Deutschland: Merkel braucht Wulff-Nachfolger

Deutschland: Merkel braucht Wulff-Nachfolger
Der dreiste Umgang des Staatsoberhaupts mit seinem Privatkredit und der Presse setzt auch die Kanzlerin unter Druck.

Spätestens wenn Angela Merkel am Donnerstag wieder in ihr Büro kommt, ist der Entscheidungsdruck da. Sollte Bundespräsident Christian Wulff bis dahin keine wirklich glaubwürdige Tendenzwende im Umgang mit der Wahrheit und der Presse hingelegt haben, sind seine Tage als höchster Amtsträger der Republik gezählt. Und die Signale für seine Ablösung durch seine Parteifreundin und „Macherin“ mehren sich nach Meinung von Insidern: Zur ungelösten Schuldenkrise des Euro und der Implosion des Koalitionspartners FDP würde eine Daueraffäre Wulff den Druck zu vorzeitigen Neuwahlen 2012 unabwendbar machen.

Momentan sieht es aber nicht nach einem Befreiungsschlag Wulffs aus. Im Gegenteil: Die Staatsanwaltschaft in Berlin prüft nach eigenen Angaben nun den „Anfangsverdacht der Nötigung“ durch Wulff: Anlass ist sein heftiges Telefonat mit dem Bild-Chefredakteur, in dem Wulff mit der Drohung einer Strafanzeige die Erstveröffentlichung der Geschichte seines Privatkredits verhindern hatte wollen.

Die Welt berichtet, dass Wulff auch schon im Sommer eine andere, seine lange verschwiegene Halbschwester Bettina Mertschat-Wulff betreffende Story mit starkem persönlichen Druck auf den Redakteur abwürgen wollte.

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"Von allen guten Geistern verlassen"

Dass Wulffs letzte demonstrative Bekenntnisse „zum hohen Gut der Pressefreiheit“ mit seinen heftigen Interventionen hinter den Kulissen zeitlich zusammenfielen, erhöht sein Glaubwürdigkeitsproblem weiter. Das erstreckt sich nun nicht mehr nur auf den zinsgünstigen Privatkredit aus seiner Zeit als niedersächsischer CDU-Ministerpräsident und dessen Umwandlung in einen marktgerecht verzinsten Bankkredit, die offenbar später erfolgte, als von ihm behauptet.

Täglich fraglicher wird, ob ihm ein öffentliches Bekenntnis zu menschlich und politisch falscher Handlungsweise überhaupt noch helfen würde. Zu groß ist schon sein Prestigeverlust: Das Presseecho ist verheerend, auch in konservativen Blättern. So schreibt die FAZ: „Von allen guten Geistern verlassen“, das Handelsblatt titelt: „Der geschrumpfte Präsident“.

Merkel schien dies schon vor Weihnachten geahnt zu haben: Sie beauftragte ihre engste Umgebung mit der Sondierung, ob Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Nachfolger Wulffs durchsetzbar wäre. So unrealistisch dies momentan aussieht, gäbe es ihr doch die relativ elegante Gelegenheit zu einer großen Regierungsumbildung – und damit die Chance auf einen Neustart aus einem immer größer werdenden Problemberg vor der Wahl 2013. Noch aber ist Merkel auf Urlaub – und schweigt.

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