Gauck ist neuer deutscher Präsident

Der ostdeutsche Bürgerrechtler Joachim Gauck ist von einer Mehrheit der Bundesversammlung zum elften Bundespräsidenten gewählt worden.

Herr Präsident, ich nehme die Wahl an.“ Mit diesem Satz von Joachim Gauck, 72, hatte Deutschland am Sonntagnachmittag seinen neuen Bundespräsidenten, den dritten in zwei Jahren. Der Ex-Pastor, DDR-Bürgerrechtler und Gründungschef des Stasi-Archivs ist nun der erste Ostdeutsche an der Staatsspitze. Er löst den wegen eines Anfangsverdachts der Vorteilnahme im früheren Amt als CDU-Ministerpräsident zurückgetretenen Christian Wulff ab.

Der parteilose Gauck wurde von der größten Mehrheit der Bundesversammlung gewählt, die je ein Kandidat bekam. Das Gremium besteht hälftig aus den Bundestagsabgeordneten und von den Landtagen bestimmten Wahlleuten. Gauck war für Rot-Grün Wulffs Gegenkandidat 2010 gewesen und nun, nach kurzem Ringen der CDU-FDP- Koalition, auch deren Kandidat. Aus dieser einmalig großen Koalition bekam er 991 aller 1132 Stimmen.

Die Gegenkandidatin der „Linken“, die seit 40 Jahren in Paris lebende Beate Klarsfeld, erhielt fast nur deren Stimmen. Ihr Ruf als frühere Aktivistin gegen Ex-Nazis in Westdeutschland war durch Presse-Enthüllungen stark beschädigt worden, dass sie einst von der DDR-Geheimpolizei Stasi finanziert worden war. Der Kandidat der neonazistischen NPD erhielt drei Stimmen.

Unbequem

In seiner kurzen Dankesrede zeigte Gauck sein legendäres, die Zuhörer gewinnendes Redetalent. „Was für ein schöner Sonntag!“ war sein Einstieg in die Erinnerungen an die beklemmende Unterdrückung der DDR und seine Wahl in deren erste freie Volkskammer auf den Tag genau vor 22 Jahren. Gauck betonte sein Lebensthema der Freiheit und sein Eintreten für eine lebendige Bürgergesellschaft. Entgegen manchen Erwartungen ging er auf die Kritik linker Kreise nicht ein, die ihm Defizite beim Gerechtigkeitsthema und der Versöhnung mit DDR-Nostalgikern vorhalten. Gauck deutete aber an, dass er künftig alle wichtigen Themen für die Zukunft der nächsten Generationen ansprechen wolle.

Trotzdem wurde auch da wieder klar, dass Deutschland mit Gauck nun einen leidenschaftlichen Fürsprecher der Freiheit, bürgerschaftlicher Selbstverantwortung und liberaler Werte hat, wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Die überwiegende Mehrheit der Kommentatoren erwartet einen unbequemen, aber sehr bürgernahen Präsidenten.

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