Die wichtigsten Antworten zur Asylnovelle

Symbolbild
Nun sollen Asyl-Schnellverfahren an der Grenze eingeführt werden.

Am Donnerstag möchte die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Verschärfung des Asylrechts in den Innenausschuss des Parlaments einbringen. Kritiker warnen davor, dass damit zentrale österreichische, europäische und internationale Bestimmungen des Asylrechts komplett unanwendbar gemacht werden. Betroffen wären alle Flüchtlinge, die bis dahin noch nicht in Österreich Asyl beantragt hätten. Der KURIER hat die wichtigsten Fragen zur Asylrechtsnovelle beantwortet.

Welche Änderung im Asylrecht wird gerade diskutiert?

Ein heiß diskutierter Punkt sind die geplanten Asyl-Schnellverfahren an den österreichischen Grenzen. Dabei handelt es sich um einen Abänderungsantrag der Novelle „Asyl auf Zeit“, die bereits Anfang des Jahres abgesegnet wurde. Ob Kriterien für ein Asylverfahren vorliegen, soll demnach in einem Schnellverfahren direkt an der Grenze von der Polizei binnen 120 Stunden abgeklärt werden. . Dabei soll festgestellt werden, ob die heimischen Behörden einen Asylantrag laut Menschenrechtskonvention annehmen müssen. Ist das nicht der Fall, werden die Flüchtlinge unverzüglich zurückgeschickt - und zwar in jene Nachbarländer, aus denen sie nach Österreich eingereist sind. Außerdem sollen die Grenzkontrollen ausgeweitet werden. So wird bei der Grenze am Brenner, vergleichbar mit der Grenze in Spielberg, ein Grenzmanagement eingeführt. Zudem sollen bereits Pläne für einen Zaun zu Ungarn vorliegen.

Was wurde im Asylrecht bereits geändert?

Bereits beschlossen wurde „Asyl auf Zeit“, eine Regelung, die für alle Flüchtlinge gilt, die seit dem 15. November 2015 einen Asylantrag gestellt und Asyl bekommen haben. Dabei wird nach drei Jahren im Einzelfall geprüft, ob die Fluchtgründe noch gegeben sind. Sollten keine Gründe mehr vorliegen, dann wird dem Asylberechtigten sein Status entzogen und er wird abgeschoben. Auch der Familiennachzug soll verschärft werden. Verstärkt wird die Verschärfung bei „subsidiär Schutzberechtigten“ angewendet. Das sind Verfolgt, die zwar kein Asyl erhalten, aber aufgrund drohender Folter oder Bedrohung des Lebens nicht in ihr Heimatland zurückgeschickt werden können. Zukünftig müssen sie drei Jahre, statt bisher einem Jahr, warten, bis sie ihre Familie nachholen dürfen. Davon sind im Moment vor allem Menschen aus Afghanistan betroffen.

Man hört auch immer wieder den Begriff „Sonderbestimmungen“. Was ist damit gemeint?

In Zukunft soll es in Österreich die rechtliche Möglichkeit geben, „Sonderbestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit“ zu erlassen, wie es im Entwurf zum Regierungsantrag heißt. Treten diese Bestimmungen in Kraft, dann dürfen Flüchtlinge österreichisches Bundesgebiet nicht mehr betreten beziehungsweise müssen es wieder verlassen. Ausgenommen wären nur Menschen, die enge Angehörige in Österreich haben oder denen außerhalb Österreichs Folter und andere unmenschliche Behandlung droht. Die Sonderbestimmungen werden durch das Ausrufen eines Notstands von der Regierung gerechtfertigt. Dabei berufen sich SPÖ und ÖVP auf Artikel 72 im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäische Union (AEUV). Konkret heißt das: Österreich kann nach eigenem Ermessen festlegen, was einen Notstand ausmacht. Im Falle der Asylnovelle wäre ein Notstand gegeben, wenn Prognosen sehen, dass die Zahl an Asylanträge drastisch steigt, wie im Entwurf zum Änderungsantrag steht. Rechtlich begibt sich Österreich damit auf unbekanntes Terrain. Denn zu dem angesprochenen Artikel 72 gibt es noch keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Bezug auf einen Notstand im Asylbereich. Beim EuGH könnte daher Klage eingereicht werden, etwa von der EU-Kommission, anderen EU-Staaten oder abgewiesenen Flüchtlingen. Aktuell ist es so: Wer in Österreich einen Asylantrag stellt, ist ab diesem Zeitpunkt von Abschiebung geschützt, und zwar so lange, bis nach einem ordentlichen, in Österreich zu führenden Verfahren, mit Bescheid entschieden wird, dass eine Abschiebung (in den Heimatstaat) oder aber eine Rücküberstellung (in einen anderen EU-Staat, weil der nach der Dublin-Verordnung für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist) zulässig ist.

Wann soll die Änderung beschlossen werden und braucht es ein Begutachtungsverfahren?

Ursprünglich war geplant, den Änderungsantrag so schnell wie möglich durch das Parlament zu peitschen. Damit wollte die Regierung sichergehen, dass die Sonderbestimmungen bereits ab 1. Juni in Kraft treten. Der Beschluss dürfte sich nun verzögern. Einige SPÖ-Mandatare legten sich quer und forderten ein Begutachtungsverfahren. . „Wir wollen den Hilfsorganisationen die Möglichkeit geben, dass sie sich dazu äußern können“, sagte Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ) gegenüber dem KURIER. Nun soll in einer Begutachtungsfrist von zehn Tagen die Meinung anderer eingeholt werden. Damit will die Regierung sicher gehen, dass der Zeitplan bis 1. Juni eingehalten werden kann. Prinzipiell ist eine Begutachtung bei Regierungsvorlagen - wie es hier der Fall ist – gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber „normalerweise üblich“, sagt Parlamentsexperte Werner Zögernitz. . Das Begutachtungsverfahren soll am Donnerstag im Innenausschuss fixiert werden.

Was sagen die Kritiker?

Es hagelt sowohl inhaltliche als auch rechtliche Kritik. Menschenrechtsexperte Manfred Nowak spricht in der ZIB2 von einer „Panikmache“ und kritisiert damit die Notstands-Klausel. Artikel 72, auf den sich die Regierung berufe, sei „für ganz andere Fälle gedacht, als das, was wir in Österreich haben“. An der Kürze der Begutachtungsfrist stößt sich Nowak nicht, da die betroffenen Organisationen und Experten schon solang am Thema gearbeitet hätten, um binnen der kurzen Zeit eine Stellungnahme abgeben zu können. Grüne und der NEOS sprechen von einer „demokratiepolitischen Farce“ und Orten eine „Anschlag auf den Parlamentarismus“. Und gerade in einem so sensiblen Bereich wie Grund- und Menschenrechten sei das nicht akzeptabel, sagt Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen. Die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR kritisiert eine „massiven Einschnitt in den Flüchtlingsschutz“ und ortet eine „Entsolidarisierung innerhalb der EU“. Zudem gebe es in Österreich keinen Notstand.

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