Bei der Pflege im Heim schnappt die Vermögensfalle gnadenlos zu

Bei der Pflege im Heim schnappt die Vermögensfalle gnadenlos zu
Die ÖVP ist gegen die Abschaffung, die SPÖ lässt nicht locker, drängt zusätzlich auf höheres Pflegegeld.

Die Wunden der Verhandlungen zum neuen Koalitionspakt sind noch nicht verheilt. Vieles blieb beim fünftägigen Gefeilsche auf der Strecke. Forderungen und Provokationen tauchen deshalb schon wieder auf – etwa aus dem Innenressort.

Selbst ganz große Vorhaben aus Christian Kerns "Plan A" für Österreich sucht man im neuen Koalitionspakt vergeblich. Der Bundeskanzler hatte bei seiner Grundsatzrede in Wels für den Wunsch nach Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, um daraus die Abschaffung des Eigenregresses in der Pflege finanzieren zu können, den größten Applaus bekommen.

In einem dem KURIER vorliegenden Papier, das einen Zwischenstand aus den letztwöchigen SP-VP-Verhandlungen festhält, kommt das Thema noch prominent vor. Freilich mit einem nicht einzulösenden, fast zynischen Zusatz: "ÖVP stimmt Abschaffung des Eigenregresses zu, aber erst, wenn Budgetüberschuss erreicht wird, ist nach wie vor gegen neue Steuern."

Kein Wunder, dass der Eigenregress im finalen Text durch Abwesenheit glänzt. Ein Budgetüberschuss ist auf viele Jahre nicht in Sicht.

Dabei blieb mit dem Pflegeregress eine wirklich hochsensible Materie liegen. Rund 460.000 Menschen in Österreich sind pflegebedürftig, Tendenz stark steigend. Rund 75.000 sind in Pflegeheimen untergebracht – sie und ihre Ehepartner und Erben sind von heftigen Vermögenseinbußen bedroht. Kern sieht die Gefahr einer "hundertprozentigen Erbschaftssteuer".

Leicht Tausende Euro Die Heimplätze kosten je nach Bundesland, Ausstattung, privat oder öffentlich, je nach medizinischer Versorgung ganz unterschiedlich. Im Einzelzimmer mit Schwerstpflege kommen leicht mehrere Tausend Euro im Monat zusammen. Das deckt keine Pension, kein Pflegegeld ab.

Zur Finanzierung des Heimplatzes greifen die Länder deshalb relativ rücksichtslos auf das Vermögen der Betroffenen ("Eigenregress") zurück. Nur der sofortige Zugriff auf das Einkommen der Kinder wurde abgeschafft.

Ehepartner zahlt mit

Sonst gilt: Wenn der Pflegebedürftige im Heim eigenes Vermögen hat oder es vererbt, verschenkt bzw. der Ehepartner alles besitzt, holt sich das Land von dort die Heimkosten zurück.

Bei der Pflege im Heim schnappt die Vermögensfalle gnadenlos zu
Selbst wer beispielsweise zwei Jahre vor der Übersiedlung ins Heim sein Vermögen vererbt, verschenkt oder alles auf den Ehepartner überschreiben lässt, schaut durch die Finger. Denn die Länder greifen querbeet drei bis fünf Jahre rückwirkend auf das Vermögen zu, in manchen Fällen sogar zehn Jahre zurück (siehe Tabelle).

Zwar gibt es Fristen, Freibeträge, Sonderbestimmungen. Was bleibt ist aber: Bei teuren Heimplätzen kann das Ersparte in wenigen Jahren oder gar Monaten aufgebraucht sein. Sozialminister Alois Stöger sagt zum KURIER: "Ich bedauere, dass die Abschaffung des Pflegeregresses mit der ÖVP nicht umsetzbar war. Aber das Thema bleibt selbstverständlich auf unserer politischen Wunschliste."

Kosten würde die Abschaffung des Eigenregresses den Staat rund 170 Millionen Euro pro Jahr. Auch die Valorisierung des Pflegegeldes, also die jährliche Erhöhung um die Inflation, scheiterte an der Gegenfinanzierung – 570 Millionen für 5 Jahre. Stöger: "Im nächsten Regierungsprogramm muss das unbedingt kommen. Das Pflegegeld hat seit seiner Einführung 1993 rund 25 Prozent an Wert verloren."

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