"Dann muss Ruhe sein. Vereinzelte Wortmeldungen sind schädlich"

Justizminister Wolfgang Brandstetter
"Affäre Schnizer": Justizminister Brandstetter will Höchstgericht aus Parteipolitik heraushalten.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) kommt wegen der Turbulenzen nach der umstrittenen Wortmeldung von Höchstrichter Johannes Schnizer nicht zur Ruhe. Der SPÖ-nahe Höchstrichter hat der FPÖ vorgeworfen, sie habe die Wahl-Anfechtung von langer Hand vorbereitet. Das stört nicht nur die FPÖ.

"Alle, die für die Justizpolitik in diesem Land Verantwortung tragen, sollten ihren Beitrag dazu leisten, dass die Höchstgerichte nicht in parteipolitische Debatten geraten. Mir ist es ein großes Anliegen, alles zu tun, damit die Autorität der Höchstgerichte nicht untergraben wird." Das sagte Justizminister Wolfgang Brandstetter in einem Telefonat zum KURIER. Der Minister ist auf einem Arbeitsbesuch in Japan.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hat mehr Kommunikation und Transparenz gefordert. Auch einem Höchstgericht würde "mehr Transparenz, mehr Offenheit und mehr Erklärung" guttun. Dazu gehört aus Sicht des SPÖ-Juristen auch die Veröffentlichung abweichender Stellungnahmen einzelner Richter ("dissenting opinion").

Die ÖVP lehnt das klar ab. Brandstetter sagt: "Die dissenting opinion birgt genau die Gefahr, dass die Autorität des Höchstgerichtes untergraben wird. Es braucht nach einem höchstgerichtlichen Urteil Rechtsfrieden. Das Erkenntnis muss akzeptiert werden und dann muss auch Ruhe sein. Vereinzelte Wortmeldungen sind da schädlich."

Brandstetter will sich an der Debatte eigentlich gar nicht beteiligen: "Für mich war bei diesem Erkenntnis von Anfang an ausreichend Transparenz gegeben. Das Urteil zur Wahlwiederholung war absolut nachvollziehbar."Zum Vorwurf, die FPÖ habe die Anfechtung für den Fall der Niederlage Norbert Hofers schon in der Schublade gehabt, will Brandstetter nichts sagen. "Das kann ich schon deshalb nicht, weil die behaupteten Unregelmäßigkeiten bei der Wahl Gegenstand anhängiger Verfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sind."

Kritik übt Brandstetter an Jarolim in einer anderen Causa. Der SP-Justizsprecher hatte ihm die Blockade der Sammelklagen vorgeworfen. Es sei eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die "dahinwurschtelt". Brandstetter kontert ungewöhnlich scharf: "Was Jarolim sagt, ist völlig daneben. Das ist Kritik ohne jede Substanz. Er benimmt sich wie ein junger Oppositionspolitiker und nicht wie der Justizsprecher der Kanzlerpartei. Das ist, sehr freundlich formuliert, wirklich innovativ."

Auch sei es ein "starkes Stück", ihm vorzuwerfen, die Umsetzung einer EU-Richtlinie zu Social-Responsibility-Aktivitäten von Firmen zu verzögern. Der fertige Gesetzesentwurf liege seit Anfang Juli bei der SPÖ. "Bis jetzt haben wir keine Rückmeldung."

Nicht zuletzt werde demnächst die Reform des Maßnahmenvollzuges vorgelegt. Man habe etwas länger gebraucht, da man die Erkenntnisse aus der Tragödie vom Wiener Brunnenmarkt einarbeiten wolle. Brandstetter: "Mir ist der Reform-Mut überhaupt nicht abhanden gekommen. Aber das Thema ist heikel und schwierig." Letztlich gehe es um die Frage, wie man das Gefährdungspotenzial psychisch kranker Straftäter beherrschbar mache. Brandstetter ist für den Ausbau der forensischen Zentren. Der Vorschlag, die Anlasstat zur Verwahrung müsse mit mehr als drei Jahren bedroht sein, ist ihm "zu weit gehend".

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