Das Sexsymbol Auto ist in die Jahre gekommen
KURIER: Herr Liessmann, in großen Städten verzichten immer mehr Menschen auf ihr Auto. Gerät der Mythos Automobil ins Wanken?
Konrad Paul-Liessmann: So einfach ist es nicht. Am Land ist der Trend ja ein anderer. Sicher ist aber: Der Traum der autogerechten Stadt ist ausgeträumt; der Platz in der Stadt wird knapper, ökologische Probleme nehmen zu. Da haben Autos weniger Platz. Wir befinden uns also in einer Umbruchphase. Autos werden stärker als Nutz- und nicht als Prestige-Objekt gesehen. Die große Zeit des Automobils ist also vorbei.
Doch der Mythos lebt fort?
Eine Zeit lang, ja. Man ist dem Mythos offenbar auch dann verfallen, wenn man mit diesem Mythos ständig im Stau steht. Das Auto war immer jenseits der Rationalität angesiedelt und das wird auch noch länger so bleiben.
Werden deshalb Diskussionen rund ums Parkpickerl so emotional geführt?
Ja. Werden in Wien fünf Parkplätze gestrichen, glaubt man, es bricht ein Bürgerkrieg aus. Das heißt nur: Das Auto funktioniert auch dann noch eine gewisse Zeit lang als Sinnbild von Freiheit oder auch von Potenz, wenn es diese Attribute längst nicht mehr erfüllt.
Bleibt das Auto auf ewig mythologisch aufgeladen?
Der Mythos ist nur angreifbar, wenn die Rationalität selbst endgültig Einzug in das Automobil hält. Der Charme eines Hybridfahrzeugs hält sich ja bekanntlich in Grenzen. Der Widerstand gegen Carsharing ist in der Bevölkerung vor allem deshalb noch so groß, weil es einfach nicht so sexy ist, sich ein Auto mit anderen zu teilen, als selbst eines zu besitzen. Umweltschutz hin oder her. Erst wenn dieser Trend abgeschlossen sein wird, kommt Zeit für Nostalgie. Nach dem Motto: Als die Autos noch echte Autos waren.
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