Erwin Buchinger hört als Behindertenanwalt auf

Erwin Buchinger hört als Behindertenanwalt auf.
"Aus privaten Gründen" beendet Erwin Buchinger im März seine Funktion. Vorher stellt er Forderungen an die Politik. Seine Nachfolge ist noch nicht fixiert.

Behindertenanwalt Erwin Buchinger zieht sich mit Ende März "aus privaten Gründen" zurück - und hinterlässt einige Forderungen an die Regierung. So ärgert ihn etwa, dass die Diskriminierung am Arbeitsmarkt weiter zugenommen und einen Rekordwert erreicht habe. Aber auch Erfolge habe man erzielen können, zog er am Donnerstag bei einer Pressekonferenz Bilanz über das vergangene Jahr.

Bereits Ende Jänner hat er das Sozialministerium darüber informiert, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. "Ich habe diese Funktion mit großer Freude und großem Engagement ausgeübt", resümierte er. Fast 5.000 Einzelfälle seien in der Zeit erledigt worden. "Das war eine Freude und hat Kraft gegeben", so Buchinger zum Abschluss. Wer sein Nachfolger wird, konnte Buchinger allerdings nicht sagen. Die Bewerbungsfrist endet am 6. März.

To-do-Liste bleibt beachtlich

Seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin hinterließ Buchinger auch gleich mehrere Anliegen. So müsse die Behindertenanwaltschaft etwa "politisch sichtbarer" werden. Auch eine rechtliche Vertretungsmöglichkeit in Einzelfällen sei wünschenswert, inhaltliche Bedingungen bei der Gleichstellung müssten deutlich verbessert werden. So gebe es laut Buchinger durchaus eine starke Lobby für Behinderte, aber nur bei Charity-Veranstaltungen und Spendenaktionen.

Wichtiger ist es für den scheidenden Behindertenanwalt, weiterhin für mehr Gleichstellung zu sorgen. Dafür sorgen auch die im vergangenen Jahr 1.492 Beschwerden, die an Buchinger herangetragen worden sind. Dies seien sechs Prozent mehr als im Vorjahr mit 1.411 Fällen. "Wir interpretieren diese Zunahme nicht als Zeichen für ein gesteigertes Maß an Diskriminierung", kommentierte Buchinger die Zahlen. Die Menschen seien einfach stärker bereit, sich zu wehren.

Buchinger bedauerte, dass es vor allem am Arbeitsmarkt abermals zu keinem Erfolg gekommen sei und die Diskriminierung weiter zugenommen habe. So sei die Zahl der arbeitslosen Personen mit Behinderungen um 8,4 Prozent auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Als Antwort fordert Buchinger von der Regierung, diese im soeben fixierten Förderprogramm für über 50-jährige Langzeitarbeitslose "im besonderen Maß zu berücksichtigen".

Bildungsbereich als potentieller Lichtblick

Licht sieht Buchinger im Bildungsbereich, die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen habe zugenommen. "Ob aus dieser Entwicklung bereits eine Trendwende in Richtung Inklusion abgeleitet werden kann, bleibt vorerst noch abzuwarten", meinte er aber.

Von den Fällen, mit denen die Behindertenanwaltschaft im vergangenen Jahr betraut worden war, erwähnte Buchinger die Beseitigung diskriminierender Beförderungsbestimmungen bei Fernreisen: So dürften nun auch Menschen mit psychischer Beeinträchtigung kostenlos Begleitpersonen im Zug mitnehmen, was vorher nicht der Fall gewesen sei. Ein Mediziner mit Behinderung habe mit Hilfe der Anwaltschaft die zuerst verwehrte Zulassung bei der Ärztekammer erreicht.

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