Fall Cain: Lebenslang für Milosav M.

Fall Cain: Lebenslang für Milosav M.
Der Gutachter hat solche Misshandlungsspuren noch nie gesehen. M. bekam die Höchstrafe plus Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher, nicht rechtskräftig.

Auf Facebook im Internet kann man Cain immer noch sehen, wie er fröhlich hinter seinem größeren Bruder auf einem grünen Kindertraktor sitzt und durch eine Blumenwiese fährt. Der Gerichtsmediziner Walter Rabl hat den geschundenen kleinen Körper des dreijährigen Buben nach dessen Tod am 8. Jänner 2011 untersucht und "ein einziges Trümmerfeld" gefunden, das nur noch von der Haut zusammengehalten worden war.

Diese beiden Bilder kriegt man beim Mordprozess im Landesgericht Feldkirch im Kopf nicht so recht zusammen. Auch wollen sie so gar nicht zu den Aussagen jenes Mannes passen, der Cain das angetan hat. Milosav Maletic, der Ex-Freund der Mutter, sagt: "Man muss die Kinder lieben, allein schon, wenn man sie nur sieht."

Im Gesicht hatte Cain Einblutungen, wie sie nur entstehen, wenn man Faust­hiebe oder "verkehrte" Ohrfeigen mit dem Handrücken bekommt.

Er habe Cain (und dessen sechsjährigem Bruder) "nur" ein paar Watschen verabreicht und mit einem abgebrochenen Besenstiel den Hintern versohlt, sagt der Angeklagte mit dem weichen, von Akne vernarbten Gesicht, um ihn zu einem "besseren Menschen" zu erziehen. Besser als er selbst sei.

Cain hatte Quetschungen und Blutansammlungen im Gehirn, Zellen waren bereits geschädigt, Kniescheiben, Hodensack, Ohren, Ober­lippe – alles voll Blut.

"Ich wollte, dass Cain brav ist. Dass er daraus lernt. Ich dachte, das gehört sich so", sagt Maletic im Vorarlberger Dialekt. – "Hat er daraus gelernt?", fragt Richter Norbert Melter. – "Ich weiß nicht, ob er es eingesehen hat, er ist ja kurz darauf verstorben", antwortet der 27-Jährige.

"Ich bin seit 30 Jahren Gerichtsmediziner, aber solche Verletzungs­spuren von schwersten Misshandlungen habe ich noch nie gesehen und hoffe, dass ich es nicht mehr sehen muss", sagt Prof. Rabl.

 

„Kein Monster“

Fall Cain: Lebenslang für Milosav M.

"Der Angeklagte ist kein Monster", sagt Verteidiger Edgar Veith und streicht heraus, dass Maletic wegen eines Nervenleidens oft nicht einmal die Zahnbürste halten kann.

"Auch der Herr Maletic hat Anspruch auf ein faires Verfahren", betont der Richter und geht mit der Bemerkung dazwischen: "Aber Tischtennis spielen können Sie schon im Gefängnis, Herr Angeklagter?"

Maletic behauptet, er habe Cain mit dem Besenstiel höchstens zehn Mal auf den Popo gehaut. Beim größeren Buben habe das "gewirkt", aber Cain habe nicht folgen wollen. "Warum haben Sie dann nach dem zehnten Schlag überhaupt aufgehört", fragt der Richter. "Hätte ich ihn schlagen sollen, bis er stirbt?", fragt Maletic zurück, ohne zu merken, was er da sagt.

Laut Prof. Rabl müssen es mehr Schläge gewesen sein, auch auf den Kopf, und mit einer "exzessiven Energie", dass man "mit dem Tod rechnen muss". Cain müsse Qualen gelitten haben.

Cains leiblicher Vater und die Oma sind zum Prozess gekommen. Die Oma weint. Der Vater, der sich mit Juristin Susanne Kurtev (Kanzlei Nikolaus Rast) als Nebenkläger angeschlossen hat, hat sich vom Angeklagten "absichtlich weit weg gesetzt", in die letzte Reihe. "Näher will ich ihm nicht kommen", sagt er zum KURIER.

Völlig ausgeklammert werden im Prozess der Bruder und die Mutter von Cain. Der Bruder war Zeuge von Cains Martyrium und hat selbst einiges mitgemacht (ihm werden 25.000 Euro Trauerschmerzensgeld zuerkannt), es gibt aber kein Video von seiner Aussage, wie sonst üblich. Auch die Mutter wird nicht gehört. Immerhin behauptet der Angeklagte, auch sie habe die Buben geschlagen.

Nach knapp zwei Stunden finden die Geschworenen zum einstimmigen Urteil: Mord. Maletic wird wegen der "Grausamkeit der Tat" zu lebenslanger Haft plus Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt. Er meldet volle Berufung an.

Einstimmig

Nach knapp zwei Stunden finden die Geschworenen zum einstimmigen Urteil: Mord. M. wird wegen der „Grausamkeit der Tat“ zu lebenslanger Haft plus Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher verurteilt. Er meldet volle Berufung an.

 

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