Die mächtigen Ministerschatten

ABD0042_20180314 - WIEN - ÖSTERREICH: Justizminister Josef Moser (ÖVP) und dahinter Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek am Mittwoch, 14. März 2018, während einer PK zur Causa BVT im Justizministerium in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Die neuen Generalsekretäre in den Ministerien stehen über den Beamten. Pragmatisch bis autoritär – wie sie ihr Amt ausüben.

Die Causa BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) spülte nicht nur einen Skandal an die Oberfläche, sondern auch ein neues Spezifikum der Koalition. Erstmals traten die Generalsekretäre – in diesem Fall Christian Pilnacek und Peter Goldgruber – aus den Schatten ihrer Minister.

Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, sorgte die neue Machtposition bei der Opposition von Anfang an für viel Kritik. So werden diese sehr kostspieligen Ämter ohne Ausschreibung besetzt. Es gibt kein Hearing. Nichts. Hauptkriterium für die Besetzung ist das Vertrauen des Ministers. Was die Opposition gleichermaßen wie die Beamtenschaft auf die Palme bringt, ist die Tatsache, dass die Generalsekretäre sämtlichen Sektionen und deren Chefs mit Weisungsrecht übergeordnet sind. Ein Novum, das es bisher nicht gab.

"An die kurze Leine"

Für Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk stellt die Position zwar kein rechtliches Problem dar, aber er räumt ein, dass es mit diesem Durchgriffsrecht "auf eine Entmachtung der Sektionschefs hinausläuft". Auch Alt-Präsident Heinz Fischer kritisierte in einem Interview mit dem profil, dass man "qualifizierte Mitarbeiter so an die kurze Leine nehmen will".

Rein rechtlich gesehen gibt es diese Position schon seit 2000. Damals unter der Wenderegierung wurde der Generalsekretär verankert. De facto gab es dieses Amt aber nur im Außen-, Wissenschafts- und dem Finanzministerium (in dienstrechtlich abgeschwächter Form). Türkis-Blau kann davon nicht genug bekommen. Insgesamt wird es zwölf Generalsekretäre geben. Zehn sind bereits installiert.

Wie die ersten 100 Tage der Regierung zeigen, agieren die neuen mächtigen Männer in den Ministerien sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht vom sorgsamen Umgang mit dem Weisungsrecht über Angstregime bis zu Allmachtsfantasien.

Die mächtigen Ministerschatten
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Neidvoll blicken die Beamten des Innen- und Verteidigungsministeriums zu ihren Kollegen ins Justiz- oder Finanzressort. Hier agieren einerseits Christian Pilnacek als Sektionschef für Strafrecht und Generalsekretär in Personalunion und Thomas Schmid als Kabinettschef und Generalsekretär für Finanzminister Hartwig Löger. Sie sind zwei Ressortinsider, die wissen, wie man mit Fingerspitzengefühl zum Bindeglied zwischen dem Minister und den Sektionschef avanciert, ohne sich die Beamtenschaft zum Feind zu machen.

Die richtige Taktik scheinen vor allem die Generalsekretäre von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl und FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunsasek noch nicht gefunden zu haben. Kickls Mann, Peter Goldgruber, spielt eine Schlüsselfigur im aktuellen BVT-Skandal. Er stellte die Zeugen für die Staatsanwaltschaft auf. Er wählte die Polizei-Einsatztruppe aus, die die Hausdurchsuchung durchführte.

"Er agiert wie ein Gendarmeriekommandant im Waldviertel. Alles geht über seinen Tisch und nur Goldgruber darf entscheiden", so ein Insider aus dem Innenministerium. Innerhalb weniger Wochen habe Goldgruber ein "Angstregime im Ministerium etabliert". Als zum Start des Rauchervolksbegehrens der Server des Innenministeriums zusammenbrach, gab es von Goldgruber eine schriftliche Anordnung, die Verantwortlichkeit festzustellen und strafrechtliche Maßnahmen einzuleiten. "Es gibt keine Fehlerkultur mehr im Innenministerium, sondern das Kriminalisieren der eigenen Beamten wird als Machtinstrument eingesetzt. Das verbreitet Angst", so der Insider.

Autokennzeichen-Posse

Von Allmachtsfantasien scheint Generalsekretär Wolfgang Baumann im blauen Verteidigungsministerium getrieben zu sein. Mit seinem Wunsch, in allen Kasernen in die Fotogalerie neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Minister Kunasek aufgenommen zu werden, blamierte er sich . Aber damit nicht genug: Beim "sicherheitspolitischen Jahresauftakt" fehlte der Minister. Baumann stellte sich kurzerhand als "stellvertretender Minister" vor. "Den Mut musst haben", so ein Heeres-Insider.

In wenigen Tagen soll auch das FPÖ-Sozialministerium einen Generalsekretär bekommen. In die Ziehung kam laut KURIER-Informationen Helena Guggenbichler. Sie ist die Frau des Organisators des Akademikerballs und die einzige Frau in diesem Amt .

In einer früheren Version hieß es, der Generalsekretär im Verteidigungsministerium, Wolfgang Baumann, habe von Generalstabchef Othmar Commenda das Auto-Kennzeichen "BH2" (Bundesheer 2) bekommen. Das Ministerium dementiert dies.

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