"Wir tragen an dem Wahnsinn keine Schuld"

Symbolbild
Die Gemeinden fürchten, auf den Kosten der Wahlverschiebung sitzen zu bleiben.

Die Verschiebung der Stichwahl beschert den Österreicherinnen nicht nur den längsten Wahlkampf der jüngeren österreichischen Geschichte. Der neue Termin bringt dem Staat auch zusätzliche Kosten. Hundertausende Stimmzetteln wurden mit dem Datum „2. Oktober“ gedruckt, ebenso die amtliche Wahlinformation und die Wahlkarten. Sie müssen nun ersetzt werden. Aber Druckkosten alleine machen nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Die Finanzprokuratur prüft inzwischen mögliche Regressansprüche gegenüber der Druckerei. In der Zwischenzeit müssen die Gemeinden hoffen, dass der Bund die Rechnungen begleicht.

Bund lässt Briefkästen entleeren

Die Organisation und Finanzierung von Wahlen teilen sich in Österreich im Wesentlichen der Bund und die Gemeinden. Das Innenministerium übernimmt die Bestellung der Stimmzettel, Wahlkarten und amtlichen Wahlinformationen. Diese werden in Paketen an die Gemeindewahlbehörden verschickt. Das Ministerium übernimmt das Porto und bezahlt die Post zusätzlich für die flächendeckende Entleerung von Briefkästen am Samstag vor der Wahl, damit Wahlkarten noch rechtzeitig am Sonntag einlangen. Für die nun verschobene Stichwahl erwartete man im Ministerium Kosten von insgesamt 2,2 Millionen Euro.

Hauptlast bei Gemeinden

Tatsächlich fällt der größte Teil der Ausgaben aber nicht beim Bund an, sondern direkt bei den Gemeinden. 10 bis 12 Millionen Euro hätte der verschobene Wahlgang die Gemeinden voraussichtlich gekostet, sagt Daniel Kosak, der Sprecher des Gemeindebunds.

Zwei Faktoren tragen maßgeblich dazu bei: Zum Einen müssen die Gemeinden das Porto für den Versand der Wahlkarten und der Wahlinformation an die Wähler selbst bezahlen. Zum Anderen haben sie den Personalaufwand für die Wahlabwicklung zu tragen. Das beginnt mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Auflegen der Wählerverzeichnisse, im Zuge dessen Gemeindebedienstete auch am Wochenende anwesend sein müssen. Am Tag der Wahl ist außerdem in jedem der 10.300 Sprengel in Österreich mindestens ein Mitarbeiter für die gesamte Öffnungszeit im Wahllokal anwesend, was teure Sonntagsarbeit und oft Überstunden bedeutet.

Die Kosten für die Wahlbeisitzer sind in der Gesamtzahl gar nicht enthalten, weil sie von Gemeinde zu Gemeinde stark variieren. Manche zahlen den Höchstsatz von 45 Euro, andere, kleine ländliche Gemeinden etwa, gar nichts.

Kostenersatz nicht kostendeckend

Für ihren Aufwand werden die Gemeinden vom Bund zwar entschädigt, der Kostenersatz beträgt derzeit 85 Cent pro Wahlberechtigtem. „Unter normalen Umständen geht sich das aber nie aus“, sagt Gemeindebundsprecher Kosak. Ein Wähler koste den Gemeinden im Schnitt 2,5 Euro, rechnet er vor. Ein Briefwähler sogar 5 Euro. Bei bundesweiten Wahlen bleiben die Gemeinden in der Regel also auf ihren Kosten sitzen.

Die Wiederholung der Stichwahl hätte für die Gemeinden eine Doppelbelastung bedeutet. Innenminister Wolfgang Sobotka habe laut Gemeindebund deshalb auch zugesagt, diesmal die gesamten Kosten der Gemeinden zu übernehmen. Was die Verschiebung der Wahl nun für diesen Deal bedeutet, ist noch unklar. Denn bereits jetzt sind bei den Gemeinden Kosten durch den Versand von Wahlinformationen und Wahlkarten entstanden, die nun obsolet sind. "Wir tragen an dem ganzen Wahnsinn keine Schuld", sagt Daniel Kosak. "Deshalb sehen wir nicht ein, warum wir auf den Kosten sitzenbleiben sollten." Ob die bisherigen Ausgaben nun ebenfalls vom Innenministerium übernommen werden, soll in den kommenden Tagen Thema von Gesprächen sein.

Wie groß der Schaden durch die Wahlverschiebung wirklich ist, wird derzeit evaluiert. „Wir können nicht einschätzen, wie hoch die Kosten sind. Das wäre unseriös", sagt jedenfalls ein Sprecher des Innenministeriums.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikel wurde behauptet, dass der Wahlkartenversand per RSb-Brief erfolgen würde. Dies ist in manchen Fällen zwar richtig. In der Regel erfolgt der Versand aber eingeschrieben.

Kommentare