Der streitbare Rektor rechnet ab

Christoph Badelt zieht ernüchtert Bilanz: „Uni-Politik steht in der Dringlichkeit nicht sehr hoch oben“
Nach 13 Jahren tritt WU-Chef Badelt ab. Er plädiert für die Gesamtschule, aber gegen freien Uni-Zugang.

Mit Ende September endet an der Wirtschaftsuni Wien die 13-jährige Amtszeit von Rektor Christoph Badelt. Er gilt als einer der streitbarsten Manager in der Hochschulpolitik, der keinen Konflikt scheute und letztlich für seine Uni viel erreichte – zum Beispiel einen neuen Campus.

Streitbar war er jedenfalls bei zwei Themen, sagt Badelt im Gespräch mit dem KURIER: "Ich bin für einen geregelten Zugang zum Studium, dafür bin ich ja schon berüchtigt. Der Staat muss sagen, für so und so viele Studenten gibt es Geld, und wenn mehr kommen, dann muss entweder mehr Geld in das System gepumpt werden oder es müssen die Studierenden ausgewählt werden. Diesen trivialen Zusammenhang, der überall gültig ist, von jedem Kindergarten bis zu den Fachhochschulen, den gönnt man uns nicht."

Schuld daran seien die Sozialdemokraten, findet Badelt: "Es ist ein populistisches Spiel von Politikern, die sagen: Der Hochschulzugang ist frei, und mehr interessiert mich nicht. Dass die Leute von uns hinaus geprüft werden müssen, weil wir den Platz nicht haben, interessiert leider niemanden mehr. Das pervertiert aber die Rolle der Unis. Weil wir den jungen Menschen Unterstützung geben sollen, und nicht sie hinausprüfen."

Studiengebühren

Das andere Thema, für das er nicht selten angefeindet wurde, sind Studiengebühren: "Grundsätzlich sind die Ökonomen sich einig, dass das Gratisstudium eine Verteilung von unten nach oben ist. Das ist einer der Gründe, warum auch einige Sozialdemokraten für Studiengebühren sind", erklärt der 64-Jährige. Natürlich sei dafür ein ordentliches und gut dotiertes Stipendien-System nötig, das Österreich derzeit nicht habe.

Als Lösungsvorschlag unterstützt Badelt die Idee eines ideologischen Abtausches: Die ÖVP bekommt von der SPÖ die kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung, dafür erhält sie von der ÖVP die gemeinsame Schule der 6-bis 14-Jährigen. "Das wäre doch ein guter Weg. Ich bin für die gemeinsame Schule, einfach weil ich glaube, dass in der Realität die soziale Selektion der Kinder in der Bildung viel zu früh anfängt."

Ideologisches Gräben

Ob das Nein der ÖVP zur gemeinsamen Schule ebenso "populistisch" ist wie das Nein der SPÖ zu Uni-Zugangsbeschränkungen, könne er nicht sagen. "Leider ist dieses wechselseitige Eingraben da, fast symmetrisch bei SPÖ und ÖVP. Meine Kritik richtet sich auch an beide Parteien. Warum soll die SPÖ ihrem Misstrauen der ÖVP gegenüber nachgeben und den Uni-Zugang beschränken, wenn sie gleichzeitig mit ihren Anliegen, die für mich mindestens so berechtigt sind, nicht weiterkommt?" Dieses "Eingraben" sieht Badelt als eines der größten Probleme: "Sie müssen doch nur schauen, wie oft in der Koalition jemand von der eigenen Partei es als Erfolg sieht, eine Forderung der anderen Partei verhindert zu haben. Das sagt doch schon alles. Das kann aber nicht der Sinn einer Regierung sein."

Badelt stellt ÖVP-Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus. "Er hat den Unis zusätzliches Geld beschafft, entgegen dem allgemeinen Budget-Trend, zu sparen. Das muss man loben. Abgesehen davon habe ich das Gefühl, dass es nicht sehr viel Uni-Politik bei uns gibt, weil es in der Rangordnung der Dringlichkeit nicht sehr hoch oben steht. Wenn jemand Vizekanzler, Parteiobmann, Wirtschafts- und Wissenschaftsminister ist, und Mitterlehner schon mit seinem Job als Vizekanzler mehr als ausgefüllt ist, darf sich niemand wundern. Und in der SPÖ ist überhaupt niemand wirklich interessiert an der Uni-Politik. Also: Wer soll sie dann betreiben?"

Er selbst werde "sicher nicht" in die Politik gehen, sondern nach einer Auszeit wieder als Professor arbeiten. "Ich möchte mir meine freie Meinung behalten, und ich weiß, dass ich das als Politiker nicht könnte. Abgesehen davon, dass ein politischer Quereinsteiger in der Politik in meinem Alter gar nicht gefragt ist."

Zu den Gerüchten, ich könnte neuer IHS-Chef werden, kann ich nur sagen: Ich halte das für ein interessantes Institut, und eine interessante Aufgabe. Mich würde das schon interessieren, ich habe aber keine Ahnung, ob die mich wollen.“ ... über seine berufliche Zukunft

„Ich bin keiner Partei gehorsam. Und so sehe ich auch meine Rolle als Uni-Professor. Das ist ein toller Beruf, und wer, wenn nicht die Professoren, sollte sich öffentlich äußern, ohne auf jemand Rücksicht nehmen zu müssen.“ ... über sein Nein zur Politik

„Zu Themen, von denen ich etwas verstehe, äußere ich mich gerne. Leider sind die meisten Ökonomen sehr zurückhaltend gegenüber den Medien. Und so äußern sich einige wenige dafür zu allen Themen, auch wenn sie oft nicht mehr als eine Durchschnittsmeinung haben. Das werde ich nicht tun.“ ... über seine Kollegen

„Der griechische Finanzminister Varoufakis war ja gerade einer jener Ökonomen, den man in der Politik nicht braucht, der nicht von seinen Theoriemodellen runtergeht. Und wenn dann Entscheidungen zu treffen sind, nur seinen Amtskollegen seine Thesen lehrt.“ ... über Ex-Finanzminister Varoufakis

Es gibt nur wenige Thesen der Wirtschaftswissenschaften, die völlig unbestritten sind. Das ist bei den Naturwissenschaften schon auch so. Ich freue mich zwar, wenn Professoren gehört werden. Aber man muss auch so ehrlich sein zuzugeben, dass hier auch niemand die Wahrheit gepachtet hat.“ ... über seine Zunft

„Von mir wird es sicher keinen Ratschlag in der Öffentlichkeit für meine Nachfolgerin geben. Das würde doch jedem auf die Nerven gehen, von seinem Vorgänger Ratschläge über die Zeitung zu bekommen. Nein, das geht nicht.“ ... über Ratschläge für seine Nachfolgerin Edeltraud Hanappi-Egger

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