der das vor 30 Leuten tut, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Zuvor waren zumindest 150 Personen der Maßstab. Sind Äußerungen "einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich", etwa via Facebook, kann die Strafe auf drei Jahre erhöht werden. Führt der Aufruf zu Gewalt, sind bis zu fünf Jahre möglich. Im Vorjahr gab es bei 513 Fällen, die bei der Staatsanwaltschaft anhängig waren, 80 Anklagen und 44 Verurteilungen, heuer bei 486 Fällen 77 Anklagen. Tendenz seit 2013: stark steigend (241 Fälle, 21 Anklagen, 8 Schuldsprüche).

"Die Steigerung der Verfahren hängt natürlich mit der steigenden Nutzung der Neuen Medien zusammen. Und mit der Sensibilisierung von Polizei, Staatsanwälten und Richtern", sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter. "Es zeigt aber auch, dass die Verschärfungen greifen", befindet Brandstetter gegenüber dem KURIER. "Es ist sinnvoll, mit strafrechtlichen Mitteln vorzugehen, wo Aufrufe zu Gewalt führen können. Es geht ja nicht um ein dummes Gerede am Wirtshaustisch, sondern um die gezielte Verbreitung von Hass." Das Gesetz neuerlich nachzujustieren, sei aber nicht nötig.

Kein Sonderstrafrecht

Den Facebook-Betreibern habe er klargemacht: "Wenn eine österreichische Staatsanwaltschaft an sie herantritt mit der Aufforderung, bestimmte Inhalte zu entfernen, habe das binnen 24 Stunden zu geschehen. Passiere das nicht, gibt es ein Verfahren. Es gibt kein Sonderstrafrecht für Internet-Konzerne."

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