Bundespräsidentschaft: Griss tritt an

Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss
Mit einem offiziellen Video kündigt Irmgard Griss ihre Kandidatur für das höchste Amt des Landes an.

Das Rennen um die Hofburg ist offiziell eröffnet: Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss hat am Donnerstag ihre Kandidatur – wie erwartet – bekannt gegeben. "Als Bundespräsidentin will ich für eine Politik der klaren Worte eintreten", sagt Griss in ihrer im Internet veröffentlichten "Antrittsrede".

Auch auf die Unterstützung zumindest einer Parlamentspartei kann Griss bauen: Die Neos entschieden bei der Sitzung des Bundesvorstands Donnerstagnachmittag, keinen eigenen Kandidaten zu nominieren.

Man begrüße GrissKandidatur; eine parteiunabhängige Person sei wichtig, hieß es bei den Pinken, denen der parteipolitische Einfluss auf das höchste Amt im Staat "große Sorgen" bereitet.

Die Neos wollen zwar keine Wahlempfehlung für Griss abgeben ("bei dieser reinen Persönlichkeitswahl kann sich jeder eine eigene Meinung bilden"), sie aber "punktuell" unterstützen – etwa durch Veranstaltungen.

Pinkes Jein, blaues Nein

Neben den Neos hatte sich Griss auch bei den Freiheitlichen einem Hearing gestellt. Mithilfe der Blauen darf sie jedoch eher nicht rechnen. In der aktuellen Ausgabe des FPÖ-Blattes Neue Freie Zeitung schreibt Generalsekretär Herbert Kickl: "Vor allem aber trennt gesellschaftspolitisch uns Freiheitliche doch einiges vom Weltbild der Frau Griss."

Die Freiheitlichen dürften also einen eigenen Kandidaten aufstellen – ebenso wie Grüne, SPÖ und ÖVP, die erst im kommenden Jahr ihre Entscheidungen bekannt geben wollen.

Einen ersten Vorgeschmack auf den Wahlkampf erhielt Griss am Donnerstag rund um den U-Ausschuss: Von allen Seiten kam Kritik, weil die von Griss geleitete Hypo-Untersuchungskommission ihre Gesprächsprotokolle vernichtet hat.

Die Art und Weise der Unmutsäußerungen – und auch der Zeitpunkt – legten dabei die Vermutung nahe, dass auch das Motiv, Griss unmittelbar vor ihrem Wahlkampfstart anzupatzen, eine Rolle gespielt haben könnte.

Die Griss-Kommission führte rund 50 Gespräche mit Hypo-relevanten Personen. Nach Griss’ Angaben habe man "sämtliche Protokolle vernichtet" – und zwar gemäß der Vereinbarungen mit dem Finanzministerium und anderen Institutionen. Das Ministerium widerspricht dieser Darstellung; die Grünen haben zur Aufklärung eine parlamentarische Anfrage zur Protokoll-Vernichtung eingebracht.

Irmgard Griss tritt für die Hofburg an. Das ist zwar mittlerweile keine große Überraschung mehr. Dennoch ist die Coolness, mit der die ehemalige Höchstrichterin das hohe Amt anpeilt, durchaus beeindruckend. Ihre bisherigen Interviews waren gut durchdacht. Das einzige Gefährliche für sie: Dass das ein Frühstart ist, der den Gegnern jede Gelegenheit gibt, sie anzupatzen. Sie hat – vereinbarungsgemäß, wie sie sagt – die Gesprächsprotokolle ihrer Hypo-Untersuchung vernichtet. Empörung! Sie ist kein großer Fan des Untersuchungsausschusses. Skandal! Und, ja, sie kriegt sicher auch eine hohe Beamtenpension. Ihr größtes Problem ist jedoch wahrscheinlich, dass sie keine „echte“ Politikerin ist. Genau das macht sie für viele erst wählbar. Dennoch bringt sie die große Koalition ins Schwitzen. Das wiederum macht einen gemeinsamen rot-schwarzen Kandidaten wahrscheinlicher. Die Hofburg-Wahl wird spannender als gedacht. - Martina Salomon

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