Aus fürs Rauchverbot: Dicke Luft im Hohen Haus

Im Mai hätte das 2015 beschlossene Rauchverbot in Kraft treten sollen
Von entmannten Mandataren bis zur Warnung vor dem "totalen Rauchverbot": Bei der Debatte ums Qualmen ging es so heiß her wie schon lange nicht im Parlament.

Das hat man noch nicht gesehen! Da steht der Klubobmann einer Parlamentspartei am Rednerpult und fragt die Abgeordneten der Kanzler-Partei, ob sie keine "Cojones" hätten. Entmannte Mandatare? Wie kann er!

Es ist Mittwoch, FPÖ und ÖVP haben im Nationalrat den lang erwarteten Initiativantrag eingebracht, mit dem sie das bereits beschlossene Rauchverbot in den Gastronomie wieder kippen wollen. Und weil die Sache mit dem Rauchen grundsätzlich eine emotionale ist, geht’s im Hohen Haus um einen Zacken schärfer zur Sache als sonst.

Neos-Boss Matthias Strolz ist es, der den Abgeordneten der ÖVP Haltung und Mannhaftigkeit abspricht. Nicht einfach so, nein, nein. Es geht darum, dass 28 ÖVP-Mandatare 2015 genau für jenes Rauchverbot gestimmt haben, das die ÖVP aus Rücksicht auf die FPÖ jetzt kippen will. Ein ungewöhnlicher, vielleicht seltsamer Vorgang. Aber darf man – wie Strolz in seinem Furor – eine Gesundheitsministerin deshalb mit dem Satz anblaffen "Wos is’ mit Ihnen?"

Duell der Frauen

Aus fürs Rauchverbot: Dicke Luft im Hohen Haus
ABD0056_20170824 - WIEN - ÖSTERREICH: Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) am Donnerstag, 24. August 2017, anl. der PK "Sozialversicherungsstudie" in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

Pamela Rendi-Wagner geht es anders an. Die frühere SPÖ-Gesundheitsministerin stellt sich an die Spitze des Protests und versucht ihre Nachfolgerin, Beate Hartinger-Klein, mit einer "Dringlichen Anfrage" in die Bredouille zu bringen.

So sprach Rendi-Wagner nicht als Politikerin oder Ex-Ministerin, "sondern diesmal als Ärztin". Ein cleverer Schachzug, zumal die Sozialdemokratin jede Menge Zahlen von honorigen Institutionen wie der OECD einflicht und erklärt, was ohnehin niemand im Saale bestreitet, nämlich: dass Rauchen tötet – in Österreich jedes Jahr mehr als 13.000 Menschen.

Schande

"Es ist eine Schande, dass sie 2018 ein Gesetz rückgängig machen, das wir 2015 aus gutem Grund und mit aller wissenschaftlichen Evidenz begründet beschlossen haben", sagte Rendi-Wagner.

Was antwortet man darauf? Was tut man, wenn einem eine Ärztin vorhält, man würde gesundheitspolitisch "heucheln"?

Aus fürs Rauchverbot: Dicke Luft im Hohen Haus
ABD0079_20180228 - WIEN - ÖSTERREICH: Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger (FPÖ) im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Ausweichquartier des Parlaments in der Hofburg am Mittwoch, 28. Februar 2018, in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Beate Hartinger-Klein versucht einen rhetorischen Kniff, der Politikern selbst in Situationen bleibt, die ausgenommen trist erscheinen: die Überraschung.

Und überraschend ist es allemal, dass sie ganz plötzlich über die Gemütlichkeit doziert. "Wirte gewähren ihren Gästen für eine gewisse Zeit Unterschlupf", sagt Hartinger-Klein. "Sie unterstützen die Gäste bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse, geben ihnen Schutz, zu essen und zu trinken. " Und langsam, ganz langsam wird klar, worauf sie hinaus will: "Der Gastgeber maßregelt seine Gäste nicht."

Der Nichtraucher als Spaßbremse? Auch kein ganz neues Argument. An dieser Stelle ist es aber zumindest unerwartet.

So wogt die Debatte zwischen Regierung und Opposition noch ein Weilchen hin und her.

Irgendwann ist der Abgeordnete Peter Wurm am Rednerpult. Der Freiheitliche verspricht, die Debatte zu versachlichen, zu beruhigen. Man freut sich, hofft fast ein wenig. Bis Wurm der Opposition entgegewirft "Wollt ihr das totale Rauchverbot?"

In der allgemeinen Erregung geht der Satz weitgehend unter. Es ist vermutlich kein Schaden.

Rauchverbot ade

"Wirte gewähren ihren Mitmenschen für eine gewisse Zeit Unterschlupf. Sie unterstützen die Gäste bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse, geben ihnen Schutz, zu essen und zu trinken. Der Gastgeber maßregelt seine Gäste nicht, wenn sie kleinere Schwächen haben – die letzte Regierung aber hat den Wirten ihre Gastfreundlichkeit verboten. Und weil man wusste, wie grauslich das ist, hat man eine Übergangsfrist beschlossen."

Beate Hartinger-Klein, Gesundheitsministerin (FPÖ)

"Frau Gesundheitsministerin, was is’ mit Ihnen? Sie sind für die Gesundheit verantwortlich!"

Matthias Strolz, Neos

"Sie nehmen jeden Tag bewusst Tote in Kauf!"

Derselbe

"Herr Strolz, Sie haben sich bei Ihrer Rede so aufgeregt, dass ich geglaubt hab’, Sie gefährden Ihre Gesundheit."

Heinz-Christian Strache, FPÖ-Chef und Vizekanzler

"Ich frage Sie: Wollen Sie ein totales Rauchverbot?"

Peter Wurm, FPÖ

"Dieses Gesetz ist eine Schande und macht Österreich zum Aschenbecher Europas."

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ

"Ja, es besteht die Gefahr, dass man Lungenkrebs bekommt. Aber bei den Temperaturen da draußen stirbst vorher an einer Lungenentzündung."

Vizekanzler Strache

"Ihr seid alle so weit weg von der Realität. Kein Wirt wird seine Mitarbeiter zwingen, in einem Raucherbereich zu arbeiten."

Gabriel Obernosterer, ÖVP

"Ich habe kein Problem, nach dem Volksbegehren eine Volksabstimmung zu machen."

Vizekanzler Strache

"Die Politikwissenschaft steht vor dem großen Rätsel, warum die Regierung da so dermaßen mit dem Kopf gegen die Wand rennt."

Wolfgang Zinggl, Liste Pilz

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