Wahlkarten-Anträge mit falscher Passnummer möglich

Wahlkarte (Archivbild)
In Vorarlberg, Niederösterreich, Linz und Salzburg. Verfassungsrechtler: "Womöglich ist das wieder ein Anfechtungsgrund."

Die Wahlkarten - die Grund für die Verschiebung der Stichwahl-Wiederholung von Oktober auf Dezember waren - sorgen einen Monat vor der Wahl wieder für Aufregung: NZZ.at und Salzburger Nachrichten haben festgestellt, dass in Vorarlberg, Niederösterreich, Linz und der Stadt Salzburg Anträge mit falscher Passnummer möglich sind. Das Innenministerium verweist auf die Zuständigkeit der Gemeinden.

In Vorarlberg kann jeder, der Namen und Geburtsdatum eines Wahlberechtigten weiß, eine Wahlkarte für diesen beantragen. Denn die Sicherheitskontrolle - also die Identifizierung - greift nicht, es kann auch eine falsche Passnummer eingetragen werden, stellte die Onlinezeitung NZZ.at fest. Die Salzburger Nachrichten versuchten es auch in anderen Bundesländern und stellten fest, dass in Linz, der Stadt Salzburg und Niederösterreich ebenfalls jeder die Wahlkarte einer anderen Person beantragen kann.

Wahlkarten-Anträge mit falscher Passnummer möglich
ABD0002_20160406 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - THEMENBILD - Stimmzettel und Wahlkarte für den zweiten Wahlgang für die Wahl des Bundespräsidenten fotografiert am Dienstag, 05. April 2016, in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Wahlkarten werden allerdings - wenn man sie nicht mit elektronischer Signatur bestellt - nur eingeschrieben zugestellt. Das betonte auch das Innenministerium, das auch anmerkte, dass für die Identitätsüberprüfung die Gemeinden zuständig seien. Sie stellen die Wahlkarten aus und sie hätten die Daten dabei zu prüfen. LautNZZ.at kontrollieren die Gemeinden in Vorarlberg aber nur stichprobenartig.
Wahlkarten-Anträge mit falscher Passnummer möglich
ABD0047_20160523 - SALZBURG - ÖSTERREICH: Auszählung der Wahlkarten am Montag, 23. Mai 2016, im Magistrat Salzburg. Erst nach Auszählung der rund 740.000 Wahlkarten entscheidet sich wer neuer Bundespräsident werden wird. - FOTO: APA/NEUMAYR/MMV
Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ist lautSN erstaunt: "Eigentlich dürfte man beim Antrag nicht mit einer falschen Nummer durchkommen." Der VfGH habe bei derAufhebung der Stichwahl vom Maischon hervorgestrichen, wie wichtig die Identitätssicherung bei der Briefwahl sei. Im schlimmsten Fall wäre eine solche Sicherheitslücke "womöglich wieder ein Anfechtungsgrund".

Funk bemängelte auch, dass bei den Wahlkartenanträgen - die jeweils direkt bei der Gemeinde zu stellen sind und auch unterschiedlich aussehen - unterschiedliche Sicherheitshürden eingebaut seien. So müsse in Salzburg nicht einmal ein Grund für den Antrag angegeben werden - obwohl man nur bei triftigem Grund (Abwesenheit, Erkrankung, Gehunfähigkeit) Recht auf eine Wahlkarte hat.

Wahlkarten-Anträge mit falscher Passnummer möglich
Chronologie seit der für ungültig erklärten Stichwahl am 22. Mai, Zeichnung einer Wahlkarte GRAFIK 1018-16, 88 x 132 mm

Am Sonntag in vier Wochen wählt Österreich (höchstwahrscheinlich) den neuen Bundespräsidenten. Vier Wahltermine gab es schon, einer - der ursprünglich für die Stichwahl-Wiederholung vorgesehene 2. Oktober - wurde wegen Kleberproblemen abgesagt. Rund siebeneinhalb Monate nach dem ersten Wahlgang sollte der 4. Dezember die Entscheidung bringen, wer Heinz Fischer in der Hofburg nachfolgt.

Auf den - schon längst gedruckten - Stimmzetteln stehen auch bei der vom Verfassungsgerichtshof angeordneten Wiederholung der Stichwahl der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) und Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. Zum dritten Mal sind sie jetzt schon im Intensiv-Wahlkampfmodus. Mit "So wahr mir Gott helfe"-Plakaten hat es Hofer auch im vierten Aufguss der Wahlkampagne (der dritte wurde nach der Verschiebung abgebrochen) immerhin schon geschafft, Aufmerksamkeit (aber auch Ärger) zu erregen. Van der Bellen gibt sich wieder ausgleichend-staatsmännisch, er werde "Österreich dienen - und keiner Partei", verspricht er auf den neuen Plakaten Einsatz "Für das Ansehen Österreichs in der Welt".

Noch einmal müssen es die beiden Kandidaten schaffen, nicht nur Wähler der eigenen Partei an die Urnen zu bekommen, sondern auch über die Parteigrenzen hinweg zu punkten. Wahlempfehlungen sind aus der Mode - wobei viele SPÖ- und NEOS-Vertreter von der Spitze abwärts, aber auch Irmgard Griss kein Hehl daraus machen, dass Van der Bellen ihre Stimme bekommt. Die ÖVP-Spitze vermied bisher jede Festlegung.

Die Kandidaten von SPÖ und ÖVP, Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol, sind im ersten Wahlgang ebenso - und noch viel deutlicher - gescheitert wie die frühere OGH-Präsidentin Griss und Richard Lugner. Wären für die Einzug nicht mindestens 50 Prozent plus eine Stimme eines Wahlganges nötig, säße Norbert Hofer bereits in der Hofburg. Denn er ging aus der ersten Abstimmung am 24. April als Erster hervor, mit deutlichem Vorsprung vor Van der Bellen: 1,499.971 Stimmen brachte der FPÖ-Kandidat ins Ziel, das waren um 586.753 bzw. 13,71 Prozentpunkte mehr als Van der Bellens 913.218.

In der Stichwahl am 22. Mai hielt sich Hofer (mit 144.006 Stimmen Vorsprung) zunächst noch vorne - im vorläufigen Endergebnis, das am Wahlabend verkündet wurde. Mit den am Montag ausgezählten Briefwahlstimmen war aber letztlich Van der Bellen Sieger, mit 2,251.517 Stimmen und 50,35 Prozent. Die FPÖ focht daraufhin die Wahl beim VfGH an, der - vor allem wegen Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl-Auszählung - erstmals eine ganze Bundeswahl aufhob.

Somit konnte bei Fischers Verabschiedung am 8. Juli kein neuer Bundespräsident angelobt werden. Stattdessen wurde einer neuer Wahltermin fixiert, der 2. Oktober - der nach Problemen mit der Verklebung der Wahlkarten auf den 4. Dezember verschoben wurde. Bis zur Angelobung des neuen Bundespräsidenten am 26. Jänner nehmen die drei Nationalratspräsidenten gemeinsam die Agenden des Staatsoberhauptes wahr.

Der 26. Jänner hält freilich nur, wenn nicht auch die Wiederholungswahl noch einmal angefochten und aufgehoben wird. Um dies zu verhindern, unternimmt das Innenministerium alles, um Fehler zu vermeiden. Bei den Wahlkarten griff man wieder auf die "alten", unkomplizierten (nicht verklebten) Modelle zurück, Anrufe bei der Wahl-Hotline im Ministerium werden aufgezeichnet, die Wahlbeisitzer intensiv auch mit einem E-Learning-Tool geschult. Um die mittlerweile 16 Jahre alt gewordenen Österreicher nicht auszuschließen, wurden angesichts des langen Zeitraumes zwischen erstem und jetzigem Wahlgang die Wählerverzeichnisse ausnahmsweise aktualisiert.

Angesichts der Beanstandungen des VfGH soll auch das Wahlrecht geändert werden. Über eine größere Reform wird noch verhandelt, aber mit einer kleinen Novelle - die nächste Woche im Nationalrat beschlossen wird - wird zumindest ein Zentrales Wählerregister eingerichtet. Damit sollen doppelte Stimmabgaben oder die Wahlteilnahme noch nicht 16-Jähriger verhindert werden. Und es wird gesetzlich klargestellt, dass nicht nur der Bezirkswahlleiter selbst die Wahlkuverts der Briefwahlkarten am Montag nach der Wahl öffnen darf, sondern Hilfsorgane ihn dabei unterstützen dürfen.

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