Buwog-Prozess: "Fühle mich missbraucht"
Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (ÖVP/FPÖ) und weitere hat heute ein mitangeklagter ehemaliger Porr-Manager, Herr G., den Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker Walter Meischberger, den Ex-Immobilienmakler Ernst Karl Plech und den Ex-Lobbyisten Peter Hochegger unter Druck gebracht - und damit indirekt auch Grasser.
Das passierte so: Der Porr-Manager sprach in seiner Einvernahme rund um die Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower mehrmals von einer "Gruppe Hochegger", zu der er die zweit-, dritt- und viertangeklagten Meischberger, Plech und Hochegger zählt. Sie sollen jene 200.000 Euro erhalten haben, die die Porr an Hochegger über dessen zypriotische Briefkastenfirma Astropolis gezahlt hatte. Alle vier bestreiten das, auch das bisherige Teilgeständnis von Hochegger hat sich lediglich auf die mitangeklagte Causa Buwog bezogen.
Alles auf Anweisung
Zuvor wurde die gestrige Einvernahme eines Mitarbeiters von G., Herrn W., fortgesetzt, dem vorgeworfen wird, die Auszahlung der 200.000 Euro-Provision bei der Einmietung der Finanzbehörden in die Wege geleitet zu haben. Stimmt nicht, sagte W., er wäre vom mittlerweile verstorbenen Porr-Generaldirekoter, Horst Pöchhacker, angewiesen worden, die Überweisung zu tätigen.
Da eine von ihm (an seinem Hochzeitstag) angefertigte Marktstudie über Rumänien schließlich dazu diente, die Zahlung an die Gruppe Hochegger intern zu rechtfertigen, fühlt er sich missbraucht.
Hinweis: Weil kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Namensnennung von Angeklagten in der Causa Terminal Tower besteht, wird darauf verzichtet. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.
Buwog-Prozess: "Fühle mich missbraucht"
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Auf Wiedersehen!
Ich verabschiede mich und bedanke mich herzlich fürs Mitlesen an diesem langen Verhandlungstag.
Hier lesen Sie in Kürze die heutige Zusammenfassung. Meine Kollegen und ich freuen uns, wenn Sie nächste Woche wieder dabei sind.
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Schluss
Die Richterin beendet die Verhandlung für heute.
Nächsten Dienstag um 9.30 Uhr geht es weiter. -
Die Rechnung der Astropolis war direkt an G. gerichtet, nicht an die Terminal Tower GmbH. Warum? G. kann sich nur vorstellen, dass das der Wunsch von Pöchhacker war.
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Wer war denn nun die Gruppe Hochegger?
G. weiß es nicht genau, aber es könne schon sein, dass die Namen Meischberger und Plech gefallen seien, meint er. Einen Zusammenhang zwischen Lobbying und Bestechung sehe er aber nicht.
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Strafrechtlich relevant
Dass es strafrechtlich relevant sein könnte, dass die 200.000 Euro Rechnung freigegeben wurde, wusste er damals nicht, sagt G. "Verstehen Sie die Vorwürfe der Anklageschrift gegen Sie?", fragt Hohenecker. "Nein, verstehe ich nicht."
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DER Generaldirektor
Pöchhacker sei für G. DER Generaldirektor gewesen, unter ihm sei er groß geworden und es sei eine Ehre gewesen, mit ihm zu arbeiten, sagte G. in einer alten Aussage. Heute würde er es ähnlich formulieren, meint er. Er können sich heute und damals nicht vorstellen, dass Pöchhacker in kriminelle Machenschaften verwickelt war.
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Aussage verweigert
In zwei Einvernahmen zu Beginn der Ermittlungen hatte G. die Aussage verweigert. Das sei daran gelegen, dass sein neuer Anwalt zu wenig Zeit gehabt habe, sich in den Akt einzlesen, sagt G.
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Brüllender Beamter
Bei einer der Vernehmungen im Zuge der Hausdurchsuchung sei G. von einem Ermittlungsbeamten angeschrieen worden, sagt er. "I bring euch alle in Hefn" habe der Beamte gebrüllt. G. sei schockiert gewesen.
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Hohenecker fragt auch G, was sie zuvor schon von W. wissen wollte: Gab es einen Plan B, falls die Finanz sich nicht einmieten hätte wollen? "Ja", sagt G. aber es hätte dann halt länger gedauert.
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Die Richterin fragt nun, ob zum Zeitpunkt der Rechnungsfreigabe die Leistungen der "Gruppe Hochegger" für G. sinnvoll erschienen. "Darauf kam es nicht an. Es war einfach eine Weisung", sagt dieser.
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Wer war wirtschaftlich belastet?
Von den 200.000 Euro waren die Porr-Solutions wirtschaftlich belastet. Später wurden sie aber auch an die anderen Konsortialpartner weiter verrechnet, erklärt G.
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Hohenecker will wissen, ob es in Gs Zeit bei Porr-Solutions schon andere Projekte gab, bei denen Lobbyingleistungen in Anspruch genommen wurden. Er verneint.
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Das Café Justiz hat bereits geschlossen - kein Koffein für mich. Aber hier wird weiter verhandelt.
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Pause
20 Minuten Zeit, um Kaffee nachzutanken.
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Etwas dürftig
"Gab es den Auftrag seitens der Porr an die Astropolis, eine Marktstudie über Rumänien zu verfassen?", fragt Hohenecker. "Ja", sagt G. "Aber für meinen Geschmack ist das etwas dürftig ausgefallen. Die 200.000 Euro seien aber in jedem Fall für die Lobbyingleistungen, nicht für eine Studie, bezahlt worden.
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Was mit dem Rohentwurf zur Rumänienstudie von W. weiter passiert ist, wusste auch G. nicht, sagt er.
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Wir erfahren nun, dass Meischberger und G. im Jahr 2007 einmal gemeinsam Mittagessen waren. Ein "Schönwettertermin", wie G. sagt.
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Nicht sinnvoll
Für sinnvoll habe er die Bezahlung de Rechnung zwar nicht gehalten, da er davon ausging, dass man die Lobbyingleistung nicht wirklich gebraucht habe, aber er wollte keine schlechte Stimmung "beim General" gegen seine Person erzeugen.
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Er, G., habe die Rechnung an die Astropolis nach Absprache mit Pöchhacker freigegeben.
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Wir sehen nun die Rechnung von der Astropolis an G. Darin wird auf eine Vereinbarung im Dezember 2005 verwiesen. "In schriftlicher Form hat es diese Vereinbarung nicht gegeben, weil es nur einseitig unterschrieben wurde. Aber ich führe das zurück auf eine mündliche Vereinbarung mit Pöchhacker", sagt G.
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Stimmungskanonen
Unter Lobbyingleistungen versteht G. also, dass "die Gruppe Hochegger" für gute Stimmung gesorgt hat. Diesen Auftrag hielt er für erfüllt.
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Meischbergers Leistung
Was denn nn die Leistung Meischbergers gewesen sei, möchte Hohenecker wissen. "Für mich war das immer das Lobbying", sagt G. "Wieso, sie haben doch gesagt, dass die Stimmung so gut war, dass man kein Lobbying brauchte", meint die Richterin nun. "Ja, aber diese gute Stimmung sollte auch bleiben", erklärt G.
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Hochzeitstagsbeschäftigung
Warum musste W. so kurzfristig einen Studienentwurf anfertigen, dass er dafür sogar das Abendessen mit seiner Frau am Hochzeitstag absagen musste, will die Richterin wissen. G. glaubt, dass das eine Anweisung von Pöchhacker war.
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Namhaft gemachte Dritte
Wir sehen einen Aktenvermerk aus dem Jahr 2005. Darin geht es um zwei Mietvarianten. Bei Variante 2 (9,90 Euro) steht: "Datierung eines einmaligen Betrages von Euro 700.000 zu Gunsten der Finanz bzw. allenfalls namhaft gemachter Dritter." Wer diesen Satz dazugeschrieben habe, weiß G. nicht, aber er glaubt, es müsse W. gewesen sein. Der hatte das vorhin verneint.
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Über G. hinweggesetzt
Obwohl G. nicht der Ansicht war, dass man jemanden für Lobbyingleistungen bezahlen müsse, habe Pöchhacker das dennoch für nötig gehalten.
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G. glaubt sich erinnern zu können, dass der Name Astropolis damals gefallen ist.
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Pöchhacker habe ihm erklärt, die 200.000 Euro würden benötigt, um bei der Finanz für eine Einmietung zu werben. Wer konkret für die Lobbyingleistung zuständig sein würde, habe er aber nicht erfahren.
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G. beginnt mit seinen Schilderungen im Jahr 2003. Irgendwann wäre dann die Finanz als potentieller Mieter aufgetreten, wann genau weiß G. nicht mehr. Dass die 200.000 Euro über eine zypriotische Firma abgerechnet wurden, sei auf Anweisung Pöchhackers geschehen.
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Befragung abgeschlossen
Das war's mit der Befragung von W. Weiter geht es mit der Einvernahme seines Vorgesetzten innerhalb der Porr-Solutions, Herrn G. Dieser bekennt sich nicht schuldig und reagiert verwirrt, als ihn die Richterin fragt, ob er eingangs eine Stellungnahme zu den ihm vorgeworfenen Punkten machen möchte. Dann beginnt er doch mit seinem Statement.
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Nun befragt Grassers Anwalt Norbert Wess den Angeklagten W. Ihn interessiert, ob mit den 200.000 Euro eine Bestechung geleistet worden ist. W. antwortet, er habe keine Wahrnehmung dazu. Er sei in diesen Komplex nicht involviert gewesen.
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Da die anwesende Privatbeteiligten-Vertreterin keine Fragen hat, geht es mit Ws Anwalt Dohr weiter. Der möchte gerne wissen, wie wichtig W. innerhalb der Porr war. "Etwa auf dritter Ebene", antwortet dieser.
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Wer wartet hier auf wen?
Im ganzen Prozess schon interessant: Nach jeder Unterbrechung betreten Grasser und Meischberger den Gerichtssaal als letze vor der Richterin. Jetzt musste sogar anders herum die Richterin vor der Tür warten, bis die beiden anwesend waren.
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Mittagspause bis 14.00 Uhr
Die Staatsanwaltschaft hat ihre Befragung beendet. Nach der Mittagspause sind die Anwälte der Privatbeteiligten dran.
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Lesepräferenzen
Marchart konfrontiert W. nun mit zahlreichen Artikeln über Karl-Heinz Grasser, in denen auch Grassers Freundschaft mit Hochegger und Meischberger thematisiert wurde. W. kennt sie nicht. Überhaupt: "Den Falter lese ich nicht", News nur im Wartezimmer beim Arzt
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KURIER-Abo
Staatsanwalt Marchart fragt, ob W. zum damaligen Zeitpunkt Zeitung gelesen habe und Abos hatte.
W. lacht über die Frage und meint, er hatte damals ein KURIER-Abo. -
Und während W. über die Bauordnung spricht, zeige ich Ihnen das. Ws Anwalt Dohr hat ein klares Motto für den Verhandlungstag.
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W. führt jetzt Details der oberösterreichischen Bauordnung aus.
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Wo parken?
Nun geht es um die Aufstockung der Stellplätze rund um den Terminal Tower. Diese sei von der Finanz gewünscht worden, sagt W.
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Intervention bei Grasser?
Im Raum steht, ob W. im Namen der Porr beim RLB-OÖ-Vorstand Starzer um eine Intervention für den Terminal Tower beim damaligen Finanzminister Grasser gebeten hat, weil es unter Umständen zu einem neuen Ausschreibungsverfahren kommen hätte können. W. negiert.
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Zurück zum Terminal Tower. Es schien laut einer Gesprächsnotiz zwischen Scharinger und Generaldsekretär Q. auch im Gespräch gewesen zu sein, die freien Mietflächen öffentlich auszuschreiben. Da es sonst "zu Problemen kommen" könne.
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Das Projekt Hessenplatz
Staatsanwalt Denk fragt, was W. über das Projekt Hessplatz wisse. Dies sei ein Konkurrenzprojekt zum Linzer Terminal Tower gewesen. Man habe das Projekt aber nicht wirklich als Konkurrzenz gesehen, weil es offenbar Vorgaben der Finanz nicht erfüllen konnte, sagt der Angeklagte.
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Verwertungsprobleme
In einer Mail des Mitangeklagten L. ist festgehalten, dass es zu möglichen Verwertungsproblemen des Terminal Towers kommen könnte, falls sich keine Großmieter finden. Staatsanwalt denk möchte wissen, ob es einen Plan B gegen habe, für den Fall, dass das Finanzzentrum nicht eingezogen wäre. W. erklärt Alternativen.
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Vom Tisch
Wir sehen eine Notiz eines Porr-Mitarbeiters, in der steht, dass Grasser alle bisherigen Gespräche mit Scharinger vom Tisch gewischt habe und alle Einwände Vorwände seien. W will davon nichts gewusst haben.
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So sieht er übrigens aus, der Terminal Tower, von dem hier die ganze Zeit die Rede ist.
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Verkehrschaos
Wir sehen ein Mail an W, in dem es heißt, Grasser bitte um Beantowrtung "ALLER aufgeworfenen Fragen". Unter anderem wolle er wissen, ob durch den Bau des Terminal Towers ein Verkehrschaos im Linzer Bahnhofsbereich ausbrechen würde. Dieses Problem sei gelöst worden, sagt W. Die Mail wurde von ihm und den anderen Konsorten diskutiert, fügt er hinzu. Im Detail kann er sich aber nicht erinnern. Auch wie man Grasser geantwortet habe, weiß er nicht mehr.
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Kurze Unterbrechung weil Meischbergers Anwalt Zarbl weg muss. Grassers Anwalt Wess übernimmt für ihn. Meischberger schüttelt ihm die Hand.
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Falls es Sie interessiert: Bei den polaren Temperaturen im Gerichtssaal hat sich Meischberger an Hocheggers Kleidungsstil angepasst und das Sakko gegen einen Pullover eingetauscht.
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Widersprüche
Staatsanwalt Denk macht nun weiter. Er macht darauf aufmerksam, dass der mittlerweile verstorbene Porr-Generaldirektor Horst Pöchhacker ausgesagt hatte, er habe nicht den Auftrag zur Überweisung der 200.000 Euro gegeben. Das widerspricht Ws Angaben, bei denen dieser dennoch bleibt.
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Alles auf Schiene?
Wir sehen eine Mail zwischen zwei E-Raiffeisen-Managern, in dem es heißt, es wäre bzgl. Einmietung in den Terminal Tower "alles auf Schiene". Scharinger würde noch mit Grasser sprechen, um das zu verifizieren. W sagte zuvor, es habe noch Diskussionen zu den Themen stellplätze und Mitarbeiterkantine gegeben. Er will von den Informationen aus der Mail nichs gewusst haben.
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Ob er jemals den Eindruck gehabt habe, dass die Mitglieder des Projekt-Teams sich gegenseitig Informationen vorenthalten hätten, möchte Marchart wissen. W verneint.
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