Fischer-Abschied: "Es wird ein emotionaler Moment"

Mario Lindner
Bundesratspräsident Mario Lindner wird Heinz Fischer heute offiziell verabschieden. Aufsehen erregte er jüngst auch bei der Regenbogenparade, als er sich als homosexuell outete.

KURIER: Herr Lindner, Sie verabschieden heute offiziell Bundespräsident Heinz Fischer. Glauben Sie, wird das ein emotionaler Moment werden?

Mario Lindner: Das wird sicher ein emotionaler Moment. Auch für mich persönlich. Denn bei mir es schließt sich ein Kreis. Ich habe 2004 – damals war ich 21 Jahre alt – als Bundesjugendsekretär der FSG beim Wahlkampf von Heinz Fischer mitarbeiten dürfen. Heute darf ich ihn als Bundesratspräsident verabschieden. In der Vorwoche hatte ich meinen ersten offiziellen Termin bei Heinz Fischer. Das Treffen war sehr herzlich. Bevor wir hinter der Tapetentür verschwanden, meinte Fischer: "Jetzt kenne ich den Mario schon seit 12 Jahren, und nun ist er zum meinem Abschied auch noch Bundesratspräsident."

Wie lange haben Sie an der Rede geschrieben?

Die Vorbereitung hat einige Zeit in Anspruch genommen. Wir haben zu dritt an der Rede gearbeitet, in der ich das politische Wirken und die Verbundenheit von Heinz Fischer zu den Bundesländern würdigen werde.

Wie groß ist Ihre Nervosität?

Es wäre gelogen, wenn ich sage, ich bin nicht nervös. Aber es ist eine positive Nervosität mit einem großen Anteil an Freude. Der neue Anzug ist auch schon gekauft (lacht).

Wie hat man bei Ihnen in Liezen reagiert, als Sie erzählten, dass Sie den Bundespräsidenten verabschieden werden?

Es hat mir vorerst niemand geglaubt. Als ich es erfahren habe, konnte ich es selber nicht glauben. Das hat einige Tage gedauert.

Sind Sie enttäuscht, dass Sie Alexander Van der Bellen nun als neuen Bundespräsidenten nicht angeloben können?

Es ist ein Faktum, dass nun die Karten neu gemischt werden. Geht alles glatt, verschiebt sich die Angelobung um zirka vier Monate, das heißt, ich bekäme noch die Chance, den neuen Bundespräsidenten anzugeloben.

Ist die Stichwahl-Wiederholung eine Blamage für Österreich?

Ich möchte eine Lanze für die Wahlbeisitzer brechen. Wir haben Tausende Wahlbeisitzer, die seit Jahren eine gute und genaue Arbeit leisten. Das weiß ich aus eigener Erfahrung als Wahlsprengelleiter. Das Verfahren hat aber gezeigt, dass es auch schwarze Schafe gibt. Das darf in einer Demokratie nicht passieren, auch wenn die schwarzen Schafe Ausnahmen sind.

Sie setzen sich für die Homosexuellen-Rechte ein, weil Sie selber homosexuell sind. Sie kommen aus der selben Region wie Conchita Wurst. Das Outing ist ihr nicht leicht gefallen. Wie war es bei Ihnen?

Im Nachhinein gesehen war es total leicht. Davor habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob ich es wagen soll oder nicht. Aber wenn es nur einem jungen Menschen hilft, zu seiner Familie zu gehen und ohne Angst lieben zu dürfen, wen man will, ist das gut!

Wann outeten Sie sich?

Dem offiziellen Österreich habe ich es erst vor drei Wochen bei der Regenbogenparade mitgeteilt. Ich habe eine Rede über Zivilcourage und das Attentat von Orlando gehalten. Meinen Eltern habe ich es schon mit 19 Jahren erzählt.

Wie haben die Eltern reagiert?

Meine Eltern haben es ganz locker aufgenommen. Sie sind relativ jung, vielleicht hat das auch dazu beigetragen. Eigentlich haben Sie nur "Ja, passt" gesagt. Da war ich selbst überrascht. Ich habe zwar mit keinen gröberen Problemen gerechnet, aber dass meine Eltern so selbstverständlich mit meinem Outing umgehen, damit habe ich nicht gerechnet.

Wann haben Sie sich Ihre Homosexualität selber eingestanden?

Als ich 17 Jahre alt war, wurde es mir bewusst, weil ich mich in einen Mann verliebt habe. Davor eigentlich nicht. Aber ich war nie mit Vorurteilen konfrontiert. Niemand traute sich, mir etwas ins Gesicht zu sagen.Es war wie das unausgesprochene Geheimnis in meinem Heimatort. Keiner meiner Freunde oder Bekannten hat sich von mir abgewandt. Denn es gab ja keinen Unterschied zwischen der Zeit vor und nachdem sie erfahren haben, dass ich homosexuell bin. Bei Freunden von mir war das schon anders, die haben alle klassische Vorurteile erlebt.

Sie setzen sich ein, dass homosexuelle Paare leichter Kinder adoptieren dürfen. Wollen Sie selbst Kinder adoptieren?

Über diesen Punkt habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Erstens fehlt mir im Moment die Zeit für ein Kind und zweitens der Partner.

Sie fordern, dass homosexuelle die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare erhalten. Welche Ungleichbehandlung ärgert Sie am meisten?

Es gibt für mich keinen Grund, warum es keine absolute Gleichstellung geben sollte. Bei jeder Bewerbung muss man seinen Familienstand angeben. Wenn man eingetragene Partnerschaft angibt, weiß jeder, dass man schwul oder lesbisch ist. Deswegen gehört die Ehe auf die gleiche Ebene gestellt. Auch das ist eine Frage der Zivilcourage.

Neuer Bundesratspräsident

Er ist 33, hat bei den ÖBB Elektriker gelernt und heute seinen großen Tag. Mario Lindner (SPÖ) aus Liezen wird vor der feierlichen Bundesversammlung im Reichsrats-Sitzungssaal Heinz Fischer verabschieden. Politisch lautet Lindners Lieblingsprojekt "Zivilcourage im Internet": Er will einen Ratgeber erstellen, was Internet-User tun können, wenn sie auf Hass-Postings stoßen.

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