Czernohorszky will Ethikunterricht für alle

Czernohorsky: „Ethische Fragen im eigenen Unterrichtsfach.“
SPÖ will parallel zum Religionsunterricht ein Pflichtfach Ethik. Bisher sei das am ÖVP-Finanzminister gescheitert.

Der Forderung von Experten und Politikern, einen flächendeckenden Ethikunterricht einzuführen, schließt sich auch die Wiener SPÖ-Bildungsspitze an. Stadtrat Jürgen Czernohorszky und Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer betonen in einem gemeinsamen Statement gegenüber dem KURIER, dass "die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen in einem eigenen Unterrichtsfach allen Kindern ermöglicht werden" soll – aber: "unabhängig davon, ob ein Kind den Religionsunterricht besucht oder nicht." Prinzipien ethischen Handelns würden "bereits jetzt in Unterricht und Lehrplänen als Querschnittsmaterie einfließen".

Schon am Dienstag kritisierten Harald Walser von den Grünen und Eytan Reif von der Liste Pilz, dass Schüler derzeit eine Freistunde haben, wenn sie vom Religionsunterricht abgemeldet sind. Seit 20 Jahren sei in etlichen Schulen Ethikunterricht verpflichtend. Das solle jetzt "endlich allgemein greifen".

Faktor Geld

Czernohorszky betont, dass die Einführung des Ethikunterrichts für diejenigen Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, Geld kostet – und schiebt die Schuld auf den Koalitionspartner im Bund: "Die Umsetzung auf Bundesebene war mit dem ÖVP-Finanzminister leider nicht zu machen."

Vom ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz gibt es ein "klares Bekenntnis zum Religionsunterricht" an Pflichtschulen. Grund? "Gerade was den Islam betrifft", so Kurz, "würde der Religionsunterricht sonst wahrscheinlich in Hinterhof-Moscheen oder Hinterhof-Vereine wandern, wo es keine öffentliche Kontrolle gibt und wo auch der Staat nicht weiß, welche Unterrichtsmaterialien verwendet werden". Der Ethikunterricht solle künftig nur für jene verpflichtend sein, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen.

Für den Soziologen Kenan Güngör greifen die Ideen zum Ethikunterricht zu kurz: "Nur eine Stunde über Themen reden, das reicht nicht. Wir brauchen eine demokratische Schule: Kinder müssen im Alltag erleben, was es heißt, etwas auszuverhandeln, Kompromisse einzugehen und sich in andere hineinversetzen können. Das ist die Voraussetzung für Empathie mit anderen Gruppen. Das wird allen gut tun, nicht nur Muslimen." Auch bei österreichischen Jugendlichen sieht er Tendenz zur politischen Radikalisierung.

Czernohorszky kontert dem Wissenschaftler: Da sei zuletzt viel weiter gegangen: "Das Bildungsministerium hat einen neuen Lehrplan erlassen, der eine Auseinandersetzung mit Demokratie und politischen Fragen in den Mittelpunkt rückt."

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