Busek: Regierung hat keine Vision für Europa

Erhard Busek ist heute Vorstandsvorsitzender des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa
Der ehemalige ÖVP-Chef Erhard Busek kritisiert die angekündigte Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder, die in ärmeren EU-Ländern leben. Das Flüchtlingsthema werde von der Regierung instrumentalisiert.

Der frühere Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) kritisiert die fehlenden europapolitischen Visionen der Bundesregierung. "Es gibt zum EU-Vorsitz noch keine wie immer gearteten Vorstellungen", sagte Busek, dessen Buch "Mitteleuropa Revisited" in wenigen Tagen erscheint.

"Das Bekenntnis zu Europa ist eine Selbstverständlichkeit. Das kann sogar die FPÖ abhaken", meinte der frühere ÖVP-Chef. "Aber was geschieht wirklich?" Das "Abarbeiten des Brexit", das immer wieder als Schwerpunkt des österreichischen Ratsvorsitzes in der zweiten Jahreshälfte genannt wird, "passiert mit oder ohne österreichischem Vorsitz", sagte Busek. Er vermisst eine klare Strategie und sinnvolle Vorschläge.

Familienbeihilfe: Schüren von Neid

In Bezug auf die angekündigte Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder, die in ärmeren EU-Ländern leben, meinte Busek kritisch: "Das ist ein Kokettieren mit dem Neidgedanken." Das Prinzip der Gleichbehandlung würde dadurch verletzt. "Wenn es umgekehrt wäre, wenn wir als Österreicher wo weniger bekämen, wir würden uns sofort aufregen."

Kritisch sieht Busek auch die Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz ( ÖVP), bei den EU-Transferzahlungen in die ehemaligen kommunistischen Länder Osteuropas sparen zu wollen und keine höheren österreichischen Beiträge zum EU-Budget zu akzeptieren.

Balkenroute schließen reiche nicht

In der Frage des Umgangs mit Flüchtlingen - ein Thema, das "medial hochgespielt" werde - fehlen der Regierung laut Busek die Konzepte. "Unsere Regierung hört bei der Schließung der Balkanroute auf." FPÖ und ÖVP würden einem ähnlichen Motto folgen wie die bayerische CSU: "Rechts neben mir ist die Wand". Das sei eine "äußerst problematische" politische Strategie, die kein Problem löse. "Wir leben in Wirklichkeit von der Immigration in ganz wichtigen Fragen, etwa bei der Altenbetreuung. Da lügen wir uns etwas in die Tasche." Buseks Co-Autor von "Mitteleuropa Revisited" ist der Historiker und Diplomat Emil Brix.

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