Der Tod als Arbeitgeber

Der Beruf des Bestatters hat sich gewandelt. Zusätzliche Leistungen wie die Betreuung der Hinterbliebenen zählen immer mehr.

Den Friedhof als Arbeitplatz hat Jürgen Sild: Seit sieben Jahren arbeitet er bei der Bestattung Wien. "Auch wenn man täglich mit dem Sterben zu tun hat, ist es nicht unbedingt ein trauriger Beruf. Man denkt vielleicht mehr über den Tod nach. Ein Abstumpfen gibt es aber nicht. Vor allem, wenn Kinder sterben ist das immer sehr schlimm", erzählt Sild KURIER Online.

Wenn man im doch sehr traditionell gehaltenen Bestattergewerbe von Trends reden will, steht vor allem die Individualisierung im Vordergrund. Neben der Erdbestattung bietet vor allem die Feuerbestattung die Grundlage für alternative Möglichkeiten: Etwa für die Diamantbestattung. Die Erinnerungsdiamanten bestehen aus der Asche Verstorbener und entsprechen in der Natur vorkommenden Edelsteinen. Sie entstehen in einem mehrmonatigen Prozess, bei dem die Asche des Verstorbenen unter hohem Druck und bei hoher Temperatur in einen Diamanten umgewandelt wird.

Mit der Asche ebenso möglich ist die Seebestattung. "Wobei mit 'See' eigentlich das Meer gemeint ist. Die Asche wird auch nicht einfach ausgestreut sondern in einer wasserlöslichen Urne verwart und versenkt", so Sild. Ebenso erlaubt ist es, die Urne mit nach Hause zu nehmen. Allerdings braucht man dafür die Bewilligung des Magistrats.

Totenmaske oder Handplastik

Nichts im Leben ist umsonst – auch nicht der Tod. Sild: "Bei einer Bestattung muss man insgesamt mit 3500 bis 4000 Euro rechnen, wobei eine Feuerbestattung etwas günstiger ist. Dieser Preis ist österreichweit gleich. Der Gesamtbetrag umfasst auch viele Dienstleistungen – wir versuchen immer mehr, den Hinterbliebenen so viele Wege wie möglich abzunehmen."
So hat sich das Bild des Bestatters in den vergangenen Jahren gewandelt. "Wir sehen uns verantwortlich, Trauernde zu betreuen. Dazu gehört die Vorsorge oder auch die Nachbetreuung. Spezielle Trauerabende helfen gerade in einer Großstadt, wo Anonymität groß geschrieben wird", erklärt Sild.

Zum neuen "Service" der Bestattung zählt ebenso die Möglichkeit, besondere Erinnerungsstücke an den Verstorbenen anfertigen zu lassen.
"Wird dies gewünscht, können Totenmasken oder Handplastiken gefertigt werden. Eine Totenmaske ist ein dreidimensionales Abbild des Verstorbenen. Durch die Methode mit Silikon erhält man einen sehr genauen Abdruck aller feinen Gesichtslinien, Fältchen und der Strukturen des Haaransatzes. Wir haben in den vergangenen drei Jahren vier Masken angefertigt. Die Nachfrage ist hier nicht so groß. Eine Totenmaske ist als Erinnerungsstück natürlich immer eine Geschmackssache", weiß Christine Pernlochner-Kügler von der "Praxis für Thanatologie & Trauerarbeit". Die Plastiken werden auf einem Polster gebettet und in einer Glasschatulle überreicht – der Paketpreis beträgt in Wien 990 Euro.

Häufiger gewünscht als Erinnerungsstück werden die Haarlocke beziehungsweise die Haarsträhne, Fingerabdrücke oder ein letztes Foto vom Verstorbenen eingebettet im Sarg.

Fünf Särge - ein Grab

Ewig dauert die "ewige Ruhe" am Friedhof allerdings nicht. "Das Ruherecht beträgt mindestens zehn Jahre, dann kommt es drauf an, ob weiter dafür gezahlt wird", so Sild.
Damit es nicht zu Platzproblemen kommt ist ein Grab jeweils für vier Särge angedacht. Sild: "Der erste Sarg kommt besonders tief, auf 2,80 Meter, die anderen dann jeweils darüber. Erst wenn vier Särge in einem Grab sind, ist es voll. Für den fünften Sarg werden die vier Verstorbenen wieder exhumiert. Deren Überreste kommen wiederum in einen Gemeinschafts-Sarg."

Übrigens ist Wien auch die "europäische Hauptstadt der Toten". Seit einem Jahr hat die Europäische Vereinigung für Bestattungsdienste ihren Sitz in der Bundeshauptstadt.

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