Asyl: Krach mit Deutschland, Hilfe aus Brüssel

Vizekanzler Mitterlehner berät am Freitag mit Kommissionschef Juncker über die Flüchtlinge
Mikl kritisiert, dass Berlin für syrische Flüchtlinge EU-Regeln aufhebt. Mitterlehner trifft am Freitag Juncker.

Die Regierung verstärkt ihre Bemühungen, den aktuellen Flüchtlingsstrom besser mit den Nachbarstaaten zu koordinieren - und mit Brüsseler Hilfe in den Griff zu bekommen. Kanzler Werner Faymann will demnächst bilaterale Gespräche mit säumigen Nachbarländern wie der Slowakei, Tschechien und Ungarn führen, um eine faire Aufteilung der Asylwerber in allen Ländern zu bewerkstelligen. „Wir müssen das mit größtem Einsatz betreiben, damit Europa nicht zerfällt.“

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner wird schon diesen Freitag mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zusammentreffen. Die Kommission unterstützt Österreichs Linie in der Flüchtlingsfrage: Die forcierten Lkw-Kontrollen an der Grenze zu Ungarn seien „Sicherheitschecks“ und als solche „erwünscht und mit Schengen sehr stark vereinbar“, sagte eine Sprecherin von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. „Niemand will noch eine Tragödie erleben“, sagte die Sprecherin in Hinblick auf das jüngste Flüchtlingsdrama auf der A4.

"Dublin ist tot"

"Mitfühlende Mutter“. "Wir lieben Dich“: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird auf Facebook gelobt, gefeiert und mit Liebesnotizen überhäuft. Grund: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schickt Asylwerber aus Syrien nicht mehr in andere europäische Nachbarländer.

De facto setzt Deutschland damit das Dublin-III-Verfahren aus. Dieses sieht vor, dass Flüchtlinge ihre Antrag auf Asyl im Erstaufnahmeland zu stellen haben. In der Praxis sind diese Länder derzeit insbesondere Ungarn, Mazedonien und Serbien. „Jetzt ist deutsche Flexibilität gefragt“, sagt Merkel und erinnert an die Zeit des Mauerfalls und der Deutschen Einheit. Die Grüne EU-Politikerin Ulrike Lunacek plädiert ebenfalls für ein Ende des Verfahrens. „Dublin ist tot“, so Lunacek.

Mikl bleibt hart

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kann dem deutschen Vorbild nichts abgewinnen. Mikl-Leitner will sich weiterhin an das Verfahren halten. Der Grund für das Chaos auf den Bahnhöfen von Budapest sei insbesondere der deutschen Aufhebung des Dublin-Verfahrens geschuldet. Tausende Flüchtlinge stürmten am Montag die Züge, um von Ungarn via Zwischenstopp in Österreich nach Deutschland zu kommen. Vor dem Ministerrat forderte Mikl-Leitner, dass Deutschland mittels einer Kampagne aufklären muss, dass es keine generelle Aufhebung von Dublin gibt. „Wir halten an Dublin fest solange es keine gesamteuropäische Lösung gibt“. Erst dann könne man über eine Aussetzung oder Aufhebung des Dublin-Verfahrens sprechen.

Aus Berlin kam am Dienstag eine Klarstellung: "Deutschland hat Dublin nicht ausgesetzt“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Aus rein praktischen Erwägungen verzichte Deutschland derzeit aber bei syrischen Asylbewerbern „im Regelfall“ auf die Rückführung in andere EU-Staaten. Dabei handle es sich um eine Leitlinie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, „nicht um eine formal bindende Vorgabe“.

CDU-Politiker Gunther Krichbaum hat die EU-Kommission aufgefordert, Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn und Österreich zu prüfen. „Es ist skandalös, dass Flüchtlinge nun ungeprüft und ohne Ausweiskontrolle nach Deutschland kommen“, sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses am Dienstag

Bessere Unterbringung

Die Kritik, dass Österreichs Behörden Züge aus Ungarn nicht kontrollierten, wies die Innenministerin zurück. Es gebe stichprobenartige Kontrollen; gleichzeitig „wir führen aber sicher keine Grenzkontrollen ein.“ Am Dienstag trat der Nationalrat erstmals nach der Sommerpause für eine Sondersitzung zusammen, um das sogenannte Durchgriffsrecht zu behandeln. Im Oktober soll der Gesetzesvorschlag bereits beschlossene Sache sein.

Künftig sollen Gemeinden Quartiere die jedenfalls 1,5 Prozent der Bevölkerung entsprechen, Asylwerbern zur Verfügung stellen. Erfüllt eine Gemeinde die Quote nicht, hat der Bund das Durchgriffsrecht und kann auf Bundesgebiet (Kasernen, Bundesimmobilien, etc.) Flüchtlinge auch ohne Einwilligung der Gemeinde unterbringen. Somit sollen 20.000 bis 30.000 neue Plätze geschaffen werden. Heute tagte zum zweiten Mal die Task-Force der Regierung gemeinsam mit Christian Konrad, dem Regierungskoordinator für Flüchtlinge. In den nächsten Wochen wird es eine Tagesklausur zu Asyl- und Flüchtlingsfragen geben.

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