Ausländer raus, Burgenländer rein?
Nicht nur innerhalb der Koalition sorgen die jüngsten Vorschläge von Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl für Aufregung. Auch EU-Rechtsexperten wundern sich über das Vorhaben des Burgenländers.
Niessl hatte im KURIER gefordert, die europaweite Personenfreizügigkeit einzuschränken – etwa mittels EU-Notfallsklausel für den Arbeitsmarkt. Gelten solle das, so Niessl, für Bereiche, "in denen die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist". Als Beispiele nannte er das "Bau- und Baunebengewerbe".
Gibt es im Vergleich im Burgenland mehr Arbeitslose als im Rest Österreichs?
Laut Zahlen des Arbeitsmarktservice Burgenland waren im Jänner 2016 rund 13,1 Prozent arbeitslos gemeldet (Daten nicht saisonal bereinigt). Im Bundesdurchschnitt sind es nur 10,9 Prozent, in Wien aber mit 15,2 Prozent deutlich mehr.
Rund 22,7 Prozent der unselbstständig Erwerbstätigen im Burgenland sind Ausländer – woher kommen diese?
Für den Jänner 2016 weist das AMS Burgenland 19.530 unselbstständig erwerbstätige Ausländer aus. Die größte Gruppe sind demnach Ungarn mit rund 12.600 Erwerbstätigen, weit dahinter sind die Slowaken mit 1160 und Deutsche mit 850 Arbeitnehmern. Knapp dahinter sind Rumänen und Polen. Nicht-EU-Ausländer machen nur einen kleinen Teil der Erwerbstätigen aus.
Aber wenn es ein Problem am Arbeitsmarkt gibt, kann man dann nicht einfach die EU-Notfallsklausel aktivieren und den Arbeitsmarkt-Zugang für EU-Ausländer beschränken?
Landeschef Niessl will die Personenfreizügigkeit einschränken. Dabei handelt es sich um eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union (freier Dienstleistungsverkehr, freier Kapitalverkehr, freier Warenverkehr und eben freier Personenverkehr). Diese bilden die Grundlage des Binnenmarktes der EU, sie sind quasi die Säulen der Union. "Aber anders als bei der Studentenfreizügigkeit oder beim Asylthema gibt es bei den Grundfreiheiten keine Ausnahmen und auch keine Notfallsklausel", sagt der Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Universität Innsbruck. Niessls Vorschlag fehlt also eine rechtliche Basis.
Aber fand die Regierung nicht bei den Medizin-Studenten auch eine Möglichkeit, EU-Bürger nur bedingt zuzulassen?
Richtig ist, dass beim Medizin-Studium 75 Prozent der Studienplätze für jene Studenten reserviert sind, die ein österreichisches Matura-Zeugnis besitzen – nicht aber einfach nur für österreichische Staatsbürger. Das wäre nämlich eine klare Diskriminierung nach der Nationalität – und damit verboten.
Und bei Asylwerbern?
Experte Obwexer, der derzeit in der Asylfrage für die Bundesregierung ein Gutachten erstellt, verweist auf die EU-Regelung, die sehr wohl zum "Schutz der inneren Sicherheit" Notfallmaßnahmen vorsieht.
Aber Gesetze und EU-Regelungen sind nicht in Stein gemeißelt, kann man das nicht ändern?
Grundsätzlich kann jedes EU-Gesetz, können auch die vier Grundfreiheiten, geändert werden. Dazu bedarf es aber der Zustimmung aller anderen 27 EU-Staaten. Es ist eher undenkbar, dass sich alle auf solch eine grundlegende Änderung einlassen.
Was würde geschehen, wenn die Regierung einfach per Gesetz den Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische EU-Bürger beschränkt?
Dann, erklärt der EU-Experte, müsste die EU-Kommission von sich aus als "Wächter der EU-Verträge" aktiv werden. Sie müsste ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, das zwar viele Monate dauern würde, aber mit großer Sicherheit dazu führen würde, dass Österreich verurteilt wird, auch zu erheblichen Strafzahlungen. Zudem könne jeder Arbeitnehmer, der wegen EU-rechtswidriger Gesetze seinen Job in Österreich nicht antreten darf, die Republik auf Verdienstentgang verklagen.
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