Blau gibt Eurofighter-Blockade auf

Schon Mitte Mai könnte es die erste Sitzung des zweiten Eurofighter-U-Ausschusses geben.
Peter Pilz gewinnt Poker und paktiert mit Heinz-Christian Strache: Start mit Aufklärung des Darabos-Deals. Die FPÖ ist für einen Ausschuss und will ab Mittwoch mit den Grünen verhandeln.

Mehr als 120 Minuten dauerte die streng geheime Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates. Dann fühlte sich zumindest einer am Ziel. SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil brachte den "nationalen Schulterschluss" zustande. Einstimmig wurde die Strafanzeige des Verteidigungsministeriums wegen Betrugs gegen Eurofighter-Anbieter Airbus von den Mitgliedern des Gremiums unterstützt.

Eine andere Hauptfigur in der Eurofighter-Causa war da noch nicht am Ziel: der grüne Aufdecker Peter Pilz. Sein Wunsch, den Minderheitsantrag für die Neuauflage des Eurofighter U-Ausschusses spätestens am 2. März im Parlament einzubringen, drohte an der Blockade von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu scheitern.

Kaffee mit Strache

Tagelang hatten sich Strache und Pilz ein mediales Gefecht um den U-Ausschuss geliefert. Als Gegner kamen die beiden zur Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates – aber sie verließen überraschend gut gelaunt das Kanzleramt. "Wir gingen auf einen Kaffee. Es war viel Milchschaum dabei", schildert Pilz die Atmosphäre. "Ich warte seit einer Woche darauf, dass Pilz zu einem Gespräch zu mir kommt. Schade, dass es solange gedauert hat", meinte Strache.

Im Parlamentsklub der Blauen trafen sich Strache und Pilz bei einer Tasse Melange zur Pokerrunde um den U-Ausschuss. Im Vieraugengespräch scheint Pilz ein taktisches Ass aus dem Ärmel gezogen zu haben. Das grüne Urgestein köderte den FPÖ-Chef, indem er anbot, den U-Ausschuss mit den Vergleichsverhandlungen zwischen Ex-SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos und EADS zu starten. Ein genialer Schachzug von Pilz. Für Strache ist das Jahr 2007 der "Dreh- und Angelpunkt", weil der erste Eurofighter-U-Ausschuss damals von Darabos "abgedreht wurde". "Hier gilt es anzusetzen und die Hintergründe der Vergleichsverhandlungen mit dem Hersteller EADS zu beleuchten", so Strache zum KURIER.

"Das wird keine Liebesheirat. Es geht um die Verantwortung"

Damit war Pilz am Ziel. Die Weichen für den U-Ausschuss sind die gestellt. "Das wird keine Liebesheirat. Es geht um die Verantwortung", kommentiert Strache die ungewöhnliche Allianz. Mit diesem Zeitplan kann Strache leben. Denn die für die FPÖ brisanten Jahre 2001/2002, wo unter der der schwarz-blauen Regierung die Typenentscheidung für den Eurofighter fiel, werden erst Monate nach dem Start im U-Ausschuss behandelt. Es ist ein ungeschriebenes U-Ausschuss-Gesetz: Beim Auftakt ist das Interesse groß, dann flaut es rapide ab. Möglicherweise muss das Gremium auch wegen Neuwahlen unterbrochen werden.

Strache und Pilz argumentieren ihre Strategie allerdings mit einem juristischen Faktum. "Es geht um die Verjährungsfrist", so Strache. Und auch Pilz meint: "Wir müssen herausfinden, waren unsere Beamten und Politiker so dumm bei der Vergleichsverhandlungen waren, oder haben sie bei der Täuschung mitgeholfen".

Wenn Korruption im Spiel war, dann meint Pilz, muss man dieses Zeitfenster nutzen und noch "Anzeigen wegen Bestechlichkeit einzubringen." Die schwarz-blauen Jahre 2001 bis 2006 sind strafrechtlich verjährt.

FPÖ wird mit Grünen verhandeln

Im FPÖ-Klub wurde am späten Nachmittag der einstimmige Beschluss gefasst, ein vierköpfiges Verhandlungsteam einzusetzen, erklärte Strache in der folgenden Pressekonferenz. Diesem Team werden u.a. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl und der nö. Landesobmann Walter Rosenkranz angehören.

Bereits ab Mitwoch sollen Verhandlungen mit den Grünen stattfinden. Die Chancen stünden gut, "dass man auf einen grünen Zweig miteinander kommen kann", sagte Herbert Kickl. Strache will dabei eine "Peter-Pilz-Ego-Show" verhindern. Dieser Verdacht sei zurecht im Raum gestanden, weil der Grün-Mandatar seiner Einladung eine Woche lang nicht gefolgt sei. Die FPÖ hatte eine Zustimmung zu einer zweiten parlamentarischen Untersuchung unter anderem von neuen Fakten in der Causa abhängig gemacht. Diese liegen laut Strache nun vor. "Leider hat das eine Woche gedauert" und einer "erzieherischen Aufgabe" seitens der FPÖ bedurft, sagte Strache.

Strache über mögliche Ergebnisse eines nun wahrscheinlichen U-Ausschusses: "Ich freue mich über jede Leiche im Keller - und ich bin überzeugt, da wird keine freiheitliche liegen."

15 statt 18

Zur Erinnerung: Darabos reduzierte die Zahl der zu beschaffenden Eurofighter von 18 auf 15. Statt der modernen Tranche 2-Abfangjäger wurden 2007 Tranche 1-Flugzeuge gekauft.

Knapp zwei Milliarden kosteten die ursprünglichen 18 Eurofighter im Jahr 2003, vier Milliarden Euro an Gegengeschäften – also 200 Prozent – wurden von Schwarz-Blau unter Kanzler Wolfgang Schüssel vereinbart. Eine „Trägerrakete für Korruption“, wie Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sagt.

Nachdem die Gegengeschäfte immer mehr in Verruf geraten, spielt Eurofighter-Hersteller Airbus nun den Ball an Österreich zurück. Nicht der Konzern, sondern die Republik Österreich habe von Beginn die Gegengeschäfte gefordert. Das ursprüngliche Volumen von 200 Prozent sei im Rüstungsgeschäft „international einmalig“, so Airbus. Nach Österreich komme Indien mit 30 Prozent. Und weiter: „Airbus begrüßt jegliche Initiativen, die Gegengeschäfte als Teil von Beschaffungsvorhaben überflüssig machen.“

In dieser Frage sind Airbus und Doskozil ausnahmsweise einer Meinung. Nach Kritik des Rechnungshofes an den Gegengeschäften, sagt jetzt auch Doskozil, er hoffe, künftig ohne Gegengeschäfte und Rüstungs-Lobbyisten auszukommen.

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