"DSK ist politisch am Ende"

Französische Zeitungen zur möglichen Verfahrenseinstellung gegen den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn und der Reaktion seiner Partei.

Die katholische französische Tageszeitung "La Croix" meint:

"In dieser Woche wird möglicherweise ein sozialistischer Alptraum den Atlantik überqueren (...) Vorhersehbar sind Anzeichen der Freude. Die Vorsichtigsten (unter seinen Parteigenossen) werden den glücklichen Ausgang des Leidensweges von ,Dominique' begrüßen, die Treuesten die Anerkennung seiner "Unschuld". Und man wird vergessen zu erwähnen, dass nur ein echter Prozess und keine Verfahrenseinstellung mangels juristisch verwertbarer Beweise das bescheinigen kann. Zweifellos wird es kein sozialistischer Politiker wagen, das auch einzugestehen, doch die Partei hätte es - bewusst oder unbewusst - überwiegend vorgezogen, dass sich das US-Exil ihres einstigen Champions so lange wie möglich verlängert."

Die Zeitung "Le Journal de la Haute-Marne" aus dem ostfranzösischen Chaumont bemerkt:

"Das Zivilverfahren, das sich am Horizont anstelle eines Strafprozesses andeutet, könnte das Medien-Feuer weiterbrennen lassen. Noch schlimmer: in der öffentlichen Meinung wird der ehemalige Generaldirektor des IWF zum Machtmenschen, der es vorzieht, Entschädigung und Zinsen zu zahlen, statt einen richtigen formalen Prozess durchzustehen. Auch wenn Dominique Strauss-Kahn auf strafrechtlicher Seite ganz oder teilweise reingewaschen wird (...), kann man nicht sagen, dass er nicht bezahlt hat. Der Mann hat die prestigeträchtige Leitung des IWF verloren. Er hat auch bei der Präsidentschaftswahl verloren, bevor das Rennen überhaupt begonnen hat. Ein Trost für seine Kritiker."

Die französische Regionalzeitung "L'Alsace" (Straßburg) meint:

"Und während sich die Sozialistische Partei (PS) auf ihre große medienwirksame Rückkehr aus den Ferien bei einem Treffen am Freitag in La Rochelle vorbereitet, könnte Dominique Strauss-Kahn in New York juristisch reingewaschen werden. Wenn er am Dienstag eine Verfahrenseinstellung erwirkt, wie es die Anwälte der Klägerin wie der Verteidigung vermuten, dann wird ihn niemand daran hindern können, physisch anwesend zu sein beim Sommerkongress der PS.

Zweifellos werden ihn die Sozialisten mit Ovationen empfangen - auch wenn sie zugleich peinlich berührt sein werden wegen der Rückkehr ihres politischen Schiffbrüchigen. Wie soll man ihn wieder an Bord holen? Präsidentschaftskandidat kann er nicht mehr sein. Reingewaschen oder nicht: Er hat innerhalb von drei Monaten das Image eines ,Macho' erworben, das ihn Hunderttausende Stimmen kosten wird, vor allem die der Frauen."

Die Zeitung "Courrier Picard" aus dem nordfranzösischen Amiens kommentiert:

"Das Schicksal eines der mächtigsten Franzosen der Welt ist in den Händen von Staatsanwalt Vance. Aber DSK ist politisch am Ende. Es wird in jedem Fall ein Zivilverfahren geben - mit wahnsinnigen finanziellen Regelungen. Und eine juristische Fortsetzung in Frankreich mit der Klage der (Journalistin) Tristane Banon. Welche Entscheidung auch Vance fällen wird, die Angelegenheit wird nie mehr zu den Akten gelegt werden. Wie kann DSK wieder in den Vordergrund treten nach dieser persönlichen Tragödie? (...) Das politische Ferienende läutet für alle Parteien den Präsidentschaftswahlkampf ein. DSK ist weit davon entfernt. Ohne die Angelegenheit im Sofitel würde er die Umfragen der Linken anführen und die Sozialistische Partei würde ihm den roten Teppich ausrollen."

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