Elefanten reden wie du und ich

29 Kilometer und ein Elefant
Wiener Forscher haben den Kehlkopf eines toten Elefanten zum "Reden" gebracht und herausgefunden, dass die Stimme der Tiere genauso funktioniert wie die der Menschen.

Ein Glücksfall. Das sagt Christian Herbst über eine Organspenderin, die im Berliner Zoo eines natürlichen Todes gestorben ist. Die 25 Jahre alte Afrikanische Elefantenkuh ermöglichte ihm eine Untersuchung, eine Entdeckung und jetzt auch eine Aufsehen erregende Publikation im renommierten Wissenschaftsmagazin Sci­ence: Der österreichische Stimmforscher vom Department für Kognitionsbiologie hat gemeinsam mit der Elefantenspezialistin Angela Stöger und einem internationalen Team herausgefunden, dass die Stimme des Elefanten "nach den selben physikalischen Prinzipien funktioniert wie die des Menschen".

Elefanten sind für ihre Infraschall-Töne bekannt, d.h. Schall, dessen Tonhöhe von Menschen nicht mehr wahrgenommen werden kann. Diese extrem tiefen Laute (in der Tonhöhe vergleichbar mit den tiefstmöglichen Tönen von großen Orgeln) ermöglichen es ihnen, sich über mehrere Kilometer zu verständigen. Akustische Fernsignale dieser Art sind eine wichtige "Geheimsprache" für die sozial lebenden Tiere. Auf welche Weise sie diese Laute produzieren, war bisher unklar: Tun sie es wie Menschen und viele andere Säugetiere durch einen Luftstrom über die Stimmlippen? Oder durch Muskelvibration, ähnlich wie schnurrende Katzen? Das Team unter der Leitung von Stimmforscher Christian Herbst ist nun zu der Erkenntnis gelangt: Elefanten unterhalten sich – wie Menschen – per Luftstrom.

Stimmforscher Herbst erzählt, wie er vorgegangen ist: "Man nimmt den Kehlkopf eines Elefanten ( Sie erinnern sich: der Glücksfall, Anmerkung) und bringt ihn in Schwingung." Dazu wurde er auf eine Röhre gesteckt, und die Stimmforscher bliesen angewärmte und befeuchtete Luft durch die Stimmlippen. "Wir simulierten also im Labor eine Lunge", erläutert Herbst die Versuchsanordnung.

Das Ergebnis des Experiments könne man hören, aber: "Es ist genau so wichtig zu wissen, wie die Bewegung dahinter aussieht", sagt er. Daher filmten die Forscher die Schwingungen der Stimmbänder mit Hochgeschwindigkeitsaufnahmen. Zwei Elektroden am Kehlkopf lieferten Information, wann die Stimmritze offen und wann sie geschlossen ist. So konnte man "indirekt sehr viel über die Stimmbandschwingung lernen".

Im Kehlkopf

Die Stimmlippen sitzen im Kehlkopf und bestehen aus Stimmmuskel und Stimmband. Mit Hilfe ihrer Stellung und Spannung erzeugen sie Töne. "Wir wissen seit 150 Jahren, dass die Stimme beim Menschen im Kehlkopf erzeugt wird. Aber Tiere kann man dort schlecht endoskopisch untersuchen", sagt Herbst. Deshalb war die Frage beim größten an Land lebenden Säugetier immer noch offen.

Jetzt wisse man, dass die Bandbreite der Säugetiere, die via Stimmlippen kommunizieren, von der Echolot nutzenden Fledermaus über den singenden Menschen bis zum per Infraschall sprechenden Elefanten reiche. Eine Faustregel stimme aber immer: Kleine Tiere hohe Töne, große Tiere tiefe Töne.

Stimmforscher Christian Herbst

Christian T. Herbst, Jahrgang 1970, ist Stimmforscher am Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien. Nach dem Studium der Gesangspädagogik an der Universität Mozarteum Salzburg war er mehrere Jahre als Stimmbildner tätig und begann, sich für die Physik und Physiologie der Stimme zu interessieren. Es folgte ein einjähriger Forschungsaufenthalt am Center for Computer Research in Music and Acoustics der Stanford University.

Heute ist Herbst Leiter des Labors für Bioakustik an der Universität Wien. Er publizierte bereits mehrere preisgekrönte Arbeiten in internationalen Journalen über Vorgänge im Kehlkopf des Sängers. Außerdem entwickelte er "electroglottographic wavegrams", eine Visualisierungstechnik der Stimmlippenschwingung bei Sprache und Gesang.

Gemeinsam mit der Elefanten-Expertin Angela Stöger konnte er jetzt das Rätsel um die "Geheimsprache" der Elefanten lösen.

Kommentare