Bifie-Direktoren kommen Rauswurf durch Ministerin zuvor

Heinisch-Hosek: Als Beamten-Ministerin stark, als Bildungs-Ministerin sehr schwach
Nach Datenleck und Zentralmatura-Misere: Die Bildungsministerin zog strukturelle und personelle Konsequenzen.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) dürfte gestern Klartext gesprochen haben – zumindest, was das Bildungsinstitut (bifie) und das Schlamassel rund um die Zentralmatura betrifft. Nach einem Treffen mit der Ressortleiterin treten dessen Direktoren, Martin Netzer auf einem schwarzen und Christian Wiesner auf einem roten Ticket, bis Ende Juli zurück, berichtet der Standard.

Bifie-Direktoren kommen Rauswurf durch Ministerin zuvor
APA12141672 - 02042013 - WIEN - ÖSTERREICH: Die neuen Direktoren des BIFIE (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens) Martin Netzer (l.) und Christian Wiesner am Dienstag, 2. April 2013, im Rahmen einer PK in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Eine Stellungnahme seitens der Ministerin gab es am Mittwochabend, nachdem die Entscheidung bekannt geworden war, nicht - offiziell wird sich die Ressortchefin am Donnerstag in einer Pressekonferenz zu der Causa äußern. Heinisch, der einst viel Lob für ihre Arbeit als Beamtenministerin gezollt wurde, eilt seit Monaten von einer Krise zu anderen – ohne eine einzige gelöst zu haben.

bifie Das ausgegliederte Bildungsinstitut war für ein ominöses Datenleck verantwortlich, das Heinisch zum Stopp aller internationaler Vergleichstests veranlasste.

Zentralmatura Die Generalprobe für die neue Reifeprüfung war ein Reinfall: Zuerst wurde der Benotungsschlüssel ohne Not verändert. Dann der Bauchfleck in Mathe, wo an fünf Schulen nur acht statt 24 Aufgaben in den Kuverts waren. Ein Skandal war die Deutsch-Matura: Als literarischer Text wurde die Parabel eines NS-Sympathisanten gewählt. Das bifie musste sich für die Textauswahl entschuldigen.

Neue Mittelschule NMS Auch hier ein Flop: Obwohl ein Schüler an einer NMS fast das Doppelte kostet wie an einer AHS, sind die Leistungen nicht besser als die von Hauptschülern. Die NMS krankt daran, dass es ein zu enges Korsett an Vorschriften gibt. Lehrer-, Stunden-, und Ressourceneinteilung sind genau so vorgegeben wie die Notengebung.

Autonomie Heißt das Zauberwort. Heinisch-Hosek hat angekündigt, dass sie ein Autonomiepaket schnüren will, doch bei der Ankündigung dürfte es bleiben. Denn Autonomie hieße, dass SPÖ und ÖVP weniger Einfluss auf Postenbesetzungen hätten. Und es würde ein Arbeitsmarkt für Lehrer entstehen, wo Schulen Lehrer gezielt anwerben – und feuern – könnten.

Ganztagsschulen Ursprünglich sollten 160 Millionen Euro pro Jahr in den Ausbau investiert werden, mittlerweile sind es nur wenige Millionen. Über die Qualität wird erst gar nicht diskutiert.

Modulare Oberstufe Soll ab 2017 an allen AHS und BHS eingeführt werden. Das Konzept dazu ist wenig ausgereift. Der nächste Bauchfleck ist der Ministerin also gewiss.

Innerhalb der SPÖ ist Heinisch unter Druck, ihr Job wackelt dem Vernehmen nach derzeit aber nicht.

Der Wiener Stadtschulrat beendet nun endgültig die Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) beim Wiener Lesetest. "Ich kann nicht mehr sagen, dass ich dem Bifie vertraue", so Präsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) zur APA. "Da ist einfach zu viel passiert". Die Ergebnisse des heurigen Tests erhalten nur noch die Schüler, eine Gesamtauswertung wird es nicht mehr geben.

Beim Wiener Lesetest werden jährlich alle Schüler der 4. Klasse Volksschule sowie 4. Klasse AHS-Unterstufe/Hauptschule/Neue Mittelschule auf ihre Lesefähigkeit getestet. Wer schlecht abschneidet, wird im nächsten Jahr noch einmal abgeprüft. Der heurige Test wurde bereits im Jänner durchgeführt.

Nicht nur bei der Zentralmatura habe es Pannen und Mängel seitens des Bifie gegeben, begründete Brandsteidl: So seien etwa beim Lesetest die Testhefte für die fünfte Schulstufe nicht rechtzeitig gedruckt worden, Namen und Klassenzuordnungen wären falsch gewesen. Den Test selbst soll es laut Brandsteidl weiterhin geben. Man überlege sich nun eine Redimensionierung des Konzepts und suche einen neuen Partner.

Nach den Pannenserie bei der Zentralmatura stehen die Verantwortlichen für den ehemaligen Direktor des Bundesforschungsinstitutes für Bildungsforschung (Bifie), Günther Haider, fest: der für die Zentralmatura zuständige Direktor des Bifie, Martin Netzer, aber auch die Bildungsministerinnen seien politisch gesamtverantwortlich: "Natürlich haben die Ministerinnen Schmied und Heinisch-Hosek die Gesamtverantwortung für den Schlamassel - ganz ohne Zweifel", sagte er am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal.

Und er führt weiter aus: "Dass man jetzt als Ministerin so tut, als wäre das Bifie irgendeine Firma, für die sie keine Verantwortung trägt und die man bei Pannen bequem als externen Sündenbock verwenden kann - das ist eine glatte Täuschung der Öffentlichkeit."

Haider macht auch den "Besetzungsproporz" für die Entwicklungen am Bifie verantwortlich. Es räche sich, dass bei Netzers Bestellung "in erster Linie parteipolitische Gründe ausschlaggebend" gewesen seien. "Man müsste versuchen, den politischen Einfluss herauszuhalten und entsprechend qualifizierte Manager an die Spitze zu berufen, damit diese Pleiten-, Pech- und Pannenserie dort aufhört," betont er. Netzer war zuvor Kabinettschef von Ex-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und im Bildungsministerium in verschiedenen Funktionen tätig.

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