„Hawking ist mit niemandem zu vergleichen“

„Hawking ist mit niemandem zu vergleichen“
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Warum der berühmteste Physiker der Welt, Stephen Hawking, bisher nicht als Nobelpreis-Kandidat gehandelt wurde? „Seine Popularität steht weit über seinen wissenschaftlichen Leistungen.“ Das sagt Heinz Oberhummer, Leiter der Arbeitsgruppe Astrophysik am Wiener Atominstitut. Oberhummer hat Hawking 2001 auf einer Tagung in Cambridge kennen gelernt. „Damals konnte er noch einen Finger bewegen und über eine Computerstimme mit der Außenwelt kommunizieren. Er war immer gut drauf. Und er war gern unter Leuten.“

Dem Wiener Astrophysiker fallen aus dem Stand drei aktive Wissenschaftler ein, die er für bedeutender und genialer hält als Hawking: Lawrence Krauss, ein US-amerikanischer Kosmologe, der sich mit dem frühen Universum und der dunklen Materie beschäftigt; Andrej Linde, ein russischer Kosmologe und Schöpfer der Multiversum-Theorie, der davon ausgeht, dass das beobachtbare Universum nur ein Teil der gesamten Wirklichkeit sei; und der junge Deutsche Martin Bojowald, der die Zeit vor dem Urknall erforscht.

Hawking hat seine Verdienste, und seine Leistungen sind angesichts seiner Krankheit fast unvorstellbar“ erklärt der österreichische Hochenergiephysiker Wolfgang Lucha. „Hawking ist aufgrund der besonderen Umstände, unter denen er arbeitet, mit niemandem zu vergleichen. Ob Einstein in Hawkings Körper auch so viel hätte leisten können, ist die Frage.“ Das sagt Walter Thirring, theoretischer Physiker und ehemaliger Direktor am europäischen Zentrum für Kernforschung, CERN.

Keiner wäre berufener, ein Urteil abzugeben als Thirring. Der Universalgelehrte ist einer der letzten lebenden Forscher, der alle großen Physiker des 20. Jahrhunderts persönlich kannte: Werner Heisenberg, Robert Oppenheimer, Wolfgang Pauli und Erwin Schrödinger. „Einstein war einfach, sowohl in der Kleidung als auch im Ausdruck.“ Sagt Walter Thirring, auf die Frage wie Einstein, den er in den Fünfzigerjahren in Princeton kennengelernt hatte, denn so war. Als Mensch. „Ein gewisser Altersstarrsinn hatte bei ihm bereits eingesetzt, von moderner Quantentheorie wollte er nichts wissen.“

Vom Gottesteilchen, dessen Existenz oder Nichtexistenz 2012 geklärt wird, war bisher nicht die Rede. Zu Recht, sagt Thirring: „Gottesteilchen ist ein unglücklicher Ausdruck. Ein Gag.“ Higgs-Boson also. Und auch Gott lassen die Physiker, die sich mit der Erschaffung unserer Welt beschäftigen außen vor. Oberhummer erklärt wieso: „Wenn man sagt, Gott habe sich selbst erschaffen, antworte ich: Das kann das Universum auch.“

BUCHTIPP

J. Huber, W. Thirring: Baupläne der Schöpfung. Hat die Welt einen Architekten? Seifert Verlag. 24,90€

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