Amon ortet Amtsmissbrauch der Justiz

Aufklärer mit Aufklärungsbedarf: Amon will trotz Ermittlungen gegen ihn im U-Ausschuss bleiben
Der unter Beschuss geratene VP-Fraktionsführer im U-Ausschuss erwägt rechtliche Schritte gegen die Staatsanwaltschaft.

ÖVP-Erfolge hier, SPÖ-Pannen da; Fritz Neugebauer hier, Werner Amon da. Kurz: Die zehn Ausgaben des ÖAAB-Magazins Freiheit aus dem Jahr 2007 bieten das, was man sich von einem schwarzen Partei-Blatt erwartet. Nur eines sucht man vergeblich: Ein Inserat, eine Beilage der Telekom; oder einen Telekom-freundlichen Artikel, der ein Entgelt von 10.000 € rechtfertigen würde.

Für Werner Amon, ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, wird das zu einem immer größeren Problem. Amon war 2007 ÖAAB-Generalsekretär und Obmann des Wiener Pressvereins , der die Freiheit herausgibt. Die Telekom zahlte (über den Lobbyisten Peter Hochegger) 10.000 € "Druckkostenbeitrag"; die Justiz durchforstete im Zuge der Telekom-Affäre Hocheggers Buchhaltung – und will nun wissen: Was war die Leistung? Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen Geldwäsche – und will Amon als Beschuldigten befragen.

Amon erklärt, mit den Details nie befasst gewesen zu sein; er könne daher nicht sagen, was die Gegenleistung gewesen sei. "Es ist möglich, dass es kein Inserat oder keine Beilage gab – und es ein Druckkostenbeitrag im Sinne einer Spende war", sagt er zum KURIER. Das könnte rechtliche Folgen haben.

U-Ausschuss aktuell

Amon ortet Amtsmissbrauch der Justiz

Am Donnerstag ist Ex-Telekom-Boss Nemsic geladen - das KURIER-Protokoll zum U-Ausschuss finden Sie hier.

Am Mittwoch waren die Ex-Minister Strasser und Reichhold im Zeugenstand. Mehr über deren Befragungen finden Sie hier.

Den KURIER-Liveticker aus dem Parlament zur Nachlese finden Sie hier.



Retourkutsche

Amon vermutet hinter den Ermittlungen gegen ihn eine Retourkutsche der Justiz, weil er sie in der Causa Kampusch kritisiert hat. Dass er als Beschuldigter geführt werden soll, sei "ein schweres Foul". Er prüfe gerade, ob gegen die Staatsanwaltschaft Wien Schritte wegen Amtsmissbrauchs und Befangenheit möglich sind. Amtsmissbrauch deswegen, weil der "Anfangsverdacht" zu gering sei, um ihn als Beschuldigten zu werten. Und Befangenheit, weil er als Mitglied geheimer Ausschüsse (Stapo-Ausschuss, Kampusch-Ausschuss) die Arbeit der Justiz untersuche. Da er gegen die StA Wien "ermittle", solle diese das Verfahren gegen ihn an eine andere StA abgeben.

Obwohl er als Aufklärer selbst Aufklärungsbedarf hat, will Amon im U-Ausschuss bleiben. Seine Partei goutiert das. Karl Jurka, Lobbyist mit ÖVP-Vergangenheit, befand hingegen im ORF -Radio: "Aus diesem U-Ausschuss müsste sich Amon zurückziehen." Das entspreche auch internationalen Usancen.

Franz Fiedler von Transparency International meint im KURIER-Gespräch: "Angesichts der Häufung solcher Fälle" könnte es die Politik den Beamten gleichtun. "Dort entscheidet eine Disziplinarkommission, ob jemand für die Amtstätigkeit noch tragbar ist oder nicht. Es wäre vorstellbar, dass auch die Politik eine solche Kommission einrichtet, bestehend aus Parlamentariern und unabhängigen Experten, etwa pensionierten Richtern. Sonst kommt diese Diskussion immer wieder. Eine etwaige Suspendierung dürfte aber keine Vorverurteilung sein."

Verbal scharf urteilt die Justiz wegen der Attacken von ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf gegen die Staatsanwälte. Gewerkschaftschef Klaus Schröder: "Der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen, sie wolle den Abgeordneten Amon wegen seiner Äußerungen in der Causa Kampusch mundtot machen, ist eine ungeheuerliche Entgleisung eines Spitzenrepräsentanten des Parlaments." Staatsanwälte-Sprecher Gerhard Jarosch spricht von "Weltverschwörungstheorien" und "Schwachsinn".

Scheinrechnung könnte Steuerverfahren bringen

Bisher hat weder die Justiz noch der ÖAAB noch dessen Ex-Generalsekretär Werner Amon den Beleg einer Gegenleistung vorlegen können – für die 10.000 €, die von der Telekom über den Lobbyisten Peter Hochegger an das ÖAAB-Magazin Freiheit geflossen sind. Amon sagt, es könnte eine "Spende" gewesen sein – und dann hätte es freilich keine Gegenleistung gegeben.

Juristisch könnte das zum Problem werden: Spenden an eine Partei können von Unternehmen nicht steuerlich abgesetzt werden. Gibt es jedoch eine Rechnung für eine (angebliche) Leistung – z. B. für ein Inserat oder eine Beilage –, dann kann dies als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Und das spart Steuern. Angenehmer Nebeneffekt für das Unternehmen: Eine Kooperation mit einer Partei (oder einer Vorfeld-Organisation wie dem ÖAAB) lässt sich im Zweifelsfall besser rechtfertigen als eine reine Spende.

"Die Gesetzeslage verleitet natürlich zu derartigen Umwegen", sagt Hubert Sickinger, Experte für Parteienfinanzierung dem KURIER. "Allerdings wäre ein solcher Umweg Steuerhinterziehung vonseiten des Unternehmens." Für den Empfänger der getarnten "Spende" – im aktuellen Fall wäre das der ÖAAB-Pressverein unter Amon – könnte das bedeuten, dass er mit dem Ausstellen der Scheinrechnung Beihilfe zur Steuerhinterziehung begangen hat.

Karl: "Das muss er selbst entscheiden"

Amon ortet Amtsmissbrauch der Justiz

ÖVP-Klubchef Kopf hat die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Fall Amon als "Schweinerei" bezeichnet. Der KURIER fragte Justizministerin Karl, wie sie die Sache beurteilt – und was die Politik gegen ihr schlechtes Image tun sollte.

KURIER: ÖVP-Klubobmann Kopf meint, Werner Amon sei "auf fragwürdige Art und Weise" zum Beschuldigten geworden. Hat die Staatsanwaltschaft in dem Fall über das Ziel geschossen?

Beatrix Karl: Ich äußere mich nicht zu Einzelfällen, aber generell muss man sagen: Es ist wichtig, die Staatsanwaltschaft in Ruhe arbeiten zu lassen. Das gilt für alle Parlamentsparteien. Ich registriere seit Wochen vermehrt Zurufe von außen – und diese verbitte ich mir. Niemand braucht der Staatsanwaltschaft ausrichten, wann welcher Ermittlungsschritt zu setzen oder wer zu verhaften ist. Sie weiß, was sie zu tun hat. Die Staatsanwaltschaft darf sich nicht in die Politik einmischen, aber die Politik darf sich auch nicht in die Angelegenheiten der Staatsanwaltschaft einmischen.

Sie sind nicht nur Ministerin, sondern auch Parteikollegin von Werner Amon. Macht es ein gutes Bild, wenn ein Beschuldigter weiterhin im U-Ausschuss sitzt?

Ein Beschuldigter ist noch kein Verurteilter, aber das muss Werner Amon selbst entscheiden. Ich gebe da keine Ratschläge.

Politologe Peter Filzmaier meint, es gebe bereits eine Schuldvermutung in der Politik. Was sollte die Politik tun, um aus diesem Generalverdacht herauszukommen?

Da gibt es schon gute Ansätze. Es soll ja auf parlamentarischer Ebene ein Anti-Korruptionspaket geschnürt werden. Es wird an einer Neuregelung der Parteienfinanzierung gearbeitet. Diese Maßnahmen müssen konsequent fortgesetzt werden, damit man sieht, dass es die Politik ernst meint.

Anti-Korruptionsregeln wurden schon oft angekündigt. Warum sollen die Menschen glauben, dass sie diesmal tatsächlich kommen?

Die Klubobleute Kopf und Cap haben klar gesagt, dass es ein Anti-Korruptionspaket geben muss, und ich habe den fachlichen Input geliefert. Daher wird das Paket auch umgesetzt werden.

Frau Minister, Sie selbst wurden in den vergangenen Tagen massiv kritisiert, mussten zwei Gesetzesvorhaben weitgehend zurücknehmen. Haben Sie in der Zeit einmal an Rücktritt gedacht?

Nein. Ich bin kein Typ, der beim ersten Gegenwind gleich aufgibt. Ich habe schon viele schwierige Situationen in meinem Leben meistern müssen – und habe gelernt zu kämpfen.

Kritiker werfen Ihnen mangelndes politisches Gespür vor. Glauben Sie, dass Sie eine gute Politikerin sind?

Ich bin immer mit dem Anspruch an meine Arbeit herangegangen, gute Sachpolitik zu machen. Das ist mir wichtig – und das möchte ich weiterhin machen.

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