Kurz’sche "Hybrid-Partei": Personalcoup mit Josef Moser?

Politik von innen: Für die Liste Kurz kursieren erste Promi-Namen. Das Wahlprogramm birgt Überraschungen.

Das Experiment, dem der designierte Parteichef Sebastian Kurz die ÖVP unterzieht, wird der Politikwissenschaft noch Stoff für Forschungen liefern. Das meint jedenfalls Politik-Professor Fritz Plasser. "Hybrid-Partei" nennt Plasser die Neu-Konstruktion, bei der "eine klassische Parteiorganisation durch eine offene Plattform ergänzt wird".

So wie die Kombi aus Benzin- und Elektro-Antrieb beim Auto will Kurz auf die althergebrachte ÖVP eine offene Wahlplattform, die "Liste Sebastian Kurz", draufsetzen. Eine "echte Innovation, die die ÖVP ins 21. Jahrhundert transferiert", schwärmt Plasser.

Traditionelle Parteifunktionäre würden auf ein wachsendes Wählersegment veraltet wirken. Mit der Hybrid-Partei sei es möglich, Leute in die Politik zu holen, die eine andere Sprache sprechen und anders kommunizieren. Plasser: "Die ÖVP passt sich auf diese Weise der gesellschaftlichen Realität an."

Kurz: "Es konnte nicht so weitergehen"

Den Vorhalt, die neue Machtfülle für den Bundesparteiobmann würde die innerparteiliche Demokratie beschränken, beantwortet Plasser mit einer sarkastischen Gegenfrage: "Was genau soll da beschränkt werden?" Für Plasser handelt es sich lediglich um eine "Machtverlagerung" von Bünde- und Landesobleuten zum Bundesparteichef.

"Die Entscheidungslogik in der ÖVP nähert sich der eines großen Unternehmens an. Der Obmann ist der CEO, der Parteivorstand ist der Aufsichtsrat, und der Parteitag ist die Aktionärsversammlung", sagt Plasser. Ohne diese Änderungen wäre der ÖVP "ein Abstieg in die Marginalisierung vorgegeben". Der Professor sieht die Rosskur, die Kurz der ÖVP verordnet, "absolut positiv". Plasser: "Ich bin lediglich erstaunt, in welcher Radikalität die Partei bereit ist, das zu akzeptieren."

FPÖ-Experte im Kurz-Team?

Kurz will auf seiner Liste für die Nationalratswahl auch externe Experten platzieren, die in einer Regierung seine Reformagenda für Österreich umsetzen sollen. Diesbezüglich kursiert ein prominenter Name: Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser. Moser stammt aus der FPÖ und war lange Jahre deren Klubdirektor und Regierungskoordinator unter Schwarz-Blau. Danach wechselte Moser für zwölf Jahre an die Spitze des Rechnungshofs, wo er sich einen Namen als Experte für Verwaltungsreformen machte.

Bisher galt Moser als heißer Tipp für einen von der FPÖ gestellten Finanzminister in einer schwarz-blauen Koalition. Überraschenderweise wird Moser neuerdings als möglicher Minister-Kandidat auf der "Liste Kurz" genannt.

Wenn das wirklich stimmt (Bestätigung ist keine zu bekommen), wäre dies ein herber Schlag für die FPÖ. Denn Moser gilt als einer der wenigen fachlich kompetenten Persönlichkeiten für blaue Ministerämter.

Kurz’sche "Hybrid-Partei": Personalcoup mit Josef Moser?
ABD0072_20170514 - WIEN - ÖSTERREICH: Der künftige ÖVP-Obmann Sebastian Kurz am Sonntag, 14. Mai 2017, während einer Pressekonferenz nach dem ÖVP- Bundesparteivorstand in Wien. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Derzeit ist Moser Präsident des industrienahen Wirtschaftsinstituts Eco. Gemeinsam mitHannes Androschwirbt Moser für Bildungsreformen.

In ÖVP-nahen Kreisen heißt es, Kurz plane, mit einer Bandbreite bunter Persönlichkeiten anzutreten, um möglichst breite Wählerschichten anzusprechen.

Ex-Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss, mit der Kurz vor Monaten über eine gemeinsame Plattform verhandelte, befindet sich dem Vernehmen nach aktuell nicht auf der "Liste Kurz".

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Soziale Innovation im Wahlprogramm

Sebastian Kurz hat sich gründlich auf seine Kandidatur bei der Nationalratswahl vorbereitet. So verfügt er auch über ein fix und fertiges Wahlprogramm. Es unterscheidet sich inhaltlich vom ÖVP-Programm und wird derzeit noch streng unter Verschluss gehalten.

Ideologisch ist Kurz ein klassischer Neokonservativer, der Inhalte wie niedrige Steuern, Budgetsanierung und Wirtschaftsliberalisierung vertritt.

Allerdings soll er im Sozialbereich alles andere als ein reines Kürzungsprogramm ausgearbeitet haben. "Da sind wirklich innovative Lösungen dabei, da kann sich die SPÖ warm anziehen", sagt ein Eingeweihter. Zu Kurz’ wichtigsten Beratern in Sozialfragen zählt Sozialrechtsprofessor und Pensionsexperte Wolfgang Mazal.

Schnöll könnte Amon ersetzen

Ziemlich rasch dürfte Sebastian Kurz die Parteizentrale in der Wiener Liechtenfelsgasse neu besetzen. Werner Amon soll als ÖVP-Generalsekretär abgelöst werden. Als logischer Nachfolger wird Kurz’ rechte Hand in der Jungen Volkspartei, JVP-Generalsekretär Stefan Schnöll gehandelt. Auf der JVP-Homepage wird Schnöll so beschrieben: "Er ist seit vielen Jahren in der Jungen ÖVP freiwillig in Landes- und Bezirksvorständen tätig. Darüber hinaus engagiert er sich für die YEPP (Youth of the European People"s Party), die Junge Europäische Volkspartei. Stefan ist in Salzburg geboren und aufgewachsen und wohnt aktuell in Wien. Vor kurzem hat er seine Gerichtspraxis am Bezirksgericht Favoriten beendet."

Dem Vernehmen nach hat Kurz auch einen fix und fertigen Personalplan vorbereitet. Demnach sei auf Knopfdruck abrufbar, wer an welcher Position im Wahlkampf welchen Handgriff erledigen soll.

Der Wahltermin dürfte der 24. September werden.

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