Aus für Pendlerpauschale?

Wohnbau und Verkehr sind entscheidend fürs Klima.

Ein Jahr gibt sich die Bundesregierung Zeit, um eine Klima-Strategie bis 2050 zu erarbeiten (siehe Interview mit Umweltminister Rupprechter). Für den KURIER skizziert Stefan Schleicher, Klima-Experte der Universität Graz und des Wirtschaftsforschungsinstituts, was in dieser Strategie stehen muss, damit wir die Klimaziele erreichen.

"Die grundlegende Orientierung ist klar", sagt Schleicher: "Alle vorstellbaren Energiedienstleistungen können leicht mit der Hälfte des aktuellen Energieverbrauchs abgedeckt werden." Damit wäre der Anteil der Erneuerbaren Energien – selbst wenn diese in absoluten Mengen gleich bleiben – schon bei fast 70 Prozent.

Eigentlich, so Schleicher, "geht es also darum, wie wir den Rest zu 90 Prozent schaffen – was auch möglich ist". Denn: "Bei den erneuerbaren Energieträgern hat Österreich eine ausgezeichnete Ausgangsposition."

Ein Schlüsselbereich, in dem die Politik aktiv werden muss: Die Gebäude.

Schleicher plädiert dafür, dass Österreich jene EU-weiten Standards, die ab 2020 gelten sollen, schon ab 2017 einführt. "Das würde im Neubau fossile Energie überflüssig machen, weil diese Gebäude Fast-Null-Energiestandards haben müssen."

Allerdings gebe es derzeit eine Tendenz, "bewusst wieder die Qualität im Neubau zu senken mit der völlig falschen Argumentation, damit Wohnen wieder leistbar zu machen". Statt kurzfristiger Mietpreise sollten hier die langfristigen Klimaziele und Energie-Ersparnisse im Vordergrund stehen.

Und was ist mit schon bestehenden Gebäuden? "Vor allem bei Nachkriegsbauten stellt sich die Frage nach Sanierung oder Ersatz", sagt Schleicher. Hier müsste die Wohnbauförderung reformiert werden: Derzeit werde diese teils gar nicht für Wohnbau-Zwecke verwendet, sondern diene als "Beitrag zur Sanierung der Bundesländer-Budgets".

"Falsche Anreize"

Der zweite Knackpunkt für das Klima: Der Verkehr.

Neben der Nutzung neuer Antriebstechnologien, etwa bei voll-elektrischen Autos, geht es auch hier um politische Maßnahmen. Aktuell würden in Österreich "weiterhin kontraproduktive steuerliche Anreize" gesetzt. Dazu zählt Schleicher etwa die "nicht treffsichere Pendlerpauschale" oder die "missbräuchliche Nutzung von als Dienstfahrzeugen deklarierten PKWs".

Als dritten zentralen Bereich nennt Schleicher die Produktion von Sachgütern: Hier seien durch neue Werkstoffe (Polymere) und neue Prozesse (Bio-Raffinerien) "große Veränderungen zu erwarten", die zu einer Reduktion des Bedarf besonders Energie-intensiver Stoffe wie Stahl, Aluminium oder Zement führen.

Eher unterschätzt würde bislang die Landwirtschaft, wo aus Expertensicht aber ebenfalls Korrekturen notwendig sind. Schleicher: "Die industrielle Landwirtschaft ist weder bei Pflanzen noch bei Tieren mit einer emissionsarmen Wirtschaft kompatibel."

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