Lehrerdienstrecht: Regierung verhandelt ein letztes Mal

An den knapp 6.000 Schulen in Österreich unterrichten laut Statistik Austria rund 125.000 Lehrerinnen und Lehrer.
Bei den Verhandlern regiert der Pessimismus, eine Einigung ist unwahrscheinlich. Die Lehrer drohen mit Streik.

Im Ringen um ein neues Dienstrecht für Lehrer kommt es zum Finale: Am Montag seit 13 Uhr ringen Regierungs- und Lehrervertreter um eine Einigung - und zwar in der bereits 35. Verhandlungsrunde. Geht es nach der Regierung, soll es die letzte sein. Das ruft die Lehrer auf die Barrikaden: Vor dem Bundeskanzleramt ist für den frühen Nachmittag eine Demonstration anberaumt.

Dass es zu einer Einigung kommt, scheint aber bereits jetzt unwahrscheinlich: Der Chefverhandler der Lehrergewerkschaft, Paul Kimberger (FCG), erwartet keinen Abschluss. "Ich halte es für unrealistisch, dass wir uns heute einigen", so Kimberger vor Journalisten. Auf die Frage, ob es im Falle einer Nichteinigung bei den heutigen Verhandlungen zu einem Streik kommen werde, meinte Kimberger: "Jetzt gehen wir einmal verhandeln." Zunächst müsse man schauen, was dabei passiere, anschließen werde die Gewerkschaft das weitere Vorgehen beraten.

"Meine Lehrer sind kampfbereit"

Auch der Vorsitzende der Lehrer-Gewerkschaft an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS), Jürgen Rainer (FCG), zeigte sich eher pessimistisch. "Sehr realistisch ist eine Einigung nicht." Man werde nun einmal abwarten, welches Angebot man bekomme. Auf die Frage, ob ein Streik im Falle eines Scheiterns fix sei, meinte Rainer: "Man muss seine Kräfte aufsparen und einsetzen, wenn es richtig ist." Ob er kampfbereit sei? "Meine Lehrer sind kampfbereit."

Die Lehrervertreter treffen am Verhandlungstisch auf Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die als künftige Bildungsministerin gehandelt wird, Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ), Sektionschef Wolfgang Stelzmüller vom Unterrichtsministerium und Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP). Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wird ebenfalls noch dabei sein.

Regierung macht ein letztes Angebot

Für morgen, Dienstag, wurde jedenfalls der Beschluss der Reform angekündigt: Kanzler und Vizekanzler bestätigten am Sonntag im KURIER, dass sie beim kurzfristig eingeschobenen Ministerrat am Dienstag das neue Dienstrecht beschließen wollen – was Teile der Gewerkschafter prompt zu Streikdrohungen veranlasste. Ein letztes Mal will die Regierung ihr Angebot nun nachbessern: „Wir kommen der Gewerkschaft noch einmal entgegen“, sagte VP-Chef Michael Spindelegger. Wie das Angebot aussieht, wollte die Sprecherin von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek am Sonntag nicht vorwegnehmen.

Das Angebot liege ihm noch nicht vor, sagte Lehrer-Chefverhandler Paul Kimberger zum KURIER – und kritisierte den Zeitdruck: „Wie auch immer die Verhandlung ausgeht, wir werden das Ergebnis durchrechnen und diskutieren müssen.“

Die Grünen haben Verständnis für die Skepsis der Pädagogen gegenüber dem Regierungs-Modell eines neuen Lehrerdienstrechts. "Ich kann nachvollziehen, dass die Gewerkschaft diesen Vorschlag nicht akzeptiert", so der Bildungssprecher Harald Walser bei einer Pressekonferenz am Montag. Er schlägt ein All-Inclusive-Gehaltsmodell vor, über Zulagen soll autonom an den Schulen entschieden werden.

Mehrkosten

Wie berichtet, will die Regierung die Anfangsgehälter anheben, im Gegenzug die Gehaltskurve aber abflachen. In Sparzeiten hat das Modell einen Haken: Es kostet mehr als das bisherige. Das bestätigt auch Kimberger: „Das System wird am Anfang teurer, das ist überhaupt keine Frage.“ Für die Steuerzahler werde sich das neue Dienstrecht „erst nach relativ langer Zeit rechnen“.

Hauptstreitpunkt aktuell sind aber weniger die Kosten als die Arbeitszeit. Dem Vernehmen nach spießt es sich noch bei den Unterrichtsstunden für Lehrer der AHS-Oberstufe und der BHS. Ihre Arbeitszeit in der Schule soll von derzeit 17 bis 22 Unterrichtsstunden auf 24 angehoben werden. Im Raum steht nun, dass sich die Regierung auch mit 22 zufriedengibt.

Fraglich ist, ob sich die Gewerkschaft damit zufrieden gibt. Teilgewerkschaften haben bereits Dienststellenversammlungen und Streik angedroht. Kimberger dazu: „Die Gewerkschaft ist immer bereit, sich gegen Dinge zu wehren, die ungerecht sind.“

An den knapp 6.000 Schulen in Österreich unterrichten laut Statistik Austria rund 125.000 Lehrerinnen und Lehrer (Schuljahr 2011/12, inklusive Karenzierte), rund 88.700 sind Frauen. Dienstrechtlich unterteilen sie sich in Landeslehrer und Bundeslehrer (AHS, BMHS) - diese stehen unterschiedlich lang in der Klasse und verdienen unterschiedlich viel. Nach Schultypen gibt es fünf Gruppen von Lehrern.

Die bei Weitem größte ist mit 71.000 Personen die der Pflichtschullehrer (Volks-, Haupt-, Neue Mittel-, Sonder-, Polytechnische Schulen), gefolgt von den Lehrern an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) mit knapp 22.800 Personen, Lehrern an AHS (knapp 21.900), Berufsschulen (rund 5.100) und land-und forstwissenschaftlichen Schulen (2.400) sowie 1.800 an sonstigen Schulen. Jede der fünf Gruppen wird von einer eigenen Teilgewerkschaft vertreten.

Berufsteinstieg

Lehrerdienstrecht: Regierung verhandelt ein letztes Mal
Zahl der Lehrer nach Schulen - Tortengrafik; Factbox Gehalt, Arbeitszeit Grafik 1361-13-Lehrer.ai, Format 88 x 86 mm
AHS- und BMHS-Lehrer (Bundeslehrer) erhalten derzeit beim Berufseinstieg 2.200, am Ende des Berufslebens 5.150 Euro. Dafür müssen sie laut Dienstrecht zwischen 20 und 22 Stunden unterrichten. Weil Schularbeitsfächer aber zu einer geringeren Lehrverpflichtung führen, sind es in der Praxis 17 bis 22 Stunden. Dasselbe gilt an land- und forstwirtschaftlichen Schulen, auch wenn dort rein rechtlich gesehen Landeslehrer unterrichten.

Für Landeslehrer - das sind die Pädagogen aller anderen Schultypen - gilt ein Jahresarbeitszeitmodell von 1.776 Stunden pro Jahr, das sind umgerechnet 20 bis 22 Wochenstunden Unterricht. Das Einkommen liegt anfangs bei 2.000 Euro, das Endgehalt bei 4.500 Euro.

Grund für den Einkommensunterschied ist vor allem die bisher unterschiedliche Ausbildungsdauer: Landeslehrer dürfen derzeit nach drei Jahren Ausbildung an einer Pädagogischen Hochschule (PH) an ihren Schulen unterrichten, Bundeslehrer nach neun Semestern an einer Uni. Mit der Ausbildungsreform sollen allerdings künftig alle Lehrer zunächst einen vierjährigen Bachelor und danach - als Voraussetzung zur Fixanstellung - einen ein- bis eineinhalbjährigen Master absolvieren.

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