Euro-Land Italien muss erst errichtet werden

Euro-Land Italien muss erst errichtet werden
Kann aus Berlusconis Ende ein Neuanfang werden? Zweifel sind angebracht.

Es war ein Ende mit Anlauf. Die Berlusconi-Regierung, dieses ohnehin seit Monaten im Koma liegende Parteikonstrukt, ist gefallen. Der Cavaliere muss also gehen, bepackt mit all den Vorwürfen, die man ihm quer durch Europa gemacht hat: Er habe die Reformen, vom Steuer- bis zum Schulsystem, verschlafen, Korruption und Klientelismus bedient, das allein für die Mafia profitable Strukturproblem im Süden des Landes nicht gelöst.

Vorwürfe, die man jeder italienischen Regierung seit einem halben Jahrhundert machen kann. Im Schuldenmachen etwa war die Regierung Craxi in den 80ern jener Berlusconis ebenbürtig, und der Kraftakt, mit dem Romano Prodi sein Land in den Euro-Raum boxte, war ein Meisterstück kreativer Buchhaltung.

Das Phänomen Berlusconi wurde ja erst möglich, weil sich der Ex-Schlagersänger als die Antithese zu aller Politik präsentierte. Denn von Politik hatten die Italiener, als er 1994 an die Regierung kam, längst genug. Das lag schon damals nicht nur an der endlosen Kette von skandalbelasteten Kurzzeitregierungen, sondern auch an der prinzipiellen Distanz, die die Italiener zum Staat und zu Rom haben. Wie auch in anderen Ländern
Südeuropas gibt es hier eine andere politische Tradition als im Norden: Man gibt dem Staat weniger - etwa Steuern -, verlangt aber auch weniger von ihm. Der wirtschaftspolitische Gleichklang, ohne den die europäische Währungsunion auf Dauer nicht funktionieren kann, lässt sich mit diesem System nicht herstellen - auch wenn man noch viele Hundert EU-Milliarden nach Sizilien pumpt. Grundsätzliche Reformen wären nötig. Doch wo soll auf einmal die Regierung herkommen, die sie durchführt - und wollen die Italiener eine solche Regierung überhaupt? Schließlich hätten sie ja schon ein paar Jahrzehnte Demokratie Zeit gehabt.

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