Angst vor "Jetzt erst recht"-Wahl geht um

Angst vor "Jetzt erst recht"-Wahl geht um
Eine Demo gegen Hofer kurz vor der Wahl droht Bumerang für die Grünen zu werden.

Anfang April. "Identitäre" klettern auf das Dach der Grünen in Graz, entrollen ein Transparent, auf dem "Islamisierung tötet" steht und lassen via Facebook wissen, warum: "Weil Van der Bellen heute in Graz weilt."

Per Eigendefinition stehen hinter "der Identitären Bewegung ganz normale junge Patrioten, die sich für ihre Heimat einsetzen". Und gegen Alexander Van der Bellen, den Hofburg-Kandidaten und Ex-Grünen-Chef, insbesondere auf Facebook und Twitter.

Am anderen Ende des politische Spektrums will die "Offensive gegen Rechts" (OGR) am 19. Mai gegen den freiheitlichen Kandidaten, Norbert Hofer, auf die Straße gehen. Die Bundespräsidentschaftswahl würde einen katastrophalen Rechtsrutsch zeigen; es sei höchste Zeit, eine breite antifaschistische Bewegung aufzubauen, befindet die OGR.

Angst vor "Jetzt erst recht"-Wahl geht um

Die geplante Demonstration am Wiener Heldenplatz "kann sich als Bumerang erweisen, als wirklicher Nachteil für Van der Bellen", sagt OGM-Meinungsforscherin Karin Cvrtila. "Sie könnte Hofer in die Hände spielen und einen ,Jetzt erst recht‘-Effekt erzeugen."

Davon geht wohl auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig aus. Nicht anders ist es zu erklären, dass sie jüngst betonte, dass sie natürlich für das Demonstrationsrecht eintrete, sich persönlich aber wünsche, dass die Unterstützer für Van der Bellen laufen – und ihre Energie nicht in Demos gegen Hofer stecken. Beinah wortident sagt das FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in Richtung seines Kandidaten. Und Norbert Hofer selbst legte Anfang der Woche wert darauf, "Österreich einen und nicht spalten zu wollen." In Wahrheit ist die Spaltung längst passiert.

Befeuert worden ist sie seit dem Wahlergebnis (35,1 Prozent für Hofer, 21,3 Prozent für Van der Bellen) durch Meldungen aus dem In- wie Ausland. "Medien rücken Österreich ins rechte Eck, und Politiker wie SPD-Chef Sigmar Gabriel sehen das Ergebnis als Weckruf für Europa. Diese Zwischenrufe sind niemandem wirklich hilfreich, vor allem nicht Van der Bellen", sagt Cvrtila.

Dass in Wien eine Gastronomin Hofer-Wähler nicht als Gäste haben will, bedient die Ressentiments beider Lager zusätzlich. Derlei Aktionen zu unterbinden – zumal sich vieles auch in den sozialen Medien abspielt –, ist unmöglich. Dass die angekündigte Demonstration am 19. Mai selbst OGR-Sympathisanten spaltet, ist offenkundig. Vor allem Demonstrations-Gegner melden sich auf deren Facebook-Seite zu Wort. "Diejenigen, die die Demo zu diesem Zeitpunkt nicht befürworten, haben Recht", schreibt dort User Mario Stangl. Demos seien wichtig, aber die Situation zu heikel.

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Interview mit Thomas Glavinic am 20.11.2014 in Wien.

Linke warnen Linke

"Da braucht nur eine Scheibe irgendwo kaputtgehen und der Norbert Hofer hat genau, was er braucht . Wenn ihr den Typen wirklich verhindern wollt, dann sagt die Demo vorläufig ab." User Phil Wint meint: "Echt jetzt, spart euch den Blödsinn für nach der Wahl auf, sollte es denn so sein. Ein paar werden sich sicher wieder nicht benehmen können, drei Tage vor der Wahl könnt’s euch ausrechnen, was so ein ,Linksradikalen‘-Skandal bewirkt ..." Nicht ohne Wirkung blieb das Facebook-Posting von Bestseller-Autor Thomas Glavinic. "Diese Selbstgefälligkeit, diese moralische Selbstüberhöhung, diese selbstzweifelsfreie Gewaltsprache, mit der hier Menschen, die ich für intelligent halte, alle Wähler von Hofer in Bausch und Bogen als Nazis, Pack, Bagage und Abschaum niedermachen, ist mir zuwider. Nur weiter so ...", schreibt Glavinic. Und Strache lobt ihn dafür: "Respekt! Offene Worte der Vernunft!"

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