Heinisch-Hosek zieht Sparpläne zurück

Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek
"Zurück an den Start": Bildungsministerin will über Alternativen zu größeren Klassen und weniger Lehrern reden.

Der Aufruhr war enorm. Schüler, Lehrer, Eltern, Experten, Oppositionelle, SPÖ-Landeshauptleute und -Abgeordnete – sie alle verwahrten sich gegen die Schul-Sparpläne von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Klassen mit mehr Schülern als bisher, weniger Zweitlehrer in den Neuen Mittelschulen hätte es geben sollen. Die jungen Roten riefen für kommenden Mittwoch einen Sitzstreik aus, die Polit-Konkurrenten wollten die SPÖ tags darauf bei einer Nationalratssondersitzung als "An-der-Zukunft-Sparmeister" vorführen.

Rückzug

Ob dieses Drucks – und wohl auch der Sorge, dass die SPÖ damit eines ihrer Kernthemen verspielt – tat Heinisch gestern kund, von ihren Vorhaben zu lassen: "Zurück an den Start. Ich werde alle Verordnungen zurücknehmen." Nach Ostern will sie bei Schulgipfeln mit Bildungslandes­räten, Landesschulratspräsidenten, Eltern-, Schüler-, Lehrervertretern Spar-Alternativen beraten.

Dieses Jahr muss die Ministerin ja 57 Millionen Euro einsparen, im kommenden Jahr 60 Millionen; das sind je 0,75 % des Acht-Milliarden-Schulbudgets – von dem 93 Prozent durch Lehrerkosten gebunden sind.

Heinisch wollte ein Drittel der 57 Millionen in der Verwaltung hereinholen, den Rest durch größere Schülergruppen in manchen Fächern an AHS-Oberstufen, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, weniger Zusatzlehrern an den NMS. Darüber hinaus sollte der Bund 30 Millionen pro Jahr lukrieren: Indem er den Ländern mehr Geld für jene Landeslehrer (Volks-, Haupt-, Sonderschule, NMS, Polytechnische Schule) abverlangt, die sie über den Stellenplan hinaus anstellen (siehe unten). All das will Heinisch bei den Schulgipfeln debattieren: "Wir müssen über Kostentransparenz beim Lehrereinsatz ebenso {C}{C}reden wie über Gruppen- und Klassengrößen."

Dass es beim vorgegebenen Sparvolumen bleibt, wird im schwarzen Finanzministerium klar gestellt: Jedes Ressort müsse "einen Beitrag zu den in der Bundesregierung vereinbarten Einsparungen leisten. Wie diese am verträglichsten realisiert werden, liegt in der Verantwortung der einzelnen Ressorts." In der ÖVP wird geätzt: Wenn Heinisch-Hosek "beim ersten Gegenwind umfällt", sei das ihre und des Kanzlers Sache. Im Ressort von Michael Spindelegger heißt es süffisant: "Wir sind überzeugt davon, dass die Bundesministerin so einspart, dass die vorhandenen Mittel bestmöglich bei den Kindern ankommen. Und im Gegenzug veraltete Strukturen aufgebrochen werden."

Keine Vorschläge

Gegen das – etwa wegzukommen vom teuren System: Der Bund zahlt die Landeslehrer, die Länder stellen sie ein – verwahren sich die Landeshauptleute. Die Regierenden bieten ihnen nicht Paroli. Das tun die Lehrergewerkschafter umso mehr – beim jeweiligen Bildungsminister. Und so wollen sie Heinisch auch keine Spar-Alternativen nennen: "Es ist nicht ursächlich unsere Aufgabe, Einsparungsvorschläge zu machen", sagt ihr Chef Paul Kimberger.

SPÖ-Beamtenminister Josef Ostermayer will besänftigen. Er verweist erneut darauf, dass Lehrer vom Aufnahmestopp ausgenommen seien; ab 2015 werde das auch für Hilfspersonal gelten (Sekretariate, Schulwarte). Und bis 2018 werde es 600 zusätzliche Planstellen für administratives Personal geben, erstmals 120 für IT-Betreuung.

33 Millionen Euro im Jahr, de facto die Hälfte der nun von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek überraschend ausgesetzten Sparpläne (siehe oben), hätte jene Verordnung von ihr bringen sollen, die die Ländervertreter erregte. Ob dieser Verordnung hätten die Bundesländer ab Herbst die Kosten für alle Lehrer übernehmen müssen, die über die mit dem Bund vereinbarte Zahl hinausgeht.

Derzeit streckt der Bund die Gehälter für sogenannte Überhang-Lehrer vor, die Länder zahlen aber nicht die tatsächlich angefallenen Lehrergagen, sondern nur das Gehalt eines (billigeren) befristet angestellten Junglehrers.

Laut Rechnungshof haben die Länder dem Bund im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten zwischen 14.300 und 20.500 Euro pro Lehrer und Jahr zu wenig überwiesen. Der Bund ist deshalb bisher auf einem Drittel der Kosten für "Überhang-Lehrer" sitzen geblieben, zuletzt 33 Millionen Euro pro Jahr. Der Rechnungshof kritisiert das seit Langem. Abgesehen vom Grundsatzproblem, dass Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern nicht halten, steigen die Kosten rasch: Allein von 2006 bis 2009 hat sich die Summe der Rückforderungsansprüche (Lehrer-Gehälter, die die Länder dem Bund schulden) mehr als verdoppelt.

"Katastrophal" nennt der einstige steirische Landesschulratspräsident Bernd Schilcher dieses System von: "Die einen verteilen die Posten, die anderen dürfen zahlen." Heinischs Vorgängerin Claudia Schmied habe das ändern wollen, gestützt vom Rechnungshof: "Verändert wurde nichts." Warum, erklärt Schilcher via KURIER so: "Um Obmann oder Spitzenkandidat von SPÖ oder ÖVP zu werden, ist – laut Statut – eine Zweidrittelmehrheit in den Gremien nötig." Und so handelten auch Kanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger aus "Angst um das eigene Leiberl" nicht. Man wolle ja starke Landesgruppen wie die rote in Wien und die schwarze in Niederösterreich nicht vergrämen.

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