Die Angst der Politik vor dem Boulevard

Liebe Leserinnen und Leser
Nichts fürchten Abgeordnete mehr, als den strengen Blick eines Verlegers.

Die Abgeordneten des Nationalrats haben offenbar jeden Kontakt zu ihren Wählern eingestellt. Nur so ist es zu erklären, dass der U-Ausschuss im Parlament im Moment so baufällig wirkt wie das gesamte Gebäude. Und dazu haben die selbst ernannten Aufklärer plötzlich die Hosen ziemlich voll.

Denn im Zuge der Inseratenaffäre geht es nicht nur um die Einvernahme von Politikern, wobei es ja immer Spaß macht, die Kollegen der jeweils anderen Parteien zu grillen. Nein, jetzt müssten auch Verleger gefragt werden, wie sie zu den umstrittenen Inseraten gekommen sind. Und da regiert die blanke Angst. Die politische Macht des Boulevards ist ja erwiesenermaßen beschränkt, aber groß genug, um Politikern Furcht einzuflößen.

Der U-Ausschuss wurde eingesetzt, um dem Land ein Stück politische Hygiene zurückzugeben. Dazu gehört nicht nur die Aufklärung der politischen Skandale. Dazu gehört auch ein strenger Blick auf die Medienlandschaft. Zeitungen, die selbst auf unanständige Weise zu Geld gekommen sind, wirken komisch, wenn sie den moralischen Zeigefinger heben. Es gibt Verleger, die sich gerade bei Frank Stronach um Geld anstellen – und Stronach im angeblich journalistischen Teil der Zeitung unterwürfig bejubeln.

Wie stark ein Teil der österreichischen Medien gekauft ist, weist eine neue Studie des Politologen Fritz Plasser nach. Hier Inserat – dort eine nette Story über Politiker, so funktioniert der Boulevard teilweise in Österreich.

Es sollten sich die Zeitungen wenigstens einem Ehren-Kodex unterwerfen, um öffentliche Inserate zu bekommen. Das kann der Nationalrat beschließen. Aber auch diese Entscheidung verlangt Mut, den wir noch suchen.

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