Leider nicht in der Hofburg

Richard Lugner mit seiner damaligen Gattin Christina
Nur acht von bisher 31 Bewerbern schafften den Weg an die Spitze des Staates.

Eins steht jetzt schon fest. Es wird einen Sieger geben – und mindestens vier Verlierer. Der oder die Siegerin wird in den nächsten sechs Jahren im Rampenlicht stehen, Regierungen angeloben, Orden verleihen, den Opernball beehren. Die Verlierer hingegen treten noch in der Wahlnacht ab und werden dann kaum noch beachtet.

Während Karl Renner als erstes Staatsoberhaupt der Zweiten Republik noch von der Bundesversammlung gewählt wurde, kam es 1951 zur ersten Volkswahl eines Bundespräsidenten. Neben dem siegreichen Wiener Bürgermeister Theodor Körner traten längst vergessene Personen an – nur an den ÖVP-Politiker Heinrich Gleißner gibt es noch Erinnerungen. Er blieb, was er schon vor der Präsidentschaftswahl war: Landeshauptmann von Oberösterreich. Er starb 1984 mit 91 Jahren. Was aber wurde aus den anderen Kandidaten?

Er blieb Präsident

Nun, der Chirurg Burghard Breitner, der 1951 für die FP-Vorgängerpartei "Verband der Unabhängigen" (VdU) antrat, hatte eine etwas schwierige Vergangenheit. Als er 1938 der NSDAP beitreten wollte, konnte er infolge fehlender Dokumente seiner Großmutter den nötigen "Ariernachweis" nicht erbringen. Er wurde schließlich dennoch aufgenommen. Auch Breitner war nach der verlorenen Wahl (15,4 %) Präsident – wenn auch nur des Roten Kreuzes.

Die erste Frau

Gleichzeitig ging Ludovica Hainisch-Marchet als erste Frau bei einer Bundespräsidentenwahl ins Rennen. Doch sie war eindeutig zu früh dran: Die Frauenrechtlerin schaffte 2132 Stimmen (0,05 %) und arbeitete danach wieder als Sprachlehrerin – in neun Sprachen! Sie starb 1993 im Alter von 92 Jahren.Der Kärntner Johannes Ude war der einzige katholische Priester, der sich um das höchste Amt im Staat bewarb. Er schaffte 1951 nur 0,13 % und erregte als "radikaler Pazifist" das Missfallen der Kirche, die ihm nach der missglückten Präsidentenwahl auch noch die Lehrbefugnis entzog. Ude starb 1965 im Alter von 91 Jahren.Auch der kommunistische Gewerkschafter Gottlieb Fiala wollte 1951 Präsident werden, scheiterte aber mit 5,1 Prozent. Er kehrte in den Bundesrat zurück und starb 1970 im Alter von 79 Jahren.

Insgesamt haben sich in der Zweiten Republik bisher 31 Personen (die aktuellen Wahlen nicht mitgerechnet) für das höchste Amt beworben. Präsidenten gab’s aber nur acht. 23 wurden’s also nicht.

Der zweite Chirurg

Nach Körners Tod 1957 wollte die ÖVP Julius Raab aufstellen, der als "Staatsvertragskanzler" unbesiegbar schien. Doch Raab wollte Regierungschef bleiben und zauberte den eher unbekannten Wolfgang Denk – schon wieder ein Chirurg – als gemeinsamen Kandidaten von ÖVP und FPÖ aus dem Hut. Der konnte sich aber gegen SP-Vizekanzler Adolf Schärf nicht durchsetzen und widmete sich nach seiner relativ knappen Niederlage (48,9 %) wie davor schon der Krebsforschung. Er starb 1970 mit 87 Jahren.Sechs Jahre nach der Absage ließ sich Raab als Präsidentschaftskandidat nominieren. Doch da war er, von schwerer Krankheit gezeichnet, nur noch ein Schatten seiner selbst und chancenlos gegen das amtierende Staatsoberhaupt Schärf. Noch dazu hatte die "Europäische Föderalistische Partei" (EFP) mit dem Gendarmerie-General Josef Kimmel einen weiteren Bürgerlichen ins Rennen geschickt, der vier Prozent erreichte. Raab – oft "der große Schweiger" genannt – sagte nach dem Wahlverlust zu seinen Mitarbeitern nur: "Heut haben wir an Schraufen kriagt." Das war sein einziger Kommentar zur Wahl. Raab starb nur acht Monate später mit 72 Jahren.Nach Schärfs Tod 1965 bewarben sich nur zwei Kandidaten um seine Nachfolge: der "schwarze" Ex-Kanzler Alfons Gorbach und Wiens "roter" Bürgermeister Franz Jonas. So knapp wie diese ging keine andere Wahl aus: Jonas erreichte 50,7 und Gorbach 49,3 %. Der Ex-ÖVP-Chef zog sich aus der Politik zurück und starb 1972 mit 73 Jahren.

Die Karriere danach

Während die meisten unterlegenen Präsidentschaftskandidaten sogleich in der Versenkung verschwanden, gibt es Ausnahmen, die die Regel bestätigen: Kurt Waldheim, der 1971 seinem sozialistischen Gegenspieler Franz Jonas bei dessen Wiederwahl unterlag, machte noch eine gewaltige Karriere, er wurde im selben Jahr UNO-Generalsekretär und schaffte es beim zweiten Anlauf auch in Österreich: 1986 wurde Kurt Waldheim – mit weltweit lautem Getöse – zum Bundespräsidenten gewählt.

Bürgermeister

1974 trat Außenminister Rudolf Kirchschläger gegen den "schwarzen" Alois Lugger an und gewann knapp. Lugger blieb danach, was er seit vielen Jahren war: Bürgermeister von Innsbruck. Er starb 2005 mit 93 Jahren.

Leider nicht in der Hofburg

Bei seiner Wiederwahl 1980 hatte Kirchschläger zwei Herausforderer: den FP-nahen Botschafter Wilfried Gredler (17 %) und den rechtsextremen Norbert Burger (3 %). Kirchschläger hatte bei dieser Wahl mit 80 Prozent die größte Zustimmung, die ein Bundespräsident bis dahin erreichte. Nur Heinz Fischer war bei seiner Wiederwahl 2010 fast ebenso erfolgreich.

Neben Waldheim zog es 1986 drei Kandidaten in die Hofburg, die aber trotz der internationalen "Campaign" keine Chance hatten: der SP-Gesundheitsminister Kurt Steyrer (43,7%), die Grüne Freda Meissner-Blau (5,5 %) und der rechtsnationale FP-Neurologe Otto Scrinzi (1 %).

Weich gefallen

Waldheim trat 1992 nicht noch einmal an. Favorit war jetzt Verkehrsminister Rudolf Streicher, der jedoch dem fast unbekannten Diplomaten Thomas Klestil unterlag. Rudolf Streicher zählt zu den geschlagenen Bewerbern, die "weich gefallen" sind. Er wurde nach verlorener Wahl Generaldirektor der Steyr-Daimler-Puch AG und ÖIAG-Vorstandsvorsitzender. 1992 wollten auch der Zukunftsforscher Robert Jungk und die 3. Nationalratspräsidentin Heide Schmidt die Nr. 1 im Staat werden. Schmidt war übrigens die einzige Politikerin, die für zwei Parteien antrat: 1992 für die FPÖ (16,4 %) und 1998 für das Liberale Forum (11,14 %). Jungk starb 1994 im Alter von 81 Jahren.

Leider nicht in der Hofburg

Beim zweiten Mal stand Heide Schmidt wieder Klestil – bei dessen Wiederwahl – gegenüber, hatte aber auch die evangelische Superintendentin Gertraud Knoll (14 %) und den unabhängigen Kandidaten Karl Walter Nowak ("Die Neutralen", 1,9 %) als Konkurrenten. Knoll wurde nach ihrer Niederlage SPÖ-Abgeordnete und ist heute mit dem früheren Finanzminister Ferdinand Lacina verheiratet. Nowak arbeitet als Kommunikationstrainer.

Beruf: Hausfrau

2004 konnten die Sozialdemokraten mit Heinz Fischer die Hofburg zurückerobern. Seine Gegenkandidatin, Ex-Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, war nach der verlorenen Wahl (47,6 %) EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und sitzt heute im Aufsichtsrat einer Versicherung.Bei Fischers Wiederwahl im Jahr 2010 unterlagen FP-Rechtsaußenpolitikerin Barbara Rosenkranz (15,2 %) und Rudolf Gehring von den "Christlichen" (5,4 %). Gehring ist heute als Hausverwalter tätig; Rosenkranz gibt als Beruf "Hausfrau" an.Ach ja, dass ich’s nicht vergesse: 1998 trat auch Richard Lugner an und musste sich mit 10 % der Stimmen begnügen. "Warum", frage ich den Baumeister, "tut man sich einen Wahlkampf an, wenn man keine Chance hat?""Ich wusste damals nicht, dass ich vier Gegenkandidaten haben würde und rechnete damit, von Klestils privaten Problemen profitieren zu können. Das war halt nicht so."Ob er heuer wieder antritt, will der 83-jährige diese Woche entscheiden, "sobald es seriöse Umfragen gibt. Diesmal", sagt er, "mach ich’s nur, wenn ich gewinnen kann".

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