Türkei: EU-Beitritt "nicht in meiner Amtszeit"

Alexander Van der Bellen
Hofburg-Anwärter Alexander Van der Bellen hält EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei derzeit für "Zeitverschwendung".

Wie sein Kontrahent um die Hofburg, Norbert Hofer, stellte sich auch Alexander Van der Bellen abermals den Fragen im "ZiB2"-Studio.

"Jeder Wähler hat das Recht, dass seine Stimme richtig gezählt wird, und dass eine gültige Stimme auch eine gültige Stimme ist."

Angesichts der zahlreichen defekten Wahlkarten fordert der Präsidentschaftskandidat das Innenministerium auf, bis kommende Woche "offen und vollständig" über die Situation zu informieren. Hier handle sich nämlich nicht nur um eine technische Frage, sondern um die Ausübung des Wahlrechts. "Jeder Wähler hat das Recht, dass seine Stimme richtig gezählt wird, und dass eine gültige Stimme auch eine gültige Stimme ist", sagte Van der Bellen.

Für die Verschiebung des Wahlganges plädierte Van der Bellen allerdings nicht. Vorläufig denke er, dass es auch im Interesse der zuständigen Behörden liege, dass die Wahl am 2. Oktober ordnungsgemäß stattfinden könne, erklärt der Präsidentschaftskandidat.

"Akzeptiere die Entscheidung"

Dass Van der Bellen schon ein Mal die Wahl zum Bundespräsidenten gewonnen hat, kam - wie auch die Aufhebung der Stichwahl - zur Sprache. Er akzeptiere die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, fügt allerdings hinzu, dass es "kleine Dinge" gebe, die er der Bevölkerung nicht "so einfach" erklären könne. Zum Beispiel, dass eine 16-Jährige aufgrund des gleichbleibenden Stichtags beim kommenden Urnengang nicht wählen darf, obwohl sie nun wahlberechtigt ist. "Erklären Sie das mal einer 16-Jährigen, die wählen möchte", sagte Van der Bellen, "egal, ob für Hofer oder für mich."

EU-Beitritt der Türkei sei "reine Zeitverschwendung"

Die Linie der Regierung bezüglich des Abbruchs der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei unterstützt Van der Bellen: Zwar müsse man im Gespräch bleiben, über einen EU-Beitritt zu sprechen wäre derzeit aber "reine Zeitverschwendung", meinte er. Es werde in absehbarer Zeit sicher keinen Beitritt der Türkei geben, "sicher nicht in meiner Amtszeit als Bundespräsident".

Van der Bellen fordert trotzdem mehr Besonnenheit bei diesem Thema. Bei allen innenpolitischen Schwierigkeiten, die jetzt in der Türkei vorhanden sind, bleibt das Land "Nachbar der Europäischen Union, eine Art Puffer zwischen der EU und den Krisenherden im Nahen Osten". Es gebe wirtschaftliche Beziehungen, die weder die Türkei noch die EU aufs Spiel setzen wollen, erklärte der Hofburg-Anwärter.

"Es ist legitim, sich zu überlegen, was wäre, wenn"

Zur umstrittenen Notstandsverordnung der Bundesregierung, die damit legitimieren will, Flüchtlinge ab einer gewissen Zahl (37.500 Obergrenze), an der Grenze abzuweisen, sagte Van der Bellen, dass der Bundespräsident in diesem Fall nur eine "sehr geringe Rolle" spiele.

Denn als solcher muss er die Verordnung gar nicht gegenzeichnen. Van der Bellen würde jedenfalls den Innenminister zu sich bitten und fragen, warum er die innere Sicherheit und öffentliche Ordnung als gefährdet ansehe. "Asylrecht ist Verfassungsrecht und darf nur in besonderen Ausnahmen ausgesetzt werden", argumentierte der ehemalige Grünen-Chef.

Der Regierung möchte der Kandidat aber kein Kalkül unterstellen. "Es ist legitim, sich zu überlegen, was wäre, wenn", sagt Van der Bellen.

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