Gefährlicher Fingerabdruck im Netz

Ich zeig dir meins, du zeigst mir deins. Ein kurzer Klick auf das Handy – und schon ist das pikante Foto gesendet.
"Sexting" heißt der Trend – eine Wortschöpfung aus Sex und dem englischen Wort für Nachrichten verschicken, texting. Das gegenseitige Senden von Nacktbildern sowie schlüpfrigen Nachrichten per SMS oder eMail bringt in den USA schon seit einigen Jahren den Hormonhaushalt von Teenagern und jungen Erwachsenen in Wallung. Die möglichen Konsequenzen der frivolen Nachrichten werden dabei ignoriert.
Diese in Österreich noch selten genutzte Form der Intim-Kommunikation wird in Amerika von weit mehr Burschen und Mädchen genutzt als bisher angenommen . Aktuelle Ergebnisse einer Studie der Universität Texas rütteln auf: 28 Prozent der 14- bis 19-Jährigen haben von sich schon Nacktbilder verschickt. Mehr als die Hälfte, rund 57 Prozent, wurde schon einmal nach schlüpfrigen Bildern via Internet gefragt.
Natürliches Verhalten
Abgesehen von diesem Trend sehen Experten in der Selbstdarstellung von Pubertierenden ein völlig natürliches Verhalten. "Ich präsentiere mich der Öffentlichkeit und will eine Rückmeldung haben. Das ist an sich ein ganz normales Verhalten. Junge Menschen probieren sich aus und wollen wissen, wie weit sie gehen können", sagt KURIER-Familycoach Martina Leibovici-Mühlberger.
Dienten vor Jahren noch kurze Röcke, freizügig geschnittene Oberteile und Schminke als probate Mittel, die Wirkung auf das andere Geschlecht zu testen, sind es heute freizügige Fotos auf Facebook oder Twitter. Statt Pfiffe oder anerkennender Blicke auf dem Schulhof, bedarf es heute nur mehr eines Klicks auf den "Gefällt mir"-Button, der Jugendlichen eine "Selbstwert"-Rückmeldung gibt. Mit sozialen Netzwerken wurden Plattformen geschaffen, in der sie sich einer breiteren Masse präsentieren können. Doch genau darin lauern viele Gefahren.
Der deutsche Medienwissenschaftler Steffen Burkhard spricht von einer neuen Ära der "Intim-Kommunikation" – als Vorbilder dienen die halb nackten Tatsachen diverser Prominenter. "Teenager imitieren diese Bilder und zeigen mehr Haut – auch in sozialen Netzwerken. Das Private wird viel freizügiger inszeniert als noch vor wenigen Jahren", so Burkhard.
Gefahr
Dass virtuelle Medien eine spezielle Eigendynamik entwickeln, die längerfristige Konsequenzen hat, ist vielen Jugendlichen im Moment des Geschehens nicht bewusst.
Häufig kommt es zu einer missbräuchlichen Verwendung der einschlägigen Bilder. Sind diese erst einmal im Netz, können sie unkontrolliert verschickt werden. Auch wenn diese nur für Freunde bestimmt sind – "Eifersucht, Rache oder Neid spielen unter den Heranwachsenden eine große Rolle. Da passiert es, dass Fotos absichtlich weitergesendet werden oder böse Kommentare ernten", sagt Leibovici.
Um so wichtiger sei es daher, das Bewusstsein zu schärfen, dass ein derartiger Fingerabdruck im Internet nicht mehr so schnell wegzubekommen ist. "Ich muss meinen Kindern klarmachen, dass sie in ihrem späteren Berufsleben Probleme bekommen können. Oder dass die Bilder von Dritten genutzt werden." Zudem kann es auch ein rechtliches Nachspiel haben, da das Verbreiten und Veröffentlichen erotischer Fotos von Minderjährigen verboten ist.
INFO
Familycoach-Telefon-Sprechstunde: Mittwoch, 13–15 Uhr, + 43-1-526 57 60
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