Marin: "Früher die Wohnung, heute die Frühpension"

Marin: "Früher die Wohnung, heute die Frühpension"
Experte Bernd Marin übt harsche Kritik am frühen Pensionsantritt, vor allem bei Beamten und speziell in Wien.

Ich bin ja schon froh, dass es nicht der 1. April ist." Mit Sarkasmus kommentiert Österreichs führender Pensionsexperte, Bernd Marin, das magere Ergebnis der Regierungsklausur bei den Pensionen. Es erschöpft sich in einem "Evaluierungstermin" am 29. Februar 2016.

Marin sagt, bei den Pensionen wären "Milliarden für eine bessere Alterssicherung zu holen, ohne jemandem wirklich weh zu tun". Er empfiehlt der Regierung, bei den Pensionen die gleiche Vorgangsweise wie bei der Steuerreform zu wählen: "Die Regierung sollte mit Fachleuten ein Gesamtpaket schnüren, anstatt immer wieder völlig sinnlos Einzelmaßnahmen zu zerpflücken."

In dem Paket sollte eine frühere Angleichung des Frauenpensionsalters an das der Männer enthalten sein; dafür sollte es für die Frauen "weitreichende Gleichstellungs- und Kinderbetreuungsmaßnahmen" geben. Ebenso würde in das Pensionspaket das Bonus-Malus-System für Betriebe zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer gehören. Marin: "Was nicht geht, ist, dass die Wirtschaft sagt: ,Absolut nichts geht.‘"

Auf Kosten aller

Marin empfiehlt, sich internationale Beispiele anzusehen und den Unternehmervertretern zu sagen: "Ihr könnt mitentscheiden, welches Modell ihr anwenden wollt, aber wirken muss es – und praktikabel muss es sein."

Hart ins Gericht geht Marin mit dem Vorruhestand im öffentlichen Dienst, der "nicht dem kalten Wind globaler Konkurrenz ausgesetzt ist". Trotzdem gehen zum Beispiel 98,9 % der OÖ-Landeslehrer und 99,5 % der Postler in Frühpension. Marin: "Wiener Gemeindebediensteten, die im zarten Alter von 53 gesundheitsbedingt wegen Burn-outs in Frühpension gehen, werden zehn Jahre zur ruhegenussfähigen Dienstzeit zugerechnet. Wer mit 53 die gleiche Pension kriegt wie mit 63 wird da nicht gehen? Da wird Klientel bedient. Was früher Wohnung oder Job waren, ist heute die Frühpension im geschützten Sektor. Auf Kosten aller." Marin hat einen Rat für Finanzminister Hans Jörg Schelling: "Wenn sich der Finanzminister auch hier was traut, könnte er all jene Dienstposten, die vorzeitig verlassen werden, bis zum regulären Ablauf der Dienstzeit unbesetzt lassen. Dann hört sich der Spuk sofort auf."

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