Der Weg ins Kanzleramt führt über Graz

Ein Selfie für den Sieg im Swing-State: Kern in der Steiermark
Sie sind viele, völlig unberechenbar und im Visier aller Wahlstrategen: Die Steirer.

Der Kanzler hat heuer ein absolutes Lieblingsreiseziel: die Steiermark. Gestern startete SPÖ-Chef Christian Kern in der Grazer Stadthalle offiziell in den Wahlkampf, allein in den vergangenen Wochen war er drei Mal in der grünen Mark. Heute und am Montag folgen weitere Steieramarktage. "In keinem anderen Bundesland", schildert ein SPÖ-Kampagnensprecher, "sind wir so oft wie in der Steiermark". SPÖ-Daten zeigen, dass die rote Klientel in der Steiermark überdurchschnittlich frustriert ist – man habe die Enttäuschung aber verstanden und wolle nun die Probleme der Steirer verstärkt in Angriff nehmen, heißt es aus Kerns Umfeld.

Der Kanzler ist auf dem steirischen "Battleground" alles andere als allein: Am Montag trat ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Grazer Hauptplatz vor 4.000 Sympathisanten auf. Kurz, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) werden am 17. September beim Grazer Volksfest "Aufsteirern" um Stimmen werben. Die Blauen tingelten indes bereits vergangenes Wochenende durch die alte obersteirische Industriegegend, in einer Woche geht’s zum Frühschoppen nach Hartberg. Auch in der ÖVP und FPÖ steht die Steiermark im Visier der Wahlkampfstrategen.Zufall ist das keiner, das zeigt ein Blick auf die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre. Kein anderes Bundesland hat so einen hohen Wechselwähleranteil, kaum eines wurde von der FPÖ zuletzt in ähnlicher Brutalität umgefärbt. Während die ÖVP selbst bei der verlorenen Nationalratswahl 2006 hier noch auf starke 37,5 Prozent kam, waren es 2013 nur noch 20 Prozent. Die traditionell schwarze Südsteiermark wurde zuletzt immer bläulicher, ebenso wie die SPÖ-dominierte Ex-Verstaatlichten-Region im Norden. Allein zwischen 2008 und 2013 verloren SPÖ und ÖVP in ihren Hochburgen jeweils rund acht Prozent. Vor allem die ÖVP rechnet sich nun Chancen aus, alte Pfründe zurückzuerobern und verlegte aus wahltaktischen Gründen sogar den Landesparteitag mitsamt Kurz-Besuch vor den Wahltermin.

Die volatile Mark

Nebst aller Umfärbungen wählten die Steirer bei den vergangenen Wahlen auf verschiedenen Ebenen immer völlig unterschiedlich: Bei der Nationalratswahl 2013 lag die FPÖ vorne, bei der EU-Wahl 2014 war es die ÖVP, die Landtagswahl 2015 gewann wiederum die SPÖ (sie stellte skurrilerweise danach aber nur noch den Vizelandeshauptmann) – während die ÖVP wenige Wochen zuvor bei der Gemeinderatswahl noch einen Kantersieg einfuhr. Mit rund einer Million Wahlberechtigten hat die Steiermark zudem beinahe so viele Stimmen zu vergeben wie Wien. Umfrageergebnisse für einzelne Bundesländer bleiben derzeit unter Verschluss, Prognosen sind also schwer zu treffen. Fix ist also nur eines, wie Parteimanager bestätigen: Der Weg ins Kanzleramt führt heuer auch über Graz.

Kommentare