Die ÖVP: Glanz, Elend und eine kleine Chance

Die ÖVP: Glanz, Elend und eine kleine Chance
Wenn die Bürgerlichen sich weiter kleinbürgerlich geben, gehen sie zugrunde.

Vom Mitleid zum Spott ist es oft nur ein kurzer Weg. Auch in der Politik. Wenn sich also SPÖ-Sprecherin Laura Rudas Sorgen macht, dass "die ÖVP im U-Ausschuss zu hart drankomme", dann schaut die ÖVP noch trauriger aus, als es die bescheidenen Umfragen vermuten lassen. Sicher ist nur, dass die Schwarzen den dritten Platz vor den Grünen verteidigen können. Das ist gar nicht spöttisch gemeint. Die ÖVP wirkt fast nur noch durch den Schatten ihrer Vergangenheit. Chancen für die Zukunft verschwinden dahinter. Wenn man Parteichef Spindelegger eingeklemmt zwischen den Korruptionsvorwürfen der Vergangenheit und den starken Länderfürsten sieht, dann hat er keine Chance. Oder er sagt den Wählern endlich, was die ÖVP vorhat.

Bürgerliche Werte

Am kommenden Montag will der ÖVP-Chef das Unmögliche versuchen. In seiner "Österreich-Rede" in der Hofburg will Spindelegger vor allem über Werte reden. Gut, das Bedürfnis nach Werten ist da, wenn sie glaubwürdig sind. In Wien hat die ÖVP ja einmal gezeigt, wie erfrischend und zukunftsweisend bürgerliche Politik sein kann. Manfried Welan beschreibt in seiner Autobiografie, wie die Wiener ÖVP in den 1980er-Jahren mit Erhard Busek Themen wie Ökologie, Bürgerbeteiligung, Forschung und Stadtplanung nicht nur bestimmte, sondern die mächtige SPÖ ordentlich unter Druck gesetzt hat. Davon ist nichts übrig geblieben, obwohl die Themen so aktuell wie damals sind. Ganz im Gegenteil. Die ÖVP wirkt vor allem in Wien wie ein Grüppchen verschreckter Kleinbürger. Die Angst vor Veränderungen spiegelt sich in den Augen der Funktionäre, ihre Xenophobie drücken sie nur etwas vornehmer aus als die FPÖ-Recken. Die Diskussionen erinnern oft an die 1970er-Jahre. Beispiel: Gesamtschule ja oder nein.

Da soll jetzt der Parteichef, ein Jahr vor den nächsten Nationalratswahlen, Mut machen. Wie man hört, wird Spindelegger den großen Wurf versuchen. Er will erklären, wie Österreich im Jahr 2025 aussehen soll und gleichzeitig die Werte erläutern, auf denen die ÖVP aufbauen soll. Vor allem die in der ÖVP selten gewordenen Begriffe Freiheit und Offenheit will Spindelegger betonen. Der "österreichische Traum" soll für alle möglich sein, die sich in unserem Land anstrengen, egal, woher sie kommen und wie sie aussehen. Studenten aus dem Ausland sollen hier bleiben. Fremdenfeindlichkeit hat da wirklich keinen Platz mehr. Der Staat kann nicht für alle und alles sorgen. Das ist nicht neu, aber auch in der ÖVP ist die Staatsgläubigkeit verbreitet. Die Frage der Gerechtigkeit der Steuern wird sich die ÖVP auch noch vornehmen müssen. Wenn die Steuern auf Arbeit deutlich gesenkt werden, wird man doch noch über Vermögenssteuern reden müssen. Kleinbürger haben da eher Angst als Bürgerliche, aber genau die will Spindelegger ja jetzt gewinnen, die vielen weltoffenen Österreicher, die mehr Freiheit wollen. Die Bürger, die Leistung nicht für eine Bedrohung halten, die in der weiteren Öffnung des Landes eine Chance sehen.

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