Aus für "Dämonisierung der FPÖ"?

Bundeskanzler Werner Faymann, FSG-Chef Wolfgang Katzian, ÖGB-Präsident Erich Foglar
Roter Richtungsstreit über Asylpolitik und Umgang mit Blauen wird immer schärfer geführt.

Das tut man nicht – und schon gar nicht nicht im unmittelbaren Vorfeld des sozialdemokratischen "Hochamts", dem 1. Mai. Mit wem auch immer man gestern im Lager der Faymann-Kritiker sprach, gab es eine und nur die eine Antwort: Es sei ein Gebot der Höflichkeit, den 1. Mai wichtiger zu nehmen als die laufende Debatte über Personal und Inhalte – bis dahin sei Ruhe.Warum der seit Tagen offen ausgetragene Richtungsstreit in der SPÖ zumindest bis morgen Pause macht, das hat vielerlei Gründe. Einer davon: Die Parteispitze kam den internen Kritikern gestern ein wenig entgegen – der für 17. Mai geplante Parteivorstand wird auf den 9. Mai vorverlegt.

Wie prekär die Situation ist, das zeigen allein die Gerüchte und Vermutungen, die gestern in Wien die Runde machten.

Demnach sei das der Partei unterstellte Aktionsbüro aus der Parteizentrale in der Löwelstraße angehalten, am Sonntag alle Faymann-Kritiker bei den Aufmärschen zu fotografieren.

"Das ist Unsinn", sagt SPÖ-Kommunikationschef Matthias Euler-Rolle. "Wir dokumentieren gar nichts. Protest ist und war immer Teil der Bewegung – auch und vor allem am 1. Mai. Die Parteispitze wird sich diesem stellen und darüber reden."

Archiv der Abweichler

Allein die Tatsache, dass sich namhafte SPÖ-Funktionäre darüber den Kopf zerbrechen, ob die Löwelstraße ein Archiv der Abweichler erstellt, spricht aber Bände.

Apropos sprechen: Ausnehmend karg gab sich weiterhin der für die Sozialdemokratie wesentliche Gewerkschaftsblock. Nach dem Wahldebakel für Ex-ÖGB-Chef Hundstorfer war von der Fraktion der Sozialdemokratischen Gewerkschafter sehr wenig zu hören.

Einzig ÖGB-Präsident Erich Foglar nahm – abgesprochenerweise – zu den SPÖ-Turbulenzen umfassend Stellung und analysiert in einem profil-Interview die Spaltung der Partei – und warum die Sozialdemokratie ihr Verhältnis zur FPÖ klären muss. Das Thema bewegt die Genossen, auch im Vorfeld der Hofburg-Stichwahl.

Die Zurückhaltung der roten Interessenvertreter kommt nicht von ungefähr.

Denn wie auch in der Partei ist die Gewerkschaftsbewegung völlig uneins, was zu tun sei, damit die Sozialdemokratie wieder Tritt fasst und Wahlen gewinnt.

Schluss mit der Ausgrenzung der FPÖ, sagen die einen – die SPÖ Burgenland und Teile der Gewerkschaft gehören dazu.

Keine Anbiederung an die Blauen!, skandieren die anderen, zu denen die Jugendorganisationen und die Wiener SPÖ gehören. In Wien ist die Ausgrenzung geltende Beschlusslage – erst am 16. April wurde beim Landesparteitag neuerlich fixiert, dass man mit der FPÖ auf keiner Ebene koalieren will.

Die Lage ist also verfahren und unübersichtlich.

Einig ist man sich in den Lagern nur, dass das ORF-Doppelinterview des Kanzlers mit Wien Parteichef kein Zeichen der Stärke war. Und dass schnell etwas geschehen muss. "Wenn die Sozialdemokratie so weitermacht, wird es sie in dieser Form bald nicht mehr geben", sagt der steirische ÖGB-Boss Horst Schachner zum KURIER. "In ein bis drei Wochen muss Substanzielles passieren, wir geben ein katastrophales Bild ab."

Womit man beim Außenauftritt und allenfalls neuen Gesichtern für die Partei angekommen ist: Wir brauchen eine "Integrationsfigur", die die Spaltung der Partei in links und rechts überwinden kann, heißt es in der AK. Als mögliche Faymann-Erben werden Gerhard Zeiler (Ex-ORF-Chef), Christian Kern (ÖBB-Chef) und Andreas Schieder (SPÖ-Klubchef) genannt.

Es brauche eine "klare Richtungsentscheidung" in der Flüchtlingsfrage und in der Frage des Umgangs mit der FPÖ, sagt Bau-Gewerkschafter Josef Muchitsch. Die Partei müsse sich endlich auf die nötige Richtungsentscheidung "einlassen". Und das, wie Ex-Innenminister Karl Schlögl sagt (siehe rechts), selbst um den Preis einer Parteispaltung der SPÖ.

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