Buwog-Prozess: "War ein uninformierter Bote"
Ein Wirrwarr aus Abkürzungen, Beträgen, E-Mail-Adressen und Namen; oder ein Buchhaltungskurs für Fortgeschrittene - so lässt sich der heutige 18. Tag im Buwog-Prozess am besten beschreiben.
Auf dem Programm stand die Befragung von Ex-Immofinanz-Manager Christian Thornton, der für das Rechnungswesen im Unternehmen, und damit auch für die Provisionszahlungen an Hochegger zuständig war. Thornton ist wegen Untreue und Bestechung angeklagt. Die Gelder für Hocheggers Provision (1 Prozent des Kaufpreises der Buwog, also 9,6 bzw. 9,9 Mio. Euro) soll er über Scheinrechnungen an die zypriotische Firma Hocheggers, Astropolis, überwiesen haben.
Nichts Unrechtmäßiges im Sinne
Das stimme nicht, erklärte Thornton heute. Er habe nicht gewusst, was zwischen Petrikovics und Hochegger abgemacht war, auch kannte er den Inhalt des Vertrags zwischen den beiden nicht. "Ich war schlicht ein Bote", beteuerte er mehrmals. Er habe lediglich getan, wozu ihn Petrikovics, der innerhalb der Constantia die alleinige Entscheidungsmacht gehabt haben soll, angewiese habe. Dazu habe aber nicht gehört, dass er aus Osteuropa-Geschäften Geld für die Provision heranschaffen sollte, wie es in der Anklageschrift heißt. Dass Petrikovics etwas Unrechtmäßiges im Sinn gehabt haben könnte oder jemanden bestechen wollte, daran habe er nie gedacht und das glaube er auch heute nicht, sagte Thornton.
Weiters erklärte er, mit dem Erwerb der Buwog im Jahr 2004 rein gar nichts zu tun gehabt zu haben, denn Petrikovics habe dafür eigens eine Mitarbeiterin engagiert, die von der RZB gekommen sei.
Getrenntes Verfahren gegen Plech
Zu Beginn des heutigen Verhandlungstages kam es zu weiteren Krankmeldungen in den Rängen der Angeklagten. Neben dem bereits entschuldigten mitangeklagten Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki meldete sich auch der ebenfalls angeklagte Gerald Toifl, früher Anwalt von Walter Meischberger, krank. Und auch einer der Hauptbeschuldigten, der Makler Karl Ernst Plech, ist laut seinem Anwalt erkrankt und befindet sich in einem Krankenhaus in stationärer Behandlung. Dieser Aufenthalt dürfte noch mindestens zwei Wochen dauern. Der Schöffensenat beschloss daher, das Verfahren gegen Plech getrennt zu führen.
Morgen geht der Prozess mit der Befragung von Thornton weiter.
Untenstehend finden Sie den Ticker des heutigen Verhandlungstages zum Nachlesen.
Buwog-Prozess: "War ein uninformierter Bote"
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Auf Wiedersehen!
An dieser Stelle darf ich mich für heute von Ihnen verabschieden und mich herzlich fürs Mitlesen an diesem doch eher zähen Verhandlungstag bedanken.
Wie gewohnt finden Sie hier in Kürze eine Zusammenfassung des heutigen Prozesstages. Bis morgen und auf Wiedersehen!
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Schluss für heute
Die Richterin beendet den Verhandlungstag. Morgen um 9.30 geht es weiter.
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Zum wiederholten Mal gibt Thornton nun an, dass es natürlich eine Leistung Hocheggers gegeben habe, da Petrikovics nie ein Honorar überweisen hätte lassen, wenn keine Leistung efolgt wäre.
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Hohenecker geht minutiös Thorntons-Jourfixe-Notizen durch. Diese sind recht unleserlich. Thornton erklärt detailliert, was mit den Stichworten gemeint war.
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Beschwerdemail
Offenbar gab es Probleme bei der Abwicklung des Restbetrags von 3,5 Millionen Euro an Hochegger. In einer Mail an Petrikovics beschwert sich Hochegger über Thornton, da dieser für ihn nicht erreichbar sei und die Zahlung noch nicht erfolgte. "In dieser Zeit war viel los und es ist einges liegengeblieben", erklärt Thornton.
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In einer anderen Mail an Thornton schreibt Hochegger, Thornton habe ihm ein Projekt angekündigt. Zu diesem wünsche er sich nun mehr Informationen. Thornton meint, er hätte auch diese Mail ausgedruckt und an Petrikovics weitergegeben. "Ich war wirklich nur ein Bote".
Hohenecker: Wie viel haben Sie in diesem Jahr verdient?
Thornton: Knapp mehr als 100.000 Euro netto.
Hohenecker: Und das für das Ausdrucken und Weiterleiten einer E-Mail. -
Adressenchaos
Wir sehen eine Mail, in der Thornton Hochegger schreibt, um welches Honorar er wie ansuchen soll. Adressiert ist die Mail an eine andere Adresse, als in einem vorangegangen Mailverkehr mit Hochegger - also nicht an die Astropolis-Adresse. Warum, will Hohenecke wissen. Thornton weiß es nicht.
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Der schwere Stand der Frau P.
Es geht nun um Frau P., jene Managerin, die extra für den Buwog-Deal ins Unternehmen geholt wurde. Diese habe laut Thornton keinen leichten Stand gehabt, da ihr ihrer Meinung nach Informationen vom Konsortium vorenthalten wurden.
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Einen großen Kaffee später...
geht es weiter.
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Pause
15 Minuten zum Durchatmen.
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Erst bei der viertren Rechnung an die Astropolis habe er sich erkundigt, wofür das Geld überwiesen wurde. Nicht weil es ihm komisch vorkam, sondern weil es ihm unangenehm gewesen sei, mit einem Kunden zu tun zu haben, ohne zu wissen, worum es geht, erklärt Thornton.
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"Wenn mir Dr. Hochegger ein Mail geschrieben hat, hab ich es ausgedruckt und bin zu Dr. Petrikovics damit", sagt Thornton. Dieser habe immer eine Liste gehabt mit Projekten, die ohne Drittmakler abgeschlossen wurden. Aus diesen habe Petrikovics dann ausgewählt. Eine gemeinsame Willensbildung mit ihm (Thornton, Anm.) habe es nicht gegeben.
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Straff geführtes Unternehmen
Wie es möglich gewesen sein kann, dass Thornton über den Inhalt des Vertrags mit Hochegger nicht informiert war, fragt Hohenecker. Thornton wiederholt: Es wäre ein straff geführtes Unternehmen gewesen. Allen sei klar gewesen, dass Petrikovics kein großer Kommunikator ist. Wenn er ihm (Thornton) mehr Informationen hätte gebe wollen, hätte er das getan.
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Die mysteriöse zweite Provisionshälfte
Wer schlussendlich der wirtschaftliche Belastete für die zweite Provisionshälfte war, kann Thornton seinem geringen Wissensstand zufolge nicht sagen. Das hänge von der Vereinbarung zwischen Immofinanz und RLB OÖ ab, erklärt er.
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Richterin: "Haben Sie je gewusst, was jetzt zwischen wem vereinbart wurde?"
Thornton: "Tatsächlich nicht." -
Wie eine BWL-Vorlesung
Die geschätzen Kollegen von der Apa haben übrigens gerade einen treffenden Vergleich gefunden: Diese Einvernahme ähnelt einer BWL-Vorlesung.
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"Würden Sie das Einschreiten des Dr. Hochegger als verrechenbare Fremdleistung einschätzen, die bei den Anschaffungsnebenkosten aktiviert werden kann?", fragt Hohenecker. Thornton bejaht.
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Wie verbucht man Provisionen?
Das scheint ein hochkomplexes Thema zu sein. Während Thornton erklärt, schüttelt Petrikovics immer wieder den Kopf. Die Schöffen blicken ein wenig ratlos auf die Rechnungen, die an die Leinwand projiziert werden.
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Kennenlernen vor Gericht
Über die Preisverhandlungen im Österreich-Konsortium möchte Thornton übrigens nichts gewusst haben. Auch Starzer habe er erst im Zuge der Gerichtsverhandlung kennengelernt.
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Die Richterin lässt sich nun erklären, wer beim Buwog-Deal wem was überwiesen hat. Hier sei zum besseren Verständnis Folgendes erklärt: Der sogenannte Buwog-Deal umfasst die Priviatisierung von vier Bundeswohnungsgesellschaften: der Buwog, der ESG Villach, der WAG und der EBS Linz.
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Gemeinsame Treffen
Die Richterin möchte nun wissen, ob die Transaktion im BWBG-Verfahren den Aufgabenbereich Thorntons betroffen habe. Thornton bejaht. Es habe Treffen zwischen dem Rechnungswesen, der Steuerberatung, den Wirtschaftsprüfern, etc. der Buwog und der Immofinanz gegeben. "Es war schon eine ordentliche Aufgabe für mich, ein lebendes Unternehmen in einen Immobilienkonzern zu integrieren - das Rechnugswesen betreffend", sagt Thronton.
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Die Agentur Hocheggers habe ihm ab etwa 2003 etwas gesagt, meint Thornton. Dass Hochegger für die CPAG gearbeitet hat, habe er erst im Zuge der Verhandlung erfahren. Abseits von Medienberichten habe er keine Wahrnehmungen über die Figur Hochegger gehabt.
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Und weiter geht's
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Mittagspause
Nach so viel Mathematik geht es nun erst einmal in die Mittagspause bis 13.00 Uhr.
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Es wird gerechnet
Die Rechnungslegung an die Atropolis ist wahrlich kompliziert. Hohenecker versucht nachzuvollziehen, wie die Beträge zustande gekommen sind. Alle anderen - so zumindest das subjektive Empfinden der Tickerin - sind längst ausgestiegen.
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Es geht um die angeblichen Scheinrechnungen
Petrikovics habe vier Immobilien-Projekte ohne Drittmakler ausgewählt, die für die Provisionsabrechnung mit der Hochegger-Gesellschaft Astropolis verwendet wurden, sagt Thornton. Hohenecker lässt ihn vorrechnen.
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Wir sehen eine Rechnung der Astropolis, bei der ein Honorar von mehr als einer Million in Rechnung gestellt wurde. Hohenecker lässt sich nun von Thornton erklären, wie dieser Betrag zustande kam.
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Fehler in Rechnungen
Wir sehen jetzt Rechnungen, die in Thorntons Auftrag ausgestellt wurden. Bei allen fehlt eine Bemessungsgrundlage und der Provisionssatz. "Also die Umsatzsteuererklärung hätt ich gern gesehen", sagt Hohenecker.
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Lässt mich nicht los
Nachdem sein Vertrag ausgelaufen war, habe er mit dem Thema Immofinanz abgeschlossen, meint Thornton. "Auch wenn es mich bis heute nicht loslässt."
"Warum lässt es Sie nicht los?", fragt Hohenecker. "Weil ich jetzt hier sitze", sagt Thornton leise. -
Im Herbst 2008 habe er seine Funktionen zurückgelegt, danach aber einen Konsulentenvertrag erhalten "mit dem aber tatsächlich Arbeit verbunden war", sagt Thornton.
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Ich versuche, das kurz zu erklären: Die CFC soll eine Zahlstelle der Constantia Privatbank (CPAG) gewesen sein. Letztere habe laut Thornton immer dann Anspruch auf Provision gehabt, wenn es keinen Drittmakler bei einem Deal (also etwa der Immoeast) gab.
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Abkürzungswirrwarr
Es geht um den Rechnungslegungsprozess innerhalb der CP AG, der CPB CFC, der Immofinanz und der Immoeast. "Da bin ich jetzt kurz ausgestiegen", sagt Thornton. "Das liegt an dem gefinkelten Konzept", meint Hohenecker
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Richterin Hohenecker legt mit ihrer Befragung los
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Thorntons Statement zusammengefasst:
Die Kollegen von der APA haben in der Zwischenzeit zusammengefasst, warum Thornton nach seinen Angaben so gehandelt habe, wie er hat.
1) Er sei von werthaltigen Leistungen von Hochegger ausgegangen.
2) Von vertraglichen Verplichtungen mit Hochegger ausgegangen.
3) Wegen fehlender Kenntnis des Vertrags musste Thornton bei Verrechnung immer bei Petrikovics und Hochegger nachfragen.
4) Geschäftsbesorgungsvertrag mit Hochegger und mündliche Vertragsänderung.
5) Er habe den Geschäftsbesorgungsvertrag erst im Ermittlungsakt gesehen.
6) Ausgewählte Projekte ohne Maklerprovision für Buwog-Provisionsverrechnung seien nur von Petrikovics ausgewählt worden. Es habe keinen gemeinsamen Willensbildungsprozess gegeben.
7) Er sein in den Buwog-Bieterprozess "zu keinem Zeitpunkt eingebunden".
8) Kein Konnex zwischen ESG-Verkauf und Astropolis-Rechnung gesehen.
9) Zu keinem Zeitpunkt habe er an Bestechung oder Schädigung des Konzerns gedacht. -
Auch heute glaube er nicht, dass Petrikovics seine Anweisungen mit dem Ziel gab, jemanden zu schädigen oder zu bestechen, sagt Thornton.
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„Ich war ein Bote, noch dazu ein uninformierter Bote“, sagt Thornton.
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Gegenverrechnung?
Jetzt geht es um den Erwerb der ESG-Anteile des Österreich-Konsortiums durch die Immofinanz. Er habe von der Gegenverrechnung der Hochegger-Provision durch die RLB OÖ nichts gewusst, sagt Thornton.
Die Immofinanz soll ja laut Anklage das ganze Hochegger-Honorar überwiesen haben, die Hälfte davon wurde von der RLB OÖ nicht direkt bezahlt, sondern beim Kauf der ESG eingepreist.
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Kannte den Inhalt der Vereinbarung nicht
Er habe den Inhalt der Vereinbarung zwischen Petrikovics und Astropolis nicht gekannt, sagt Thornton. Auch kannte er den gesamten Betrag, um den es ging, nicht. Er wäre gewissermaßen auf die Befehle Petrikovics angewiesen gewesen
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Geldflüsse an Astropolis
Er habe auf Anweisung von Petrikovics Geld an die Astropolis für bestimmte Leistungen überwiesen, erklärt Thornton. Dass Hochegger mit der Buwog-Akquisition zu hatte, habe er nicht gewusst.
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Zusammengefasst:
Alle Zahlungen habe Thornton für gewöhnliche interne Verrechnungen von Vermittlerprovisionen innerhalb des Konzerns gehalten.
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Nebenbei: Hier wird großer Wert auf korrekte Anreden gelegt. "Petrikovics hat..." sagt Thornton und korrigiert sich dann sofort: "Dr. Petrikovics hat..."
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Die Rechnungen betreffend der Vermittlungen der ESG- und Buwog-Anteile standen für Thornton in keinerlei Zusammenhang zu Hochegger. Er habe auch nie einen Auftrag von Petrikovics zur Beschaffung der Gelder zur Begleichung der Rechnung bekommen, sagt er.
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Keinerlei Kenntnis
Er verfüge über keinerlei Kenntnis von einer Vermittlungsprovision für die Buwog an Hochegger, sagt Thornton.
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Zur Erinnerung
Die Staatsanwaltschaft wirft Thornton vor, er habe über drei Rechnungen die Geldmittel für die Bezahlung der Astropolis Rechnungen beschafft.
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Mit dem Kauf der Buwog habe er, Thornton, nichts zu tun gehabt, da hierfür eine eigene Managerin eingestellt wurde.
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Kein Zweifel an Rechtmäßigkeit
Er wäre zwar mit der Erstellung der Finanzmarktprospekte betraut gewesen, aber auch hier habe Petrikovics jede einzelne Seite gelesen, erklärt Thornton. Er habe nie einen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geschehnisse gehabt.
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Thorntons Sicht der Dinge
Auch nachdem er Co-Geschäftsführer der Constantia Privatbank wurde, habe er nicht das Pouvoir gehabt, irgendwelche unternehmerischen Entscheidungen zu treffen, sagt Thornton. Nur Petrikovics hätte über Entscheidungsgewalt verfügt.
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Thorntons Einvernahme beginnt. Er bekennt sich nicht schuldig.
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Es geht weiter. Das Verfahren gegen Plech soll vorerst getrennt geführt werden.
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