Bürgermeister kommt auch zu Hause in Wien unter Druck

Häupl, Faymann auf der 1. Mai-Tribüne
Landet Häupl noch einen Super-Coup? Oder muss er selbst bald als Bürgermeister abtreten?

Seit am Montag der Rücktritt von Kanzler Werner Faymann bekannt ist, werden aus dem Kreis der Rathaus-Roten geheimnisvolle Andeutungen gemacht: Von einem "dritten Kandidaten", von einer "Überraschung" ist da die Rede. Bei Nachfrage wird erzählt, es sei die Suche nach "einer Frau aus der Wirtschaft mit internationaler Erfahrung" im Gang. Demnach könnte Bürgermeister Michael Häupl, der zurzeit immerhin geschäftsführender SPÖ-Bundesparteichef ist, noch eine Überraschungskandidatin für das Amt der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden vorschlagen. Häupl selbst nährt solche Ideen mit Andeutungen wie: "Wir sind gerade im Stadium der Verpuppung. Wenn wir fertig sind, schlüpft ein schöner Schmetterling aus der Puppe."

Wer eine solche Wunder-Frau sein könnte, dazu gibt es keinerlei Hinweise. Nur strategische Überlegungen sind zu hören: In spätestens zwei Jahren würde die neue Kanzlerin in einem Wahlkampf stehen. Da gebe es als Konkurrenten auf der einen Seite Sebastian Kurz, modern, beliebt, aber trotz Außenministerium noch relativ unerfahren und jung. Auf der anderen Seite stünde Heinz Christian Strache, ein schon etwas älterer, angriffiger Männertyp. "Da bliebe für eine Frau, die bewiesen hat, dass sie ein Unternehmen führen kann, ein breites Wählerspektrum", lautet die Analyse aus Wiener Sozialdemokraten-Kreisen.

Wie Häupl die in der SPÖ bereits weit gediehene Festlegung auf ÖBB-Chef Christian Kern umdrehen solle, wird so beantwortet: Die Festlegungen würden obsolet sein, wenn eine neue, dritte Bewerberin aufs Spielfeld käme. Denn derzeit würden sich die Länder ja nur zwischen Kern und Gerhard Zeiler entscheiden.

Wie ernsthaft solche in Wiens SPÖ kolportierte Szenarien sind, lässt sich nicht einschätzen. Es könnte sich auch um Wunschdenken handeln. Denn der Bürgermeister war schon in den vergangenen Wochen, als es um die Faymann-Ablöse ging, auch für enge Weggefährten eine Sphinx.

SPÖ-Insider meinen, dass die Partei nicht zur Ruhe kommen werde, solange Häupl die Nachfolge-Frage in Wien nicht klärt. Wie für jedermann sichtbar wurde, ist die SPÖ-Wien zweigeteilt – in die weltstädtischen Innenstadt-Bezirke und die unter massivem Konkurrenzdruck durch die FPÖ ächzenden Außenbezirke. Diese Zweiteilung macht die SPÖ-Wien und deren Chef manövrierunfähig, weil kein Teil stark genug ist, um den Ton anzugeben.

Die Außenbezirke haben mit Faymanns Abgang den Leitwolf verloren, ihre stärksten Exponenten sind nun Nationalratspräsidentin Doris Bures und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Auf der anderen Seite des Spektrums steht eine Frauenriege aus Sonja Wehsely, Sandra Frauenbergerund Renate Brauner.Letztere, Wiens Wirtschafts- und Finanzchefin, wurde am 1. Mai von den Jung-Sozis frenetisch gefeiert.

Bisher konnte sich Häupl über den beiden Teilen halten, nun ist er angeschlagen. Ein Szene-Kenner: "Es könnte ihm die Regelung seiner eigenen Nachfolge genauso aus der Hand genommen werden, wie ihm die Obmann-Debatte im Bund entglitten ist." Dann wird bald der neue Bundesparteichef Kern in Wien ein gewichtiges Wort mitreden.

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