BVT: Wie das BMI der Justiz auf die Sprünge half

Austrian Justice Minister Josef Moser and Secretary General Christian Pilnacek attend a news conference in Vienna, Austria March 14, 2018. REUTERS/Leonhard Foeger
Kickl-Mitarbeiter begleitete Zeugen über Missstände im Innenministerium zur Aussage bei der Justiz.

Im Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) fand Ende Februar eine Razzia statt, in deren Folge BVT-Chef Peter Gridling von Innenminister Herbert Kickl suspendiert wurde. Gridling kündigte via Tiroler Tageszeitung an, sich rechtlich gegen seine Ablöse zu wehren.

Die Razzia im BVT ist wegen "martialischer Methoden" kritisiert worden. Justizminister Josef Moser und sein Ministeriumsgeneralsekretär Christian Pilnacek berichteten am Mittwoch, wie es zu der durch die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft angeordnete Razzia kam.

Zusammengefasst: Im Juli 2017 landete ein Konvolut von teils schwerwiegenden Vorwürfen gegen ein Netzwerk im Innenministerium bzw. im BVT bei der Staatsanwaltschaft. Diese Anzeige wurde anonym erstattet, der Verfasser glänzt aber mit Insiderkenntnissen. Die Staatsanwaltschaft destillierte daraus einen Bericht (im Oktober). Im Jänner 2018 wurde der von Herbert Kickl inzwischen eingesetzte Generalsekretär des Innenministeriums, Peter Goldgruber, bei der Staatsanwaltschaft mit demselben Konvolut an Vorwürfen vorstellig. "Das Papier wurde Goldgruber zugetragen. Als oberster Dienstaufseher hat er die Pflicht, Anzeige zu erstatten", heißt es im Innenministerium.

Gefahr in Verzug

Im Februar wurde ein Mitarbeiter des Minister-Kabinetts mit zwei Zeugen bei der Staatsanwaltschaft vorstellig. Die beiden sagten im Beisein der "Vertrauensperson" aus dem Kickl-Kabinett aus. Danach wurden zwei weitere Zeugen einvernommen, wobei der vierte die "Gefahr in Verzug" und die überfallsartige Razzia auslöste. Außerdem belastete er BVT-Chef Gridling, sodass dieser ab 28. Februar zum Beschuldigten wurde. Gridling soll von Missständen im BVT gewusst, sie aber nicht unterbunden haben.

Zum Vorhalt, das blau geführte Innenministerium habe die Razzia gestartet, um an die Rechtsextremismus-Datei zu kommen, sagt Pilnacek: Die Rechtsextremismusdatei sei "nie Ziel des Zugriffs" gewesen. Sie sei weder beschlagnahmt noch kopiert worden und befinde sich "auf dem Server des BVT".

Das Konvolut mit den Vorwürfen gegen ein Netzwerk im Innenministerium, das sich des vielfältigen Amtsmissbrauchs schuldig gemacht habe, ist laut Moser zwar die Grundlage der Ermittlungen. Aber Auslöser der Razzia waren die Zeugenaussagen zu dem Papier.

Vielfältiger Missbrauch

Dem KURIER liegt das Konvolut vor. Darin geht es um fingierte Rechnungen auf Steuerzahlerkosten, (schwere) sexuelle Nötigung gegenüber Beamtinnen und Ministeriumsangestellten, die Weitergabe von Ermittlungsdaten zur parteipolitischen Verwendung (konkret gegen die SPÖ), die vielfache Weitergabe von Ermittlungsakten an Journalisten, Bereicherung, und überhaupt das Formieren einer Seilschaft, die den gesamten Sicherheitsapparat kontrollierte. Das Papier stammt von einem bestinformierten Insider. Inwieweit die Vorwürfe wahr sind, oder ob es sich um Diffamierungen (aus Rache) handelt, prüft jetzt die Justiz – und demnächst wohl auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss.

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