Der Sparkurs der EU stand zur Wahl

Der Sparkurs der EU stand zur Wahl
Niederlande: Mit leichtem Vorsprung gingen die Sozialdemokraten in die Wahlen. Ihr Versprechen: Den Sparkurs der EU drosseln.

Sein Image als der "ehrlichste Politiker der Niederlande" verhalf Diederik Samsom im Wahlkampf zu einem fulminanten Finish. Der 41-jährige studierte Kernphysiker, der erst im März die Führung der heruntergewirtschafteten Sozialdemokraten übernommen hatte, holte seine Partei aus dem Tief und ging am gestrigen Mittwoch sogar mit einem knappen Vorsprung in die Wahlen. Der ehemalige Greenpeace-Aktivist überzeugte die Niederländer mit traditionellen sozialdemokratischen Positionen wie soziale Gerechtigkeit und die Einführung einer Reichensteuer.

Doch auch er steht für drastische Sparmaßnahmen: "Die werden jeden treffen", versuchte Samsom erst gar nicht um den heißen Brei herumzureden. Auch die Niederlande wurden von der Euro-Krise kalt erwischt, mindestens 20 Milliarden Euro müssen demnächst im Budget eingespart werden.

Auch in punkto Griechenland-Hilfe zeigte sich Samsom unnachgiebig: Athen könne keine weitere Hilfe erwarten, sagte er immer wieder, bot aber gleichzeitig an: "Wenn nötig, muss Griechenland mehr Zeit bekommen, um seine Wirtschaft wieder aufzubauen."

Richtungswechsel

Für die Brüsseler Krisenpolitik könnte ein Wahlsieg der niederländischen Sozialdemokraten einen Richtungswechsel bedeuten. Denn nach Frankreich würde Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, die auf einen harten und strengen Sparkurs beharrt, auch aus Den Haag eine steife Brise entgegenwehen. Die bisherige rechts-liberale Regierung unter der Führung von Premier Mark Rutte hatte als treuer Verbündeter von Merkels Kurs gegolten.

Pensionskürzungen

Rutte, Chef der "Volkspartei für Freiheit und Demokratie" (VVD), hatte die Niederländer zuletzt mit strikten Sparplänen verschreckt, selbst die Pensionen sollen gekürzt werden. Laut Umfragen aber wurde die VVD beim Urnengang mit nur knappem Abstand als zweitstärkste Partei eingestuft.

Viel schlechter als bisher dürfte hingegen der Rechtspopulist Geert Wilders bei den Wählern angekommen sein. Mit seiner radikalen Forderung, den Euro zu verlassen und wieder den Gulden einzuführen, konnte er die traditionell europafreundlichen Niederländer nicht so recht überzeugen. Laut Umfragen wird Wilders rechte "Partei für die Freiheit" (PVV) dieses Mal nur viertstärkste Kraft im Land werden. Dass die PVV, die Ruttes Minderheitsregierung geduldet und heuer im Frühling gesprengt hatte, wieder in irgendeiner Form an der nächsten Regierung mitarbeiten wird, gilt als ausgeschlossen.

Ohne mindestens zwei Koalitionspartner wird auch die neue Regierung in Den Haag nicht auskommen. Neu ist dieses Mal, dass nicht Königin Beatrix den Wahlsieger mit der Bildung einer Koalitionsregierung beauftragen wird. Das Parlament hatte beschlossen, die Rolle des Staatsoberhauptes zu beschränken. Doch wer nun den Auftrag zur Regierungsbildung vergeben soll, ist unklar.

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