Datenschützer stellen "Geburtstagsplauscherln" ab

Es ist ein einziger Eiertanz", sagt Helmut Leitenberger und seufzt. "Die Leut’ sind enttäuscht, wennst nicht kommst. Auf der anderen Seite hast vielleicht dann den Staatsanwalt am Hals."
Gute 120-mal pro Jahr rückt Leitenberger als Bürgermeister aus, um älteren Leibnitzern zum Geburtstag zu gratulieren oder Paaren zu einer lange währenden Ehe. "Die Leut’ haben eine Mordsfreud’ damit", versichert der SPÖ-Stadtchef. "Und dafür wirst angezeigt?"
So eine Anzeige hat zwar nicht Leitenberger, aber zuletzt seinen Amtskollegen Rudolf Aichbauer aus Lieboch getroffen. Er hatte Namen und Adressen verwendet, die er rein rechtlich nicht benutzen durfte. Das erinnert an Kopfing in Oberösterreich: Bürgermeister Otto Straßl wurde angezeigt, weil Bürger, die die silberne und goldene Hochzeit feierten, zu einem Fest eingeladen worden waren.
Der Liebocher Bürgermeister wurde gleich zwei Mal angeschwärzt. Auch Aichbauer hatte auf das lokale Melderegister für Einladungen zu "Geburtstagsplauscherln" zurückgegriffen: "Zu Ihrem Geburtstag gratuliere ich Ihnen recht herzlich. Als kleines Geschenk lade ich Sie (...) zu einem netten Geburtstagsplauscherl bei Kaffee und Kuchen zu mir ins Gemeindeamt ein."
Zwei Kläger leiteten den Glückwunsch an die Datenschutzkommission weiter, die Experten gaben ihnen nun in diesem Punkt recht. "Die geforderte gesetzliche Grundlage für diese Ermittlung (der Meldedaten, Anm.) fehlt in diesem Zusammenhang", hielten die Datenschützer fest.
Aichbauer verteidigt sein Vorgehen. "Es wurden keine sensiblen Daten, sondern lediglich Namen und Adressen über die vom Bundesministerium für Inneres freigegebenen Informationssysteme verwendet." Außerdem habe es sich bei den Veranstaltungen um "Bürgerinformation" gehandelt. "Die Spitzen liegen bei 54 Personen pro Treffen mit ausschließlich positiven Rückmeldungen."
Die Datenschützer bleiben jedoch streng. Gratulationen zum Geburtstag seien zwar ein verbreitetes und oftmals beliebtes Phänomen, doch auch dafür müsse es eine rechtliche Basis geben.
Vorher fragen
Die gibt es seit Kurzem durch das Ehrungsgesetz des Landes auch in der Steiermark (siehe Zusatzbericht unten). Bisher schwebten die Bürgermeister in einer Grauzone, wie der steirische Gemeindebund-Präsident Erwin Dirnberger (ÖVP) bestätigt. "Natürlich werden die Daten aus dem Melderegister verwendet. Wie soll man denn sonst da rankommen?" Aber wichtig sei eben der kleine Unterschied: Eine Gemeinde müsse vorher nachfragen, ob ein Politikerbesuch oder eine Gratulation gewünscht seien.
Auch in Graz werden die Daten des Melderegisters verwendet, um Informationen über Ehrentage zu erhalten. Aber man habe die Betroffenen stets gefragt, ob eine Gratulation gewünscht sei. "Bei mir hat sich noch nie jemand über Glückwünsche aufgeregt", sagt ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl. Rund 2500 Grazer werden pro Jahr geehrt, weil sie die Goldene Hochzeit oder einen hohen runden Geburtstag feiern. Nagl: "Ich seh’ darin keinen Missbrauch."
Eigene Gesetze regeln Vorgangsweise
Die Bundesländer handhaben den Umgang mit sensiblen Daten aus dem Melderegister unterschiedlich.
Niederösterreich, Tirol und Burgenland haben Ehrungsgesetze, die Steiermark hat nun ebenfalls eines.
Die Gesetze besagen generell, dass Ehrungen zu bestimmten Geburtstagen oder Jubiläen erlaubt sind. Die Gemeinden dürfen auf die Meldedaten zugreifen: Sie müssen aber die betroffenen Bürger um Erlaubnis fragen, ob ein Besuch eines Bürgermeisters oder die Veröffentlichung in einer Gemeindezeitung überhaupt gewünscht ist. Außerdem müssen die gesammelten Daten nach einem gewissen Zeitraum (in der Steiermark sind das beispielsweise fünf Jahre) gelöscht werden. In Tirol müssen die Daten nach zehn Jahren gelöscht werden.
In Oberösterreich beschäftigt sich sich der Landtag mit dem Thema. Ein Ausschuss soll eine rechtliche Grundlage für Ehrungen durch Landes- und Gemeindepolitiker finden. "Alle Fraktionen sind dafür", sagt ÖVP-Klubchef Thomas Stelzer. "Der Gemeindebund hat schon lange darauf hingewiesen, dass es so ein Gesetz geben soll. Aber wir waren der Meinung, gratulieren ist Tradition."
In Kärnten gibt es derzeit kein Ehrungsgesetz, aber "Überlegungen dazu", berichtet Robert Steinwender vom Landesverfassungsdienst. Man wolle aber den Entwurf des Bundes für ein zentrales Personenstandsregister abwarten. "Vielleicht ist darin ja schon alles geregelt."
Auch in Vorarlberg gibt es kein entsprechendes Gesetz. Salzburg hat nur das "Ehrenzeichengesetz", das Auszeichnungen regelt.
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