Die Rehabilitierung der "Drückeberger"

Daniela Kittner
Der Zivildienst avanciert zum wichtigsten Argument für die Wehrpflicht.

Es ist frappierend: Da soll das Volk darüber entscheiden, ob es künftig ein Berufsheer oder wie bisher eine allgemeine Wehrpflicht gibt – aber kaum ein Politiker findet es der Mühe wert, sich zur Verteidigungspolitik zu erklären. Nicht das Bundesheer steht im Mittelpunkt der Debatte, sondern sozusagen sein Nebenprodukt: der Zivildienst.

Eigentlich möchte man meinen, dass die Frage der Wehrpflicht in erster Linie anhand der Szenarien für die künftigen militärischen Aufgaben des Bundesheeres zu beantworten ist: Was braucht Österreich an nationaler Landesverteidigung insbesondere im Hinblick auf seine immer noch währende Neutralität? Welche Aufgaben sind im internationalen Kontext zu erfüllen? Und auf welche europäische Perspektive arbeitet Österreich in der Verteidigungspolitik hin? Auf diese Fragen hat die Politik bisher keine Antworten gegeben.

Vor allem die Befürworter der Wehrpflicht – großteils aus demselben politischen Lager, das vor nicht allzu langer Zeit Zivildiener als "Drückeberger" abstempelte – setzen nun auf den Zivildienst als schlagkräftiges Argument. Sie tun es mit gutem Grund: Alle Umfragen zeigen, dass die Österreicher die Sorge um ein mögliches Zusammenbrechen des Roten Kreuzes viel mehr umtreibt als die Zukunft des Bundesheers. Sinnigerweise fällt dadurch in der Wehrpflicht-Debatte ausgerechnet dem Sozialminister eine Schlüsselrolle zu: Der Erfolg der SPÖ bei der Abstimmung wird wesentlich davon abhängen, ob es Rudolf Hundstorfer gelingt, ein überzeugendes Modell für die Sozialarbeit vorzulegen. Wenn nicht, könnte am 20. Jänner die absurde Situation eintreten, dass die einstigen "Drückeberger"die Wehrpflicht retten.

Das wäre in der Tat eine kuriose Rehabilitierung.

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