Wien: Feierstimmung vs. lange Gesichter

Schnelle Information mit dem KURIER um 4 – hier am Yppenplatz Yppenplatz, Wahl
Lokalaugenschein: Gelöste Stimmung am Yppenplatz – im Sprengel wählten nur 16,5 Prozent blau. Am Reumannplatz herrschte Ernüchterung

Die Stimmung ist gelöst. Am Yppenplatz in Wien-Ottakring spielt eine Zwei-Mann-Band. Ein internationales Stimmengewirr beherrscht den Platz. Die Sitzplätze vor den Lokalen sind rappelvoll. Man prostet sich mit Bier zu. „Auf den Bundespräsidenten!“ In Ottakring wählten 66 Prozent den Grünen Alexander Van der Bellen.


Josef Rosenzopf sitzt mit Bekannten auf einem Bankerl. „Super ist das!“, sagt er und meint damit den knappen Wahlsieg von Van der Bellen. Warum? „Weil den Hofer will ich nicht.“ Und deshalb, so meint er, wird heute gefeiert. „Überall! Prost!“


Nicht überall. Schauplatzwechsel auf den Reumannplatz in Wien-Favoriten. Hier wählten 54,4 Prozent Van der Bellen. Auch hier ein internationales Stimmengewirr. Frauen mit Kopftuch sitzen auf den Bankerln, daneben ein Obdachloser. Beim Eisgeschäft Tichy herrscht Hochbetrieb. Doch Feierstimmung gibt es hier nicht bei vielen.

„Ich bin enttäuscht“, sagt Christoph Wlodarski. Weder Norbert Hofer noch Van der Bellen seien gute Kandidaten für ihn gewesen. Van der Bellen als Bundespräsident, das bereite im Bauchweh. „Hoffentlich ist er nicht zu radikal grün. Hoffentlich denkt er an die Bedürfnisse der Bevölkerung. Und nicht an die der Parteien und der EU.“
Nicht nur Einheimische beschäftigt das Wahlergebnis. Auch Anton Rüdiger, Tourist aus Berlin, hat den Wahlkampf verfolgt. „Richtig spannend“, meint er. „Demokratie lebt ja vom Wechsel. Das ist schon ein Zeichen gegen die Systemparteien und gegen die Einwanderungspolitik.“


Tanja Lechner und ihre Freunde stechen am Reumannplatz heraus – weil sie sich freuen. „Ich bin zufrieden. Und ich wünsch’ mir, dass der Van der Bellen die FPÖ-Wähler umstimmen kann. Das wäre eine Meisterleistung.“


Zurück nach Ottakring. Dort sitzen Nina und Georg entspannt beim Bier. „Freunde waren am Wochenende bei einer Messe im Ausland und sind schon auf den Hofer angesprochen worden. Das ist unangenehm“, sagen sie.


Ein paar Meter weiter feiert der „Fanclub Demokratie“ (Eigendefinition, Anm.). Eigentlich einen Geburtstag. Aber auch das Wahlergebnis. „Weil der Hofer, der ist kein Europäer.“

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