Frontradar wird wieder abgebaut

Frontradar wird wieder abgebaut
Nach zwei Jahren voller Probleme funktioniert das Frontradar endlich - und wird jetzt überraschend abgebaut.

Bei Schnee funktionierte es gar nicht. Gegenlicht war auch nicht erfreulich, denn dann waren eigenartige Ränder und Unschärfen zu sehen.

Zwei Jahre lang sorgte das Frontradar auf Österreichs Autobahnen für ständigen Lesestoff. "Frontradar wird zur Lachnummer", "Radar blitzte stundenlang" oder "Außer Betrieb: Zu viel Dreck im Winter", lauteten die wenig freundlichen Schlagzeilen.

Seit dem Frühjahr funktionierte allerdings alles. Acht der 150.000 Euro teuren Geräte waren auf den Hauptverbindungen installiert, endlich gut justiert und somit konnte man auch deutsche Sünder flächendeckend verfolgen und bestrafen. Sogar die Geldbußen für Schnellfahrer wurden deshalb extra angehoben, damit die dafür notwendige Geringfügigkeitsgrenze von 70 Euro überschritten wird.

"Mittlerweile klappt alles bestens", betonte Asfinag-Vorstandsdirektor Klaus Schierhackl noch im April gegenüber dem KURIER.

Doch irgendwas muss seither passiert sein. Seit Ende Juli werden die Frontradargeräte in aller Heimlichkeit Stück für Stück abgebaut, wie KURIER-Recherchen ergaben. Einen wirklich triftigen Grund dafür kann niemand nennen. Bei der Asfinag verweist man auf den Hersteller Siemens, dieser verweist wiederum auf die Asfinag, wenn es um die Details geht. "Siemens zieht sich auf eigenen Wunsch zurück, dort ist man zu dem Entschluss gekommen, dass das nicht rentabel ist", heißt es beim Straßenerhalter - was bei einem Siemens-Sprecher für einen Lacher sorgt, sonst aber nicht weiter kommentiert wird.

Neues System

Frontradar wird wieder abgebaut

Fix ist jedenfalls, dass demnächst ein neues System installiert werden soll. Bereits im September sollen Apparate eines deutschen Herstellers installiert werden, der langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Die Geräte der Jenoptik-Robotics sind in halb Europa im Einsatz, erst vor wenigen Monaten berichtete der KURIER über eine neues "Superradar" der Firma, das zehn Fahrstreifen auf einmal überwachen kann.

Schon früher war Kritik laut geworden, warum unbedingt ein eigenes österreichisches System entwickelt werden müsse, wenn es in Deutschland ohnehin seit Jahren funktionierende Apparate gibt. Diese seien nicht so flexibel wie die österreichischen, hieß es damals bei der Asfinag. Denn nur das Siemens-System könne flexible Geschwindigkeitslimits erkennen und darüber hinaus zwischen Lkw und Pkw unterscheiden.

"Das System berücksichtigt unterschiedliche Geschwindigkeitsgrenzen und klassifiziert Fahrzeuge nach Pkw und Lkw" - mit diesem Satz wirbt jedenfalls auch das neue System auf seiner Homepage.
"Finanziell gibt es jedenfalls keinen Nachteil für die Asfinag", erklärt Schierhackl. Das System sei von Siemens testweise zur Verfügung gestellt worden und deshalb müsse das Unternehmen auch die Kosten tragen. "Uns wurde eine Versorgung vertraglich garantiert", betont der Asfinag-Vorstand.
Bereits im September soll das erste Gerät der neuen Serie in Salzburg montiert werden. Wie lang es diesmal dauert, steht in den Sternen. Bei der Asfinag ist man optimistisch, dass es "nicht Monate dauert".

"Mit dem neuen System sind nun alle glücklich", meint Schierhackl - und spielt dabei auf immer wieder kolportierte Differenzen mit dem Innenministerium über die Systemwahl an.
Auch dort steht derzeit eine System-Umstellung an. Für das niederrangige Straßennetz sollen mobile Frontradargeräte angeschafft werden - statt der bisher getesteten stationären Anlagen. Über Details wollte man nicht sprechen. Das zuletzt geplante flächendeckende Frontradarnetz in Österreich dürfte damit aber gestorben sein.

In einem Fall funktionieren die Frontbilder übrigens problemlos: Bei der Section Control auf der Wiener Südost-Tangente.

Chronologie: Startschuss vor sechs Jahren
Im Jahr 2005 wird bekannt, dass auf der S 16 bereits 90 Prozent der Schnellfahrer Ausländer (vor allem Deutsche) sind. Verkehrsminister Hubert Gorbach startet die Suche nach einem System, das Lenker von vorne blitzt.

Im August 2009 wird ein Testgerät auf der Inntalautobahn aufgebaut und nach wenigen Tagen von einem schleudernden Auto demoliert. Die nächsten zwei Geräte in Ober- und Niederösterreich liefern unscharfe Bilder, praktisch keines ist zu gebrauchen, deckt der KURIER auf.

Sommer 2010: Nach einem Jahr Tüftelei funktionieren zumindest zwei Apparate in Salzburg, die anderen Geräte suchen weiterhin nach dem richtigen Bild.
Im Dezember 2010 spielt ein Gerät auf der Salzburger A 10 verrückt und stellt auf "Dauerblitz". Da es am Wochenende nicht zu bändigen ist, stülpt die Autobahnmeisterei einen Sack darüber. Wenig später berichtet der KURIER über einen internen Asfinag-Bericht, laut dem die Apparate im Winter teilweise nicht funktionieren - bei Schneefall und danach sind die Geräte durch Salz und Streusand de facto blind. Auch bei Nebel und Regen soll die "Trefferquote" gering sein.

Im Februar 2011 reicht ein Tiroler Anwalt Klage ein, da das Frontradar zu stark blenden soll. In Deutschland wird mit Infrarot geblitzt, in Österreich hingegen mit dem normalen Blitzlicht.

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